Verjährung trotz Beweisverfahren

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Wirkung der verspäteten Zahlung eines Kostenvorschusses im Beweisverfahren

Leitsätze des OLG Frankfurt

  1. Wird im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens der geforderte Kostenvorschuss nicht fristgemäß gezahlt, liegt ein Nichtbetreiben des Verfahrens vor.

  2. Ein derartiges Nichtbetreiben des Verfahrens führt zu einem Ende der durch die Verfahrenseinleitung ausgelösten Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB) gemäß den in § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB genannten letzten Verfahrenshandlungen. Die Nichteinzahlung eines Kostenvorschusses ist daher nicht aus Gründen der Rechtssicherheit anderen Tatbeständen einer "Beendigung" des selbstständigen Beweisverfahrens - Übersendung des Gutachtens an die Parteien, Fristsetzung gemäß § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO durch das Gericht oder Mitteilung von Einwänden, Anträgen oder Ergänzungsfragen innerhalb angemessener Frist - gleichzustellen.

  3. Jedenfalls dann, wenn in zeitlich überschaubarem Zusammenhang nach Ablauf der Fristsetzung für die Zahlung des Vorschusses eine Zahlung noch erfolgt, steht es dem Zweck des selbstständigen Beweisverfahrens nicht entgegen, diesem Fortgang zu geben.

Beschluss des OLG Frankfurt vom 23.07.2004 Az 1 W 48/04

Das Problem

Der Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens zahlte einen vom Gericht geforderten Kostenvorschuss erst einem Monat nach Ablauf der gesetzten Frist.

Es fragt sich, ob damit das Beweisverfahren beendet war oder Nachteile bei der Hemmung der Verjährung eintreten.

Die Gerichtsentscheidung

  1. Zahlungsverzug beendet das Beweisverfahren nicht

    In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein selbständiges Beweisverfahren mit dem Zugang des Sachverständigengutachtens an die Parteien endet, sofern weder das Gericht eine Frist zur Stellungnahme gesetzt hat, noch die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraumsnach Erhalt des Gutachtens Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträgeoder Ergänzungsfragen mitgeteilt haben (BGH, Urt. v. 20.02.2002 - VII ZR 228/00 -, BGHZ150, 55). Der Zeitpunkt der Beendigung des selbständigen Beweisverfahrensist von maßgeblicher Bedeutung für das Ende der Verjährungshemmung (§ 204Abs. 2 Satz 1 BGB), die durch den Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens erfolgt ist (§ 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB).

    Ein solcher Fall der Beendigung liegt hier aber nicht vor. Denn der Antragsteller hat in angemessenem Zeitraum nach Erhalt des Gutachtens die ihm erforderlich erscheinende ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen begehrt, und das Landgericht hat diesem Begehren auf Einholung eines Ergänzungsgutachtens entsprochen.

  2. Drohender Eintritt der Verjährung

    Vielmehr ist in der nicht rechtzeitigen Zahlung eines weiteren Kostenvorschusses, nachdem der ursprünglich angeforderte, sich als nicht kostendeckend erweisende gezahlt worden war - ein Nicht-Weiterbetreiben des Verfahrens zu sehen (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 23.10.2001 - 14 W 33/01 -, OLGR 2001, 335 unter II. der Gründe). Für einen derartigen Fall knüpft § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB für das Ende der Hemmung der Verjährung nicht an die Beendigung des Verfahrens, sondern an die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder einer sonst mit dem Verfahren befassten Stelle an. Zugleich bestimmt § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB, dass die Hemmung erneut beginne, wenn eine Partei das Verfahren weiter betreibt. Aus der letztgenannten Vorschrift folgt aber zugleich, dass es sich bei einem Nichtbetreiben des Verfahrens nicht um den Fall einer "Beendigung" des Verfahrens als Anknüpfungspunkt für das Ende der Verjährungshemmung handelt, sondern die rechtliche Möglichkeit eröffnet ist, das Verfahren weiter zu betreiben. Dies kann durch jede Prozesshandlung geschehen, die unmittelbar auf das Verfahren einwirkt und dazu bestimmt und geeignet ist, dieses wieder in Gang zu setzen (BGH, Urt. v. 18.10.2000 - XII ZR 85/98 -, NJW 2001, 218 unter II.4. der Gründe). Dies kann etwa durch Zahlung des weiteren Auslagenvorschusses geschehen.

Folgen für die Praxis

Selbständige Beweisverfahren sind in Vorbereitung ziviler Bauprozesse, aber auch für Verwaltungsstreitverfahren ein wichtiges Instrument zu raschen Sicherung einer sich verändernden Beweislage. Zugleich hemmen sie den Eintritt der Verjährung; dieser Vorteil entfällt aber, wenn ein gerichtlich eingeforderter Kostenvorschuss nicht fristgerecht gezahlt wird. Über diese Konsequenzen eines Zahlungsverzuges werden Rechtsanwälte ihre Mandanten zukünftig zur Meidung einer Haftung hinzuweisen haben.