Umsatzsteuer und Kleinunternehmerregelung

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Sollte ein Kleinunternehmer sich von der Umsatzsteuer befreien lassen? Eine Einführung und Entscheidungshilfe.

1. Einleitung

Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, Gewerbesteuer. Als wäre das Unternehmerleben nicht schon kompliziert genug, fordert neben dem Markt auch der Staat sein Recht.

Kleinunternehmern und Gründern kann aber die Kleinunternehmerregelung helfen, sich im Unternehmerleben mit dem Eigentlichen zu beschäftigen: der Realisierung und Entwicklung der eigentlichen Geschäftstätigkeit. Es entfallen umfangreiche Melde- und Buchführungspflichten, auch monetäre Vorteile sind, je nach Geschäftsinhalt, zumindest mittelbar zu erreichen.

Doch was ist die Kleinunternehmerregelung eigentlich? Und lohnt sie sich für mich?

2. Die Kleinunternehmerregelung

Anknüpfungspunkt: die Umsatzsteuer

Jedermann zahlt grundsätzlich Steuern, sobald er Einnahmen erzielt. Darüber hinaus zahlt er Umsatzsteuer, sobald er Waren und Dienstleistungen konsumiert, allgemein bekannt als Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuer zahlt er aber nicht an den Staat, wie etwa die Einkommensteuer, sondern an seinen Vertragspartner, wenn dieser Unternehmer ist. Der Unternehmer wiederrum leitet die in seinem Preis enthaltene Mehrwertsteuer an den Staat weiter.

Für den Unternehmer bedeutet die Umsatzsteuer (=Mehrwertsteuer) also keine zusätzliche Steuerlast. Er übernimmt lediglich deren Einzug, was natürlich mit einem nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand verbunden ist: Er hat, zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit monatlich, später quartalsweise oder jährlich, jeden Geschäftsvorgang dem Finanzamt zu melden, damit festgestellt werden kann, ob und wie viel Mehrwertsteuer er als „Kasse" des Finanzamtes von seinen Kunden erhalten hat.

Von dem so ermittelten Betrag kann der Unternehmer dann alle Beträge abziehen, die er seinerseits an seine Warenlieferanten und Dienstleister gezahlt hat, um seine Leistung anbieten zu können. Denn auch Letztere müssen natürlich für den Staat Umsatzsteuer kassieren und haben sie in ihren Rechnungen dem Nettopreis aufgeschlagen.

Durch die Möglichkeit dieser Anrechnung, des so genannten Vorsteuerabzuges, wird sichergestellt, dass letztlich nur der Umsatzsteuer zahlt, der sie zahlen soll: Der Endverbraucher.

Dies alles ist geregelt im Umsatzsteuergesetz.

Die Umsatzsteuer: bürokratisches Monster

Es ist oben schon angeklungen: Die Erhebung der Umsatzsteuer ist ein erheblicher bürokratischer Aufwand, der zu einem Großteil dem Unternehmer aufgebürdet wird. Er muss sorgfältig jeden Geschäftsvorgang melden und Buch führen, um den Inhalt der Meldungen später belegen zu können. Schon bei 20 Geschäftsvorfällen im Monat kann man sich leicht in seinen Geschäftsunterlagen verirren, wenn man diese nicht systemisch geordnet hat, insbesondere, wenn erst nach Jahren eine Überprüfung durch das Finanzamt erfolgt.

Auch steuerrechtliche Kenntnisse sind erforderlich: Wann melde ich welchen Umsatzsteuersatz für welche Leistung? Wann melde ich überhaupt? Bei Rechnungsstellung oder erst bei Zahlung durch den Kunden? Vollkommen kompliziert wird es bei Lieferungen ins Ausland. Fällt hier überhaupt Umsatzsteuer an?

Will man sich in die Welt der Umsatzsteuer ohne steuerliche Beratung begeben, bedarf es erheblicher Konsequenz, und vor allem: Zeit. Zeit, die der Gründer besser in die Entwicklung seines Geschäfts stecken sollte.

Befreiung!

Von dieser bürokratischen Last befreit die Kleinunternehmerregelung.

