Verbot von Ferienwohnungen in Berlin - ein Papiertiger?

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Wenig Kontrollmöglichkeiten und hohe Dunkelziffer machen Erfolg fraglich

Der Berliner Senat hat am 21.01.2014 das "Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum" (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG) beschlossen, wonach private Vermietungen von Wohnraum als Ferienwohnung verboten werden sollen.

Für eine bestehende Vermietung als Ferienwohnung gibt es einen Bestandsschutz für 2 Jahre, also bis 2016. Vermieter können sich um eine Sondergenehmigung bemühen, diese dürfte jedoch nur in Ausnahmefällen möglich sein. Der Nutzen dieses Gesetzes ist fraglich, da viele Vermieter auf kreatives Vertragsgestaltungen zurückgreifen dürften. Die Dunkelziffer an Ferienwohnungen ist jetzt schon hoch. Des Weiteren ist es unsicher, ob die Berliner Bezirksämter genug Personal zur Verfügung haben, um hier sinnvoll kontrollieren zu können. Eigentümer planen Klagen, Experten bezweifeln den Nutzen. Um den Wohnungsmarkt zu entlasten, seien Neubauten notwendig.

Sinn und Zweck des Gesetzes ist die Verhinderung der Verknappung von Wohnraum

Es ist gut gemeint. Berlin kannte in der Vergangenheit schon mehrere Zweckentfremdungsverordnungen, welche den Leerstand oder die zweckfremde Nutzung von Wohnraum verhindern sollten. Die Letzte wurde 2002 vom Oberverwaltungsgericht gekippt, da ja zu diesem Zeitpunkt genügend Wohnungen zur Verfügung standen. Dies soll sich nun mittlerweile geändert haben. Der Senat hofft, dass die offiziell 12.000 Apartments, die als Ferienwohnung genutzt werden, durch das neue Gesetz nunmehr dem freien Wohnungsmarkt zugeführt werden. Im Gesetz heißt es:

§ 2 Zweckentfremdung …

(1) Eine Zweckentfremdung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Wohnraum 1. zum Zwecke der wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen verwendet wird, 2. für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird, 3. baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist, 4. länger als sechs Monate leer steht oder 5. beseitigt wird.

(2) Abweichend von Absatz 1 liegt keine Zweckentfremdung vor, wenn 1. Wohnraum bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Verordnung nach § 1 Absatz 2 als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung gemäß Absatz 1 Nummer 1 genutzt wird; dies gilt jedoch nur für eine Dauer von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung; hierfür hat die oder der Verfügungsberechtigte innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung die Nutzung nach Absatz 1 Nummer 1 dem zuständigen Bezirksamt anzuzeigen….

Zwei Jahre Schonfrist, dann bis zu 50.000 Euro Geldstrafe

Wohnraum, der bereits vor Inkrafttreten der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung für Ferienwohnungen genutzt wurde, kann erst einmal zwei Jahre weiter genutzt werden. Danach greift die Verordnung. Im Falle der Zuwiderhandlung drohen empfindliche Geldstrafen bis zu 50.000 Euro.

Sondergenehmigung nur in Ausnahmefällen

Darüber hinaus besteht für zweckfremde Nutzungen laut Berliner Senat auch über den Ablauf des bestehenden Mietverhältnisses hinaus die Möglichkeit, die Erteilung einer Genehmigung zu beantragen, die im Einzelfall auf überwiegende private oder öffentliche Interessen Rücksicht nimmt.

Vorrangige öffentliche Interessen sind beispielsweise gegeben, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen, Betreuungseinrichtungen (die der Stabilisierung und Verbesserung sozial schwieriger Nachbarschaften dienen) oder für Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke verwendet werden soll. Eine im öffentlichen Interesse liegende Zwischennutzung liegt auch vor, wenn Aussiedler, Asylbewerber und sonstige Personengruppen, auch bei Vermietung von Wohnraum an soziale Träger, untergebracht werden sollen. Überwiegend schutzwürdige private Interessen sollen insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz vorliegen oder wenn durch die Schaffung von Ersatzwohnraum der geplante Wohnraumverlust ausgeglichen wird.

