Überstundenverbot - Arbeitszeitgesetz im Einklang mit Betriebsvereinbarung?

23. Mai 2017 Thema abonnieren
 Von 
Ziozz
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Überstundenverbot - Arbeitszeitgesetz im Einklang mit Betriebsvereinbarung?

Hallo zusammen,

Ich Arbeite in einem größerem Logistikunternehmen. Neulich kam aus dem Betriebsrat der Hinweis das einer meiner Mitarbeiter gegen die Betriebsvereinbarung/Arbeitszeitgesetz verstoßen da in den letzten 24 Wochen zuviel gearbeitet wurde. Nun gilt für ihn ein Überstundenverbot, welches ich für nicht rechtmäßig halte und der genannte Kollege auch arbeiten will.

Das Gesetz sagt folgendes:
"Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden."

Unsere Betriebsvereinbarung bezieht sich immer auf Montag - Freitag. (Lustigerweise Arbeiten wir jedes Wochenende, genehmigt vom Betriebsrat) Daher hat der Betriebsrat bei der Stundenkontrolle nur mit 5 Tagen gerechnet, anstatt mit 6 Werktagen wie das Gesetz es vorsieht.
In wie weit darf dies dem Mitarbeiter Negativ ausgelegt werden? Kann die Betriebsvereinbarung einfach das Arbeitszeitgesetz beschneiden?
Meiner Meinung nach ist dies Verbot unwirksam da mein Mitarbeiter nicht gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen hat und der Betriebsrat keine Kompetenz (trotz BV) besitzt dies zu untersagen.

Mit freundlichen Grüßen
Ein fleißiger Logistikmeister

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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119655 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von Ziozz):
Kann die Betriebsvereinbarung einfach das Arbeitszeitgesetz beschneiden?

Betriebsvereinbarungen können nicht nur das Arbeitszeitgesetz beschneiden, wenn es zum Vorteil der Arbeitnehmer ist oder abdingbare § betroffen sind, sondern auch andere Gesetze.
Das ist ja auch ein gewünschter Effekt von Betriebsvereinbarungen.



Zitat (von Ziozz):
In wie weit darf dies dem Mitarbeiter Negativ ausgelegt werden?

Kommt ganz darauf an, was genau zu dem Thema in der Betriebsvereinbarung steht.



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Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
Ziozz
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

In diesem Fall ist mein Mitarbeiter negativ betroffen da er keine Überstunden mehr leisten darf. Er verstößt nicht gegen das Arbeitszeitgesetzt. Hier wird mit der BV Argumentiert das darin explizit nur MO- FR Berücksichtigt werden. Laut Gesetz müssen es aber Montag - Samstag sein.

-- Editiert von Ziozz am 23.05.2017 21:25

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#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119655 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von Ziozz):
In diesem Fall ist mein Mitarbeiter negativ betroffen

Nein, er ist positiv betroffen, da er vor Überarbeitung geschützt wird.



Zitat (von Ziozz):
Er verstößt nicht gegen das Arbeitszeitgesetzt.

Was - wie bereits erwähnt - so relevant wie der berühmte Sack Reis sein kann.



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#4
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47506 Beiträge, 16808x hilfreich)

Zitat:
Laut Gesetz müssen dürfen es aber Montag - Samstag sein.


Vorrang hat aber die Betriebsvereinbarung. Wenn darin zum Schutz des AN die Arbeitszeit über das ArbZG hinaus beschränkt wird, dann ist das zulässig. Wenn die Geschäftsführung so eine Regelung nicht wünscht, dann hätte sie die BV nicht unterschreiben dürfen.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG hat der Betriebsrat auch ganz ohne BV ein Mitbestimmungsrecht bei Überstunden, d.h. er könnte die Überstunden sowieso ablehnen. Weder der AN noch der AG haben einen Rechtsanspruch darauf, dass die Arbeitszeitregelungen des ArbZG voll ausgereizt werden.

