Unfallwagen – wann ist der Rücktritt vom Kaufvertrag möglich?

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Nicht selten erleben gutgläubige Käufer gebrauchter Autos nach dem Autokauf eine böse Überraschung: Das als unfallfrei erworbene Fahrzeug ist tatsächlich ein Unfallwagen, es hatte möglicherweise einen sehr schwerwiegenden Unfall oder sogar einen Totalschaden erlitten. Betroffene erwägen regelmäßig, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist nicht in allen Fällen möglich. Die komplexe Rechtslage im Einzelfall lässt sich am schnellsten und besten mit einem erfahrenen Rechtsanwalt bewältigen. In der Folge werden einige grundsätzliche Punkte zum Rücktritt vom Kaufvertrag für den ungewollten Unfallwagen erläutert.

Der Kauf beim Gebrauchtwagenhändler und der verschwiegene Unfall

Sven Kienhöfer
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Rechtsanwalt
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Grundsätzlich sind die Möglichkeiten für einen Rücktritt vom Autokauf beim Unfallwagen größer, wenn das Fahrzeug direkt von einem Händler erworben wurde. Aber auch bei Privatkäufen gibt es sehr gute Chancen, dass für den ungewollten Unfallwagen ein Rücktritt rechtlich wirksam möglich ist. Zwei Faktoren, mit denen sich ein entsprechend spezialisierter Rechtsanwalt auseinandersetzen wird, spielen eine Schlüsselrolle:

  1. Was ist im Kaufvertrag geregelt?
  2. Handelt es sich beim dem später entdeckten Unfall um ein bedeutendes Ereignis oder nur um einen Bagatellschaden? Hinter dieser Frage steht eine Erwägung, die die Gerichte in entsprechenden Fällen stets ihrer Entscheidung zugrunde legen. Der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs darf eine bestimmte übliche Beschaffenheit des Gebrauchtwagens erwarten, die diesen für eine bestimmungsgemäße Verwendung qualifiziert. Ein minimaler Lackschaden nach einem Unfall, der die Beschaffenheit des Fahrzeugs nicht verändert, kann die Erwartung des Käufers grundsätzlich nicht enttäuschen. Ganz entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Das Alter, der Allgemeinzustand, die Zahl der Vorbesitzer, die Kosten für eine Schadensbeseitigung – alle diese Faktoren sind für die Bewertung wichtig. Entscheidend ist auch die Frage, ob der verschwiegene Unfall zu einem technischen Mangel führt, der den Unfallwagen nicht seiner Verwendung entsprechend einsetzbar macht. Führte das Unfallereignis zu einem technischen Mangel, wird man über das grundsätzliche Vorliegen eines Mangels nicht streiten müssen.

Rechtliche Grundlagen beim Rücktritt vom Autokauf

Der Autokauf unterliegt dem Kaufrecht, das in den §§ 433 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt ist. Der Rücktritt vom Kaufvertrag gehört systematisch zum Bereich der so genannten Leistungsstörungen.

Die von Leistungsstörungen betroffenen Kaufverträge werfen in der Abwicklung Schwierigkeiten auf, zum Beispiel weil die verkaufte Sache einen Mangel aufweist oder bereits untergegangen ist. Die Tatsache, dass ein gekauftes Fahrzeug unerwartet ein Unfallwagen ist, kann ein Mangel im Rechtssinne sein. Normalerweise knüpft das Gesetz an den Rücktritt gewisse weitere Voraussetzungen, wie eine Aufforderung zur Nachbesserung unter Fristsetzung, weil die Nacherfüllung Vorrang haben soll. In bestimmten Fällen jedoch darf ein Käufer gemäß §§ 326 V, 323 sofort vom Kaufvertrag zurücktreten. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Mangel arglistig verschwiegen wurde.

Der Händler darf den Unfall nur selten verschweigen 

Recht unkompliziert ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag, wenn im Kaufvertrag vom Händler selbst die Unfallfreiheit als wesentliches Merkmal des Fahrzeugs im Sinne einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB festgelegt wurde. In diesem Fall ist die Unfallfreiheit eine vereinbarte Beschaffenheit des Fahrzeugs, deren Fehlen zu einem Mangel führt. Das Vorliegen eines Mangels ist Voraussetzung für den sofortigen Rücktritt vom Vertrag nach §§ 326 V, 323 BGB.

