Urteil anfechtbar bei Zustellproblemen?

9. Januar 2013 Thema abonnieren
 Von 
guest-12324.06.2015 02:33:29
Status:
Frischling
(16 Beiträge, 9x hilfreich)
Urteil anfechtbar bei Zustellproblemen?

Im November 2012 habe ich Kenntnis von einem Versäumnisurteil in zivilrechtlicher Angelegenheit erhalten, das bereits im Dezember 2011 erging. Ich wurde zur Herausgabe eines Gegenstandes verurteilt, den mir der Kläger geliehen haben will. In Wirklichkeit hat er mir diesen Gegenstand jedoch in Aufrechnung mit einer anderen Leistung überlassen / verkauft.

Von diesem Verfahren hatte ich zu keinem Verfahrenszeitpunkt Kenntnis. Alle Schriftsätze wurden von der Klägerpartei und vom Gericht an eine Adresse gesendet, an der ich schon seit über 10 Jahren nicht mehr wohnte. Da die Zustellung an diese Adresse logischer Weise nicht möglich war wurden die Klageschrift und andere Schriftsätze "öffentlich" zugestellt. Hiernach erging Versäumnisurteil.

Als ich im November 2012 (also 11 Monate später) durch einen Gerichtsvollzieher von diesem Urteil erfuhr wendete ich mich telefonisch an das AG und bat um Infos. Mir wurde mitgeteilt, dass alle Schriftstücke (auch das Versäumnisurteil) an eine Adresse gesendet wurden, an der ich wie bereits gesagt schon seit 10 Jahren nicht mehr wohne.

Ich habe daher sofort (also noch vor Ablauf eines Jahres) beim AG die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Hierzu habe ich alle Meldebestätigungen beim Bürgeramt der letzten zwei Jahre beigefügt um zu belegen, dass ich sehrwohl an anderen Wohnanschriften gemeldet war und dass die Schriftsätze und das Urteil an diese hätten zugestellt werden können.

Noch im Dezember 2012 wurde zunächst die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung abgelehnt. Begründung hierfür war, dass man mir nunmehr mitteilte, dass zwar die Klageschrift und alle Folgeschriftsätze an die falsche Adresse zugestellt worden sein, aber das Versäumnisurteil an meine Adresse zugestellt wurde an der ich zum Zeitpunkt des Urteiles gemeldet war.

Exakt zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch nachweislich anderer Gerichtsverfahren keinen Zutritt zu meiner Wohnadresse. Nach einem Kellerbrand im Mehrfamilienhaus in dem ich wohnte waren die Wohnungen der Mieter (somit auch meine Wohnung) aufgrund fehlenden Eassers und Stromes nicht bewohnbar, sodass ich einige Zeit bei Bekannten besuchsweise unter kam. Der Hauseigentümer maßte sich jedoch an, die Hauseingangstür von innen zu versperren und das Schloss auszuwechseln, sodass keiner der Mieter an seine Wohnungen oder den Briefkasten kam. Vielmehr brachte er ein Schild an der Haustür an auf dem die Postzusteller aufgefordert wurden, die Post für alle Mieter in einer anderen Straße + Hausnummer einzuwerfen. Wollten Mieter Zugang zu ihren Wohnungen, mussten diese den Eigentümer vorher telefonisch davon in Kenntnis setzen und um Einlass bitten.

Hiergegen ging ich beim AG mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung vor. Ich hatte Erfolg.

Allerdings wurde das eingangs erwähnte Versäumnisurteil exakt zu dem Zeitpunkt "zugestellt", an dem die Post eben nicht an die Briefkästen der Mieter gelangen konnte.

Ich schrieb also das AG an und legte Einspruch gegen die Ablehnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ein und wies nach, dass ich an der Nichtzugänglichkeit der Briefkästen an meiner Meldeadresse schuldlos war. Hierzu verwies ich auf die Zivilsache mit der einstweiligen Verfügung und aller darin geschilderten Umstände.

