Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) unter Drogen: FAQ vom Anwalt

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Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) unter Drogen: FAQ vom Anwalt

Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) unter Drogen: FAQ vom Anwalt 

Wer unter Drogen fährt, kann im Extremfall fahruntüchtig sein. Dies stellt eine Straftat dar. Nach dem Gesetz heißt das Vergehen verwirrenderweise Trunkenheitsfahrt. Denn getrunken hat der Drogenkonsument die Drogen zumeist nicht. Es handelt sich um dasselbe Gesetz, das auch für Alkoholfahrten gilt: § 316 StGB: Trunkenheitsfahrt. Die Fahruntüchtigkeit ist bei Drogenfahrten schwer zu beweisen. Gerade deshalb lohnt sich besonders ein Blick darauf, ob eine Verteidigung lohnend ist. Ich bin selbständiger Rechtsanwalt in Hannover und seit Jahren u.a. auf den Gebieten des Verkehrs- und Strafrechts tätig. Im folgenden Fachartikel stehen folgende Fragen im  Mittelpunkt:

Rolf Tarneden
Partner
seit 2004
Rechtsanwalt
Köbelinger Str. 1
30159 Hannover
Tel: 0511. 220 620 60
Web: http://www.tarneden.de
E-Mail:
Ausländerrecht, Strafrecht, Hochschulrecht, Verkehrsrecht

1. Wann liegt eine Trunkenheitsfahrt unter Drogen (§ 316 StGB) vor?

2. Welche Drogen sind für die Trunkenheitsfahrt unter Drogen (§ 316 StGB) von Bedeutung?

3. Verliere ich wegen Trunkenheitsfahrt wegen Drogen meinen Führerschein?

4. Achtung: Ist Ihre Blutprobe im Strafverfahren überhaupt verwertbar?

5. Was kostet der Rechtsanwalt?

1. Wann liegt eine Trunkenheitsfahrt unter Drogen (§ 316 StGB) vor?

Nach dem Gesetz darf der Beschuldigte infolge Drogenkonsum nicht mehr in der Lage sein, ein Fahrzeug sicher zu führen. Erforderlich dafür ist zumeist eine erhebliche Beeinflussung von Drogen. Wichtig ist, dass die Fahruntüchtigkeit nicht pauschal ab einer bestimmten Menge von Drogen einsetzt. So aber bei Alkohol: Wer mehr als 1,1 ‰ im Blut hat, ist absolut fahruntüchtig. Solche Wertgrenzen gibt es bei Drogen nicht. Deshalb muss die Fahruntüchtigkeit in jedem Einzelfall nachgewiesen werden (so genannte relative Fahruntüchtigkeit). Nachstehend finden Sie Kriterien, die der Einordnung helfen sollen, ob relative Fahruntüchtigkeit infolge Drogenkonsum vorliegt oder nicht:

Folgende Anzeichen sprechen fehlende Fahrtüchtigkeit

  • unter Umständen ein Fahrfehler (aber: auch nüchterne Fahrer machen Fehler!)
  • erhebliche Auffälligkeit des Fahrers nach der Kontrolle
    • schwerwiegende Einschränkungen der Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit
    • mangelnde Ansprechbarkeit
    • Unfähigkeit zu koordinierter Bewegung
    • extrem verlangsamte Reaktion

    Folgende Anzeichen sprechen für Fahruntüchtigkeit

    • allgemeine Wirkungen von Drogen, z.B.
      • verwaschene Sprache
      • gerötete Augen
      • verlangsamte Reaktion
      • erweiterte Pupillen

      Ein Beispiel dazu: Ich vertrat einen Mandanten, der rechts überholt hatte. Er fuhr unter Drogeneinfluss. Er hatte keinerlei sonstige drogentypische Auffälligkeiten (keine geröteten Augen usw.). Ihm wurde die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen, weil er rechts überholt hatte. Ich legte Beschwerde ein und argumentierte, Rechtsüberholen sei ein massenhaft begangener Verkehrsverstoß, den auch nüchterne Fahrer begehen.