Ist die Unfallfreiheit nicht im Kaufvertrag als Beschaffenheitsmerkmal festgelegt worden, stellen sich Fragen nach der Art des Unfallschadens und Verhaltens des Verkäufers. Hier kommen die bereits erörterten Fragen zur Schwere des Schadens zum Tragen. Die Gerichte sind dabei sehr streng mit ihren Maßstäben. Ein Unfallwagen darf nach ihrer Auffassung nur dann noch als unfallfrei verkauft werden, wenn der Schaden so geringfügig ist, dass seine Kenntnis wahrscheinlich und vernünftigerweise die Kaufentscheidung des Käufers nicht negativ beeinflusst hätte.

In allen anderen Fällen muss der Händler den Unfall von sich aus offenbaren, weil man andernfalls arglistiges Verschweigen eines Mangels annimmt. Hier sind die Umstände des Einzelfalls beim Autokauf maßgeblich. Da dieser Rahmen sehr streng ist, findet der Autohändler nur selten mit dem Argument Gehör, der Unfall sei eine Bagatelle gewesen, die er verschweigen durfte.

In fast allen Fällen steht dem Käufer deshalb beim Händlerkauf die Möglichkeit des Rücktrittes nach §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 326 V, 323 BGB zur Verfügung.

Was ist anders beim Privatkauf?

Beim privaten Autokauf ist die Rechtslage häufig komplizierter. Zum einen werden diese Käufe gern ohne einen schriftlichen Kaufvertrag per Handschlag abgewickelt, zum anderen schließen private Autoverkäufer bevorzugt jegliche Gewährleistung in einem Vertrag mit der Maßgabe „Gekauft wie besehen" aus.

Wer unbeabsichtigt privat einen Unfallwagen erwirbt, kann nur vom Vertrag zurücktreten, wenn der Privatverkäufer eine Garantie für die Unfallfreiheit übernommen hat, oder wenn er dem Verkäufer ein arglistiges Verschweigen nachweisen kann. Ausdrückliche Garantien hinsichtlich der Unfallfreiheit sind sehr selten.

Die Arglist muss vom Käufer des Fahrzeugs bewiesen werden, was im Einzelfall nicht immer einfach ist. Ein versierter Anwalt wird hier die Möglichkeiten mit seinem Mandanten prüfen und entsprechende Schritte einleiten können. Meist kommt man ohne ein Sachverständigengutachten zum Unfallwagen nicht aus. Für dessen Kosten muss der Käufer des Fahrzeugs bzw. gegebenenfalls dessen Rechtsschutzversicherung zunächst in Vorleistung gehen. Eine solche Investition lohnt sich nur, wenn sie in einem gewissen Verhältnis zum Kaufpreis des Gebrauchtwagens steht. Auch an dieser Stelle kann ein spezialisierter Rechtsanwalt die Sachlage meist besser abschätzen als ein rechtlicher Laie.

Insgesamt kann man Käufern von privaten Gebrauchten vorab nur dazu raten, einen schriftlichen Kaufvertrag mit dem privaten Vertragspartner abzuschließen, der alle wesentlichen Eigenschaften erfasst. Auch an die Unfallfreiheit sollte dabei gedacht werden. Zumindest sollte auf Seiten des Käufers ein Zeuge den Kauf begleiten und bei den Verhandlungen dezidiert nach einem möglichen Unfall gefragt werden. Verschweigt der private Verkäufer an dieser Stelle den Unfall wider besseres Wissen, so ist die Arglist offenbar. Die Chancen sind größer, dass der Autokauf nicht mit späteren unerwarteten Überraschungen verbunden ist, beziehungsweise dass ein Rücktritt vom Autokauf nach dem verschwiegenen Unfall möglich wird.

Die Abwicklung des Rücktritts beim Autokauf

Hat sich bei dem Unfallwagen der Rücktritt als möglich erwiesen, muss der Rücktritt erklärt und der Autokauf rückabgewickelt werden. Auch an dieser Stelle ist ein erfahrener Anwalt hilfreich, der alle formalen Anforderungen der Rücktritterklärung beherrscht und möglicherweise weitere Aufwendungen geltend macht, die dem Käufer in der Zwischenzeit entstanden sind. 

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