Zitat:
und der Betriebsrat keine Kompetenz (trotz BV) besitzt dies zu untersagen.


Der BR hätte sogar ohne BV die Kompetenz, das zu untersagen.

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#5
 Von 
Ziozz
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Zitat (von Ziozz):
In diesem Fall ist mein Mitarbeiter negativ betroffen

Nein, er ist positiv betroffen, da er vor Überarbeitung geschützt wird.



Zitat (von Ziozz):
Er verstößt nicht gegen das Arbeitszeitgesetzt.

Was - wie bereits erwähnt - so relevant wie der berühmte Sack Reis sein kann.


Wie kann er positiv betroffen sein wenn er arbeiten will es aber nicht darf? Er bewegt sich im Gesetzlichen Rahmen. Für mich gibt es hier keine Begründung dies zu untersagen. Er darf nicht benachteiligt werden durch die BV, was er hier eindeutig ist. Kann ich diese Entscheidung des Betriebsrat als Vorgesetzter aussetzen bevor dies nicht juristisch bestätigt wurde?

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#6
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119655 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von Ziozz):
Wie kann er positiv betroffen sein wenn er arbeiten will es aber nicht darf?

Welcher Teil von
Zitat (von Ziozz):
da er vor Überarbeitung geschützt wird.

war denn unverständlich formuliert?



Zitat (von Ziozz):
Für mich gibt es hier keine Begründung dies zu untersagen.

Das ist irrelevant.
Im Arbeitsrecht und der arbeitsgerichlichen Rechtsprechung gibt es aus gutem Grund viele Sachen die nicht von der Einsichtschtsfähigkeit von Arbeitnehmer und Vorgesetzten abhängig sind.



Zitat (von Ziozz):
Er darf nicht benachteiligt werden durch die BV

Wird er nicht.



Zitat (von Ziozz):
Kann ich diese Entscheidung des Betriebsrat als Vorgesetzter aussetzen bevor dies nicht juristisch bestätigt wurde?

No.
Zum einen weil dazu schlicht die Kompetenz fehlt.
Zum anderen weil die BV solange in Kraft bleibt bis ein Gericht anders entscheiden hat.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#7
 Von 
lesen-denken-handeln
Status:
Richter
(8512 Beiträge, 4060x hilfreich)

Hallo,

die Sache ist doch denke ich recht einfach, du schreibst dein Mitarbeiter möchte gerne Überstunden machen, damit will dieser sich doch einen "Vorteil" schaffen, entweder einen geldwerten (Mehr bezahlung), oder mehr Freizeit an anderen tagen (Überstunden in Freizeit umwandeln).

Dein Kollege hat allerdings einen Arbeitsvertrag, darin ist auch die Arbeitszeit geregelt. Auf diese Stunden hat dein Kollege ein anrecht, keine Frage.
Jetzt ist es so, dass der AG sagt, er möchte nicht mehr, dass besagter Kollege Überstunden macht, das kan zwei Gründe haben, entweder wil der AG die Überstunden nicht bezahlen, oder nicht das der AN diese in Freizeit umwandelt.

Jetzt mal eine rage an dich, seit wann hat der AN zu entschdeiden, dass er überstunden machen will? Der AG will das wohl nicht und dann ist dies auch die Entscheidung des AG und nicht des AN. Die Weisung des AG keine Überstunen mer zu machen benachteiligt den Kollegen doch in keinster Weise!
Wenn du anderer Meinung bist, dann sage uns doch mal bitte, wie der Kollege benachteiligt sein soll? Als Grundlage darfst du aber nur den Arbeitsvertrag heranziehen, wo also bitte ist da eine Benachteiligung hin zu dem eigentlichen Arbeitsvertrag?