      Das Gericht gab uns Recht, hob den Beschluss auf und gab dem Mandanten den Führerschein zurück.

      Die genaue Prüfung des vorgeworfenen Verstoßes ist daher unerlässlich.

      Wer nicht fahruntüchtig ist, aber dennoch unter Drogen gefahren ist, bekommt nicht gleich einen Freispruch. Ist die Drogenfahrt nachweisbar, hat er eine Ordnungswidrigkeit begangen. Sie ist geregelt in § 24a StVG. Näheres dazu finden Sie in meinem Fachartikel: § 24a StVG: Drogen im Straßenverkehr: FAQ vom Rechtsanwalt, hier im Ratgeber.

      Wer die Ordnungswidrigkeit begangen hat, bekommt einen Bußgeldbescheid. Dieser hat gegenüber einer Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt unter Drogen (§ 316 StGB) eine ganze Reihe von Vorteilen: weniger Punkte im Verkehrszentralregister, zumeist geringere Strafe, nur ein Monat Fahrverbot, kein Eintrag im Führungszeugnis.

      2. Welche Drogen sind für die Trunkenheitsfahrt unter Drogen (§ 316 StGB) von Bedeutung?

      Folgenden Drogen sind von Bedeutung für die Trunkenheitsfahrt unter Drogen (§ 316 StGB):

      • Cannabis / Tetrahydrocannabinol (THC)
      • Heroin / Morphin
      • Morphin / Morphin
      • Kokain / Benzoylecgonin
      • Amphetamin / Amphetamin
      • Designer-Amphetamin / Methylendioxyethylamphetamin (MDE)
      • Designer-Amphetamin / Methylendioxymethamphetamin (MDMA)

      Wer unter Drogen gefahren ist, dem wird oft vorgeworfen, dass er die Drogen gekauft oder besessen haben muss. Es wird dann häufig noch ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) eingeleitet. Informationen zu Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz finden Sie in meinem Fachartikel Betäubungsmittelgesetz (BtMG) – Die Straftaten

      3. Verliere ich wegen Trunkenheitsfahrt wegen Drogen meinen Führerschein?

      Liegt eine Trunkenheitsfahrt unter Drogen vor (s.o. 1.), dann ist die Entziehung der Fahrerlaubnis die regelmäßige Folge. Die Entziehung der Fahrerlaubnis bedeutet, dass das Recht, Fahrzeuge zu führen entzogen wird. Der Führerschein wird daneben eingezogen. Ersttäter müssen bei einer Verurteilung damit rechnen, die Fahrerlaubnis für 12 Monate zu verlieren. Was viele nicht wissen: Nach Ablauf von 12 Monaten bekommt man den Führerschein nicht automatisch zurück. Es muss extra die Neuerteilung beantragt werden.

      Bitte beachten Sie unbedingt den Unterschied zwischen Führerschein und Fahrerlaubnis. Ausführliche Erläuterungen zu dem Unterschied finden Sie in meinem Fachartikel Trunkenheitsfahrt § 316 StGB - Fragen zum Strafverfahren , hier im Ratgeber.

      Hinweis: Die Fahrerlaubnis kann nach Drogenfahrten auch außerhalb des Strafverfahrens durch die Straßenverkehrsbehörde (Fahrerlaubnisbehörde) entzogen werden. Unter welchen Voraussetzungen das möglich ist und was man dagegen tun kann, finden Sie in meinem Fachartikel Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogen - FAQ vom Rechtsanwalt

      4. Achtung: Ist Ihre Blutprobe im Strafverfahren überhaupt verwertbar?

      Die Blutprobe ist erforderlich, um den Nachweis erbringen zu können, dass der Beschuldigte überhaupt unter eine bestimmten Droge stand. Wenn diese Blutprobe nicht verwertbar ist, kann eine Verurteilung in der Regel nicht erfolgen. Für den Beschuldigten ist es daher von größtem Interesse, ob die Blutprobe überhaupt verwertet werden kann.

