Türkische Arbeitnehmer haben auch bei geringfügiger Beschäftigung Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis

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Im folgenden Artikel befasst sich Rechtsanwalt Türker mit einer aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das den Aufenthaltsstatus türkischer Arbeitnehmer betrifft.

Ein sehr interessantes Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht am 19.04.2012 gefällt. Das Gericht stellt in seiner Entscheidung, die sich nahtlos an die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) anschließt, fest, dass türkische Arbeitnehmer ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht genießen, selbst wenn sie nur geringfügig beschäftigt sind.

Der Entscheidung liegt der Fall einer türkischen Staatsangehörigen zugrunde, der aufgrund des Familiennachzuges zu ihrem türkischen Ehemann eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.

Nach Trennung von ihrem Ehemann war die Klägerin in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis, mit einem Umfang von 5,5 Stunden pro Woche, beschäftigt. Die Ausländerbehörde lehnte ihren Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis wegen des Bezugs ergänzender Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in seiner Entscheidung vom 19.04.2012 (Az: 1 C 10.11) die Urteile der Vorinstanzen bestätigt und festgestellt, dass die Klägerin aufgrund ihrer langjährigen geringfügigen Beschäftigung als Arbeitnehmerin ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80 genießt.

Nach der Rechtsprechung des EuGH, die in dieser Entscheidung des BVerwG bestätigt wird, ist Arbeitnehmer jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisungen ausübt und hierfür eine Vergütung erhält.

"Dabei bleiben Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Die hierfür erforderliche Gesamtbewertung fiel zu Gunsten der Klägerin aus. Dabei war neben der vereinbarten Wochenarbeitszeit von zunächst 5 ½, später 10 Stunden auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Beschäftigung im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bei demselben Reinigungsunternehmen seit fast sieben Jahren ausübte und nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von Anfang an Anspruch auf den Tariflohn und weitere tarifvertragliche Vergünstigungen hatte." (Pressemitteilung des BVerwG, Nr. 35/2012, veröffentlicht auf www.bverwg.de)

Das Urteil ist ein erneuter Rückschlag für die Ausländerbehörden, die immer noch erhebliche Schwierigkeiten mit der Auslegung der ARB Nr. 1/80 haben. Es wird abzuwarten sein, wie sich dieses Urteil auf die Verwaltungspraxis auswirken wird.