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#8
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17382 Beiträge, 6471x hilfreich)

Also: Eine BV ist unmittelbar geltendes Recht für den Betrieb und diese ist rechtlich nicht zu beanstanden. Und hier wird es schlicht irrelevant, dass ArbZG oder andere mehr zulassen als diese BV. Nicht erlaubt wäre eine BV, die zwingende Rechtsvorschriften unterläuft, etwa das BUrlG, eben weil hier Mindeststandards gesetzt sind.
Der BR muss sogar darauf achten, dass die BV im Betrieb umgesetzt wird. Wenn das nicht passiert, kann sie die Einhaltung auch einklagen. Prozessgegner ist aber der Betrieb, nicht der einzelne AN. Andererseits kann der Betrieb eine BV auch kündigen und neu verhandeln.
@ziozz: es geht also nicht an, BV und Gesetz gegeneinander auszuspielen. Genausowenig kann ein Vorgesetzter darüber befinden, welche BV ihm passt oder nicht. Du kannst dir sogar eine Abmahnung einfangen, wenn du dich nicht an die Regeln hältst. Du hast als Vorgesetzter sträflich wenig Ahnung über Aufgaben und Kompetenzen eines BR.

-- Editiert von blaubär+ am 24.05.2017 07:50

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#9
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38391 Beiträge, 13990x hilfreich)

Nach meiner Erfahrung wird im arbeitsrechtlichen Bereich nirgendwo so viel Mißbrauch getrieben, wie mit Überstunden. Und zwar sowohl von Arbeitgeberseite aus als auch von Arbeitnehmerseite aus. Überstunden verhindern die Einrichtung von neuen Jobs, sie gehen an die Substanz, wenn sie dauerhaft gemacht werden. Umgekehrt gibt es genug Arbeitnehmer, die es darauf anlegen, welche zu machen, sich dann an den finanziell höheren Level gewöhnen. Mir hat mal ein Abschaffung von Überstunden ein Mitarbeiter ganz klar gesagt, dass er dann nicht wisse, wie er seine Eigentumswohnung finanzieren solle.

Überstunden sollen die Ausnahme bleiben, die in vielen Jobs zwar nicht vermeidbar ist, aber, sie dürfen auf keinen Fall zur Regelmässigkeit ausarten. Abgesehen davon ist es nicht die Entscheidung des Arbeitnehmers, ob und wann er Überstunden macht. Deshalb bin ich ein Freund von klaren Regelungen, wie sie hier vorliegen. Das ist doch der klassische Fall einer sinnvollen Betriebsvereinbarung. Und natürlich weicht eine Betriebsvereinbarung vom Gesetz ab. Würde sie das nicht tun, so wäre sie doch überflüssig, oder?

wirdwerden

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#10
 Von 
Osmos
Status:
Lehrling
(1745 Beiträge, 618x hilfreich)

Zitat (von Ziozz):
Kann ich diese Entscheidung des Betriebsrat als Vorgesetzter aussetzen bevor dies nicht juristisch bestätigt wurde?

Wie meine Vorschreiber schon ausgeführt haben, kannst Du das nicht. Das Arbeitszeitgesetz legt lediglich absolute Grenzen fest (maximale Arbeitszeit), die nicht überschritten werden dürfen. Eine Mindestarbeitszeit wird jedoch nirgends im Gesetz festgelegt.

Da diese Betriebsvereinbarung gegen kein Gesetz verstößt, die Regelungskompetenz einer Betriebsvereinbarung nicht überschreitet und den gemeinsamen Willen des Arbeitsgebers und der Arbeitnehmervertretung wiederspiegelt ist sie unmittelbar anwendbar und geht den im Gesetz geregelten Rahmenbedingungen vor. Das ist nun mal das Wesen einer Betriebsvereinbarung.

Für Dich als Vorgesetzten bedeutet dies dass Du sie entsprechend umzusetzen hast, da Du ansonsten gegen den Willen Deines Arbeitgebers handelst und ggf. mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen musst.


-- Editiert von Osmos am 24.05.2017 08:56

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