Unfall mit Neuwagen – Anspruch auf Neuwagen?

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Dank der „Abwrackprämie“ bewegen sich auf deutschen Straßen derzeit so viele Neufahrzeuge wie noch nie. Zwangsläufig steigen auch die Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Neufahrzeugen.

Als Neuwagenbesitzer ärgern Sie sich ganz besonders. Der gerade neu erworbene, kürzlich zugelassene und nur wenige Kilometer gefahrene PKW muss schon wieder in die Werkstatt und ist mit einem Unfallschaden behaftet.

Stefanie Helzel
Partner
seit 2007
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verkehrsrecht
Elbinger Str. 11
90491 Nürnberg
Tel: 0911/95699944
Web: http://www.verkehrsrecht-nuernberg.eu
E-Mail:
Verwaltungsrecht, Ordnungswidrigkeiten, Strafrecht, Reiserecht
In dem Moment stellt Sie sich als Geschädigter die Frage, ob Sie sich von der Versicherung des Unfallverursachers denn überhaupt auf eine Reparatur verweisen lassen müssen oder ob Sie nicht sogar ein Anspruch auf einen Neuwagen haben.

Tatsächlich kommt unter gewissen Voraussetzungen ein solcher Ersatzanspruch in Betracht.
Der Anspruch auf einen Neuwagen besteht dann, wenn es Ihnen nicht zumutbar ist, ein repariertes Fahrzeug zu benutzen. Die Rechtsprechung hat dabei folgende Kriterien aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen eine Reparatur ausscheidet:

  1. Fahrleistung unter 1000 km,
  2. Zulassungszeit maximal ein Monat,
  3. erhebliche Beschädigung.

Während die ersten beiden Kriterien unproblematisch sind, da sich sowohl die Fahrleistung als auch die Zulassungszeit im Handumdrehen nachweisen lassen, führt der Punkt der „erheblichen“ Beschädigung zu Meinungsverschiedenheiten. Auch die Rechtsprechung der Instanzgerichte geht hier zum Teil auseinander.

Von einer Zumutbarkeit der Weiternutzung wird dann ausgegangen, wenn an dem Fahrzeug nur solche Teile betroffen sind, durch deren spurenlose Auswechslung der frühere Zustand voll wiederhergestellt wird.

Geklärt ist damit aber nicht, wann die Grenze zu einem erheblichen Schaden überschritten ist.

Von einer erheblichen Beschädigung kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn bei der Reparatur Schweiß- und Richtarbeiten tragender Teile durchgeführt werden müssen. Kann Ihr Fahrzeug allein durch den Austausch von Blechteilen instand gesetzt werden, liegt kein erheblicher Schaden vor.

Teilweise stellt die Rechtsprechung, so z.B. das OLG Celle, noch höhere Anforderungen an die Erheblichkeit des Schadens, und fordert einen wesentliche Schädigungen an Karosserie und/oder Fahrwerk.

Dagegen wird anderweitig bereits ein einzuschweißendes Heckabschlussblech als erheblicher Schaden anerkannt, da es sich um ein tragendes Teil handelt, nur bei sorgfältigster Reparatur von einer vollständigen Behebung ausgegangen werden kann und für den Geschädigten ein gewisser Unsicherheitsfaktor bestehen bleibt, dass das Fahrzeug nicht wieder in den vom Hersteller gefertigten Zustand versetzt wird.

Als weiteres maßgebliches Kriterium wird die Gefährdung bzw. der Verlust der Herstellergarantie angesehen, die auf Grund durchzuführende Schweißarbeiten und des deshalb zu entfernenden werksseitigen Korrosionsschutzes entfällt, es sei denn, der Haftpflichtversicherer erkennt nach dem Unfall seine Einstandpflicht für diesen Fall verbindlich an.

In engen Grenzen kann sogar ein Anspruch auf einen Neuwagenersatz bestehen, wenn das Fahrzeug eine Laufleistung bis zu 3000 km aufweist. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 3.11.1981 drei Kriterien aufgestellt, wonach der frühere Zustand durch eine Reparatur auch annähernd nicht wiederhergestellt wird, wenn:

  1. sicherheitsrelevante Teile beschädigt worden sind und trotz Reparatur ein Unsicherheitsfaktor bleibt, oder
  2. nach durchgeführter Reparatur erhebliche Schönheitsfehler am Fahrzeug zurückbleiben (verzogene Türen, Kofferraum- oder Motorhaubendeckel, sichtbare Schweißnähte, Verformungen bestimmter Fahrzeugteile usw.) oder,
  3. eine Beschädigung stattgefunden hat, welche die Garantieansprüche des Eigentümers zumindest beweismäßig gefährden kann, es sei denn, der Haftpflichtversicherer erkennt alsbald nach dem Unfall seine Einstandspflicht für diesen Fall verbindlich an.

Werden Sie mit Ihrem Neuwagen unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt, haben Sie einen Anspruch auf einen Neuwagen, wenn

  1. Ihr Fahrzeug eine Laufleistung von unter 1.000 km aufweist,
  2. das Fahrzeug nicht länger als einen Monat zugelassen ist, und
  3. ein erheblicher Schaden entstanden ist.

Lassen Sie sich von einem Verkehrsanwalt beraten, welche Ansprüche Sie haben und überlassen Sie das „Schadensmanagement“ auf keinen Fall der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Diese handelt grundsätzlich nur in ihrem eigenen Interesse, nämlich Geld zu sparen.

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