Unter bestimmten Voraussetzungen, die sich in § 19 Umsatzsteuergesetz finden, kann sich der Unternehmer aus dem Umsatzsteuersystem ausklinken. Er braucht dann nicht mehr Rechnungsstelle des Finanzamtes zu spielen. Umsatzsteuervoranmeldungen entfallen. Er muss auf seine Preise keine Umsatzsteuer mehr aufschlagen.

Diese Möglichkeiten hat,

  • wer im vorangegangenen Kalenderjahr einen Umsatz zzgl. Umsatzsteuer von nicht über 17.500 € hatte und
  • Im laufenden Kalenderjahr einen voraussichtlichen Umsatz zzgl. Umsatzsteuer von nicht über 50.000,00 € hat.

Bei aller Freude über die Befreiung: Keine Freiheit gibt’s umsonst. Wer das Umsatzsteuersystem verlässt, kann natürlich nicht mehr von seinem großen Vorteil profitieren: Der Möglichkeit, die eigene gezahlte Vorsteuer zurückzuerhalten. Man wird nicht mehr als Unternehmer behandelt (obwohl etwa die Rechnungslegungsvorschriften des UStG weitergelten, nur die Umsatzsteuer darf nicht mehr ausgewiesen werden), sondern eben wie eine Endverbraucher.

Die Wahl, Ausstieg oder nicht, ist deshalb sorgfältig zu treffen.

3. Wann Befreiung von der Umsatzsteuer, wann besser nicht?

Erfüllt man die Voraussetzungen des § 19 UStG, ist man also Kleinunternehmer, steht man vor der Wahl: Aussteigen oder mitmachen im Umsatzsteuersystem?

Für die Entscheidungsfindung gibt es einige objektive Faktoren, die berücksichtigt werden sollten und die sich nach dem Inhalt des eigenen Geschäfts richten:

Ist man etwa im Einzelhandelssektor selbständig, müssen hier erhebliche Anfangsinvestitionen getätigt werden, wie Renovierung und Ausstattung eines Ladenlokals, und ist man dazu von stetigen Warenlieferungen anderer Unternehmer abhängig, entfällt die Möglichkeit, die etwa in der Rechnung des Innenarchitekten ausgewiesene Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückzuerhalten, wenn man für die Kleinunternehmerregelung optiert.

Immer also, wenn man, etwa zu Beginn der Geschäftstätigkeit, hohe Kosten, aber nur geringe Ausgangsumsätze hat, sollte man auf den Ausstieg verzichten, um sich die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges zu erhalten.

Und noch ein Argument spricht dafür, für eine Behandlung als „Großer" zu optieren: Durch die Meldepflichten entsteht ein erheblicher Druck, übrigens auch von strafrechtlicher Seite, von Beginn an sorgfältig jeden Geschäftsvorgang zu dokumentieren.  Durch die anfänglich monatliche Pflicht, Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, entwickelt sich mehr oder weniger von selbst ein Buchführungssystem, das über kurz oder lang sowieso benötigt wird. Auf Grundlage der so angelegten Daten ist es, sorgfältiges Vorgehen vorausgesetzt, ein Leichtes, etwa Umsatzentwicklungen für externe Geldgeber auf Knopfdruck parat zu haben, oder auch die jährliche Einkommensteuererklärung zu erstellen.

Der Unternehmer allerdings, der keinerlei Startinvestitionen benötigt, etwa der (nebenberufliche) Nachhilfelehrer oder Gärtner, und dessen Ausgangsrechnungen überschaubar sind, ist wohl gut beraten, sich den Bürokratiewust des Umsatzsteuersystems vom Halse zu halten. Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt ist dann auch, dass gegenüber Kunden Rechnungen ohne Umsatzsteuer ausgewiesen, Leistungen also günstiger für den Endkunden angeboten werden können.

4. Fazit

Das System der Umsatzsteuer soll den Endverbraucher belasten, bürdet aber faktisch dem Unternehmer den Einzug der Steuer auf. Im Gegenzug wird er von jeder Umsatzsteuerzahlung, die er selbst zu leisten hat, entlastet.

Dem Kleinunternehmer bietet § 19 UStG einen Ausstieg aus diesem System.

Ob er diesen unternimmt, ist ihm überlassen. Die Kenntnis des Umsatzsteuersystems ist dabei hilfreich für eine richtige und ökonomische Entscheidung.

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