Verantwortung von Unternehmen für diskriminierende Stellenanzeigen durch die Agentur für Arbeit

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Seit Geltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist die Formulierung einer Stellenanzeige eine nur schwer zu meisternde Herausforderung für jeden Arbeitgeber geworden. Den meisten ist das AGG mittlerweile hinlänglich bekannt. Dennoch gibt es immer wieder praktische Schwierigkeiten in der richtigen Handhabung. Vorab daher ein kurzer Überblick über die Regelungen zum Verbot der Diskriminierung hier bezogen auf Stellenanzeigen.

Nach dem AGG sind Arbeitgebern Benachteiligungen aus Gründen

  • der Rasse oder
  • wegen der ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechts,
  • der Religion oder Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • des Alters oder
  • der sexuellen Identität

verboten. Dieses Benachteiligungsverbot ist auch bei Stellenausschreibungen zu berücksichtigen und kann bei Verstoß zu Schadensersatzforderungen des Bewerbers führen. Diese Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung des Bewerbers allerdings drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

In einer Stellenanzeige sind nach dem AGG dringlichst Formulierungen zu vermeiden, die unmittelbar oder mittelbar als Diskriminierung gewertet werden können. Verboten ist damit zum Beispiel eine Anzeige:

„Putzfrau gesucht", erlaubt: "Reinigungskraft m/w gesucht."

Auch die Angabe einer Altersgrenze ist unzulässig, selbst wenn es nur eine indirekte Angabe ist wie "jung und dynamisch". Die Aufforderung zur Übersendung eines Fotos kann ebenfalls als Zeichen für eine mögliche Ungleichbehandlung aufgrund der ethnischen Herkunft gewertet werden.

Die Anforderungen der potentiellen Arbeitgeber haben sich durch die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 21.09.2006 nun allerdings noch verschärft. Hintergrund war ein Fall bei dem ein Unternehmen über die Internetseite der Agentur für Arbeit mehrere „Auszubildende zum Industriekaufmann/ -frau" suchte.

Die von der Agentur für Arbeit eigenständig gestaltete und veröffentlichte Stellenanzeige enthielt den Zusatz, dass männliche Bewerber bevorzugt berücksichtigt würden. Nach erfolgter Ablehnung einer Bewerberin klagte diese auf Zahlung einer Entschädigung. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage der Bewerberin ab mit dem Hinweis, dass nicht das Unternehmen sondern die Agentur für Arbeit diesen diskriminierenden Hinweis gesetzt hatte. Die Bewerberin zog vor das Bundesverfassungsgericht.

Nach der in der juristischen Fachwelt hoch umstrittenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes haben Arbeitgeber nunmehr auch die Sorgfaltspflicht, eine Stellenanzeige vor der Veröffentlichung durch Dritte - wie die Agentur für Arbeit - auf ihre Ordnungsgemäßheit zu überprüfen. Sie könnten ihre Pflicht zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung gemäß § 11 AGG nicht auf Dritte abwälzen.

Sollten Sie als Arbeitgeber also eine Stelle über die Agentur für Arbeit ausschreiben lassen wollen, sollten Sie diese unbedingt selbst formulieren oder die Anzeige der Agentur für Arbeit vorher eindringlich auf Diskriminierungsfehler prüfen.

Ulrike Hinrichs
MBA. RECHTSANWÄLTIN. MEDIATORIN

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