Ohne weitere Rückinfo erging nun im Januar Urteil, mit dem mein Einspruch gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen wurde.

Als Begründung nannte das Gericht den Umstand, dass ich ja selber in meinem nachträglichen Schreiben zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit meiner Meldebescheinigung nachgewiesen habe, dass ich zum Zeitpunkt der Zustellung des Versäumnisurteiles an genau der Adresse wohnhaft war, an der das Urteil zugestellt wurde.

Ich selbst habe keine Ahnung, wie genau dieses Versäumnisurteil zugestellt worden sein soll. Immerhin war die Hauseingangtür stets verschlossen und die Briefkästen für Postzusteller nicht erreichbar. Ich kann nur vermuten, dass das Urteil an die Adresse zugegstellt wurde, die vom Hauseigentümer mittels Schild an der Hauseingangstür benannt wurde. (diese Adresse war um die Straßenecke herum in einer angrenzenden Straße, dort wohnte der Hauseigentümer). Fakt ist jedoch, dass an meiner Wohnadresse nichts zugestellt werden konnte und ich auch vom Hauseigentümer keine Post ausgehändigt bekam.

Der Streitwert war im Versäumnisurteil auf 300 Euro festgelegt. Ich gehe davon aus, dass ich nunmehr nicht gegen das Urteil vom Januar (mit dem mein Antrag auf Wiedereinsetzung abgelehnt wurde) keine Berufung einlegen kann. Gibt es eine andere Möglichkeit, unter den genannten Schilderungen gegen das Urteil vor zu gehen?

Hinzu kommt, dass der Kläger nunmehr Klage auf Schadensersatz erhoben hat, da eine Herausgabe des Gegenstandes nicht mehr möglich ist. Es findet nun im Februar die Verhandlung zum Schadensersatz statt, die ganz sicher auf dem Versäumnisurteil beruhen wird und mich vermutlich chancenlos macht.

Es ist mir unverständlich, dass ich mich hier nicht mehr wehren können soll obwohl ich nachweislich absolut unverschuldet von dem ganzen Verfahren zu keinem Zeitpunkt Kenntnis hatte. Mir ist eh völlig unklar, welche Meldeauskünfte die Klägerseite eingeholt haben soll und wie sie durch die Meldeauskunfte auf eine uralte Adresse gekommen sein will, wenn mir hier alle Meldebestätigungen vorliegen. Ein Trick, um Prozesse in Abewesenheit der beklagten Seite durch Versäumnisurteil zu gewinnen?

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1 Antwort
Sortierung:
#1
 Von 
BuffySlayer
Status:
Praktikant
(993 Beiträge, 483x hilfreich)

quote:
die ganz sicher auf dem Versäumnisurteil beruhen wird und mich vermutlich chancenlos macht


Nein, das hätte in einem erneuten Verfahren keine Präjudiz. Wenn der Kläger es versäumt hat, im ursprünglichen Verfahren hilfsweise auf SE zu klagen, muß er wieder bei Null anfangen und hat keinerlei Vorteil aus dem ersten Urteil; erst recht nicht, wenn es ein VU war und kein echtes Urteil "on the merits ". Das ist sowohl die Rechtslage wie auch die Praxis.

quote:
Ein Trick, um Prozesse in Abewesenheit der beklagten Seite durch Versäumnisurteil zu gewinnen?


Klar geht das, nur nutzt ein VU eben wenig, wenn man als unterlegener Beklagter Wiedereinsetzung verlangt.

(Nur bei dir scheint ja der Sonderfall gewesen zu sein, daß auch das VU an die Meldeadresse dir faktisch nicht zugehen konnte, wobei das trotz allem sicherlich deinem Machtbereich zuzuordnen ist, du hättest ja eine Nachsendeadresse benennen können für die Zeit deiner erzwungenen Abwesenheit.)

Und wenn sich dann herausstellt, daß der Kläger wissentlich eine veraltete Beklagtenadresse verwendet hat, hätten wir auch noch einen Prozeßbetrug.


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