Desgleichen sollen Gästewohnungen von beispielsweise Gewerkschaften, Universitäten, städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsbaugenossenschaften oder ähnlichen Institutionen eine Genehmigung erhalten, da ihre Bereitstellung für besondere Zielgruppen ein berechtigtes privates oder auch öffentliches Interesse beinhaltet.

Zahlreiche Sondergenehmigungen?

Laut Auskunft des Senates für Stadtentwicklung eher weniger. Der Vermieter muss schon ein Sonderinteresse nachweisen oder gar die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz. Unklar bleibt, ob die Schaffung Ersatzwohnraums eine Sondergenehmigung bringt. Sollen hier Eigentümer von mehreren Wohnungen privilegiert werden? Der große Teil der Vermieter, die sich ein lukrative Zubrot gesichert haben, dürfte wohl eher leer ausgehen.

Kann Berlin das überhaupt kontrollieren?

Laut Senat sollen Mitarbeiter eingestellt werden. Zuständig sind die Bezirksämter, welche zum einen die verbotswidrigen Nutzung von Wohnraum sanktionieren können,  bzw. Sondergenehmigung erteilen können. Darüber hinaus müsste dem Vermieter einer Ferienwohnung auch nachgewiesen werden, dass diese nach Tagen oder Wochen vermietet. Hier wäre also eine Langzeitbeobachtung erforderlich. Das ist nur mit entsprechendem Aufwand zu leisten.

Eigentümer wollen sich wehren, Sinn und Zweck wird in Frage gestellt

Bereits jetzt haben zahlreiche Eigentümer angekündigt, sich wehren zu wollen. Zum einen wird damit argumentiert, dass das Grundrecht auf Eigentum unverhältnismäßig eingeschränkt würde, zum anderen wird kritisiert, dass Berlin nicht schlüssig darlegen könne, inwieweit überhaupt Wohnraummangel existiert und, ob dieser durch die Abschaffung von Ferienwohnungen effektiv gemildert werden kann. Fest scheint zu stehen, dass ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum besteht. Was den übrigen Wohnraum betrifft, ist die Datenlage unsicher, insbesondere was die Nutzung von Ferienwohnungen angeht. Angeblich sollen 12000 Wohnungen betroffen sein.

Ausgehend von dieser Zahl und von einem durchschnittlichen 1,5 bis 3-Personen Haushalt wären also Wohnungen für maximal 66.000 Mieter zusätzlich auf den Markt. Wie das in einer Millionenstadt wie Berlin nachhaltig ins Gewicht fallen soll, wird nicht erklärt.

Hohe Dunkelziffer und kreative Vertragsgestaltung

Die Dunkelziffer ist nach Expertenmeinung hoch. Das hat einen ganz einfachen Grund: Viele als Ferienwohnungen angebotene Objekte werden von so genannten Zwischenmietern angeboten, sei es in den Printmedien oder über soziale Netzwerke im Netz. Es besteht also formell ein Mietvertrag über die Wohnung, die Feriengäste werden quasi als Untermieter einquartiert. Solche Vertragskonstellationen sind für die Behörden schwer nachvollziehbar. Es dürfte also relativ einfach sein, das Zweckentfremdungsverbot zu umgehen, indem man als Vermieter die Wohnungen zunächst vermietet und über diesen Mieter (Strohmann) an einen Feriengast untervermietet. Wie die Behörde in solchen Fällen beweisen will, dass eine Nutzung als Ferienwohnung vorliegt, ist somit gänzlich unklar.

Verbot ein Papiertiger?

Unterm Strich dürfte sich das neue Verbot der Zweckentfremdung von 12.000 Apartments als Papiertiger herausstellen. Die Bezirksämter werden personell und organisatorisch überlastet sein, geprüft werden können sicherlich nur Einzelfälle. Wie viele Vermieter eine Sondergenehmigung beantragen werden, bleibt abzuwarten. Viele werden sich wohl gar nicht melden. Im Endeffekt werden die einkommensschwachen Mieter also kaum davon profitieren. Es muss neu gebaut werden. Zudem erscheint es unbillig, die Vermieter von Ferienwohnungen für eine verfehlte Wohnungspolitik der Vergangenheit verantwortlich zu machen. Dennoch sollte im Einzelfall geprüft werden, ob unter Umständen die Möglichkeit einer weiteren Nutzung als Ferienwohnung erfolgen kann. Wir beraten Sie gerne.

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