      Wann kann die Blutprobe entnommen / verwertet werden?

      Immer dann, wenn ein Richter die Blutprobe angeordnet hat.

      Die Entnahme ist auch zulässig, wenn ein Richter nicht erreichbar ist oder der Beschuldigte in die Entnahme eingewilligt hat.

      Vor Ort muss also die Polizei in aller Regel den richterlichen Beschluss einholen. Die Polizei geht verstärkt dazu über, den Beschuldigten eine Einwilligungserklärung unterschreiben zu lassen. Aus Sicht eines Strafverteidigers kann davon nur abgeraten werden. Im Gesetz ist angeordnet, dass ein Richter über die Entnahme entscheidet. Es gibt keinen Grund, dass der Beschuldigte auf dieses gesetzlich angeordnete Verfahrensrecht verzichtet.

      Ist die Blutprobe rechtswidrig entnommen, winkt der Freispruch – auch dann, wenn eine Fahrt unter Drogen erfolgt ist.

      Dazu ein Beispiel aus jüngerer Zeit, ein Fall, den ich verteidigt habe:

      Der Mandant kam gegen 17:00 Uhr in eine Kontrolle. Gegen 17:45 Uhr ordnete der Polizist die Blutentnahme an. Der Mandant saß auf der Wache. Der Arzt, der die Blutprobe abnahm, erschien erst gegen 19:25 Uhr. Es wurde nach Aktenlage nicht versucht, einen Richter anzurufen. Dem Mandanten wurde deshalb vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen. Dagegen hatte ich für den Mandanten Beschwerde eingelegt. Ich hatte geltend gemacht, dass die Blutprobe nicht verwertbar ist. Das Landgericht gab uns Recht: Blutprobe ist unverwertbar. Der Mandant bekam den Führerschein zurück. Zur Unverwertbarkeit hat das Landgericht Wiesbaden (Aktenzeichen 6 Qs 9/10) ausgeführt:

      „Des Weiteren können vorliegend auch die Erkenntnisse und Bewertungen aus dem eingeholten toxikologischen Sachverständigengutachten zur Frage der Fahrtüchtigkeit nicht verwertet werden. Die durchgeführte Blutentnahme bei dem Beschuldigten als Grundlage des Gutachtens unterliegt einem Beweisverwertungsverbot, da sie entgegen dem in § 81 a StPO normierten Richtervorbehalt von einem Polizeibeamten angeordnet wurde, ohne dass zugleich Gefahr im Verzug oder die dokumentierte Einwilligung des Beschuldigten vorgelegen hätte.

      Ein Beweisverwertungsverbot ist bei Fehlern in der Beweiserhebung grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn dies nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen geboten ist. Das Gewicht des Verfahrensverstoßes wird wesentlich von der Einschätzung bestimmt, ob die Annahme von Gefahr im Verzug willkürlich erfolgte oder auf einer besonders groben Fehlbeurteilung beruhte (vgl. BVerfG, NJW 2008, 3053, BGH, NJW 2007, 2269, 2271; OLG Hamm, Beschl. vom 12.03.2009, 3 Ss 31/09).

      Die Blutentnahme wurde bei dem hier zu beurteilten Geschehen von den handelnden Polizeibeamten gegen 17.45 Uhr angeordnet, zugleich der Arzt hierfür über die Einsatzzentrale angefordert, was schließlich um 19.25 Uhr zur Blutabnahme bei dem Beschuldigten führte. Bei dieser Sachlage durfte der handelnde Polizeibeamte nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass er an einem Montag gegen 17.45 Uhr telefonisch keinen Richter mehr hätte erreichen können, um die die Blutentnahme anordnen zu lassen. Eine fernmündliche richterliche Anordnung war zu dieser Uhrzeit gerade nicht von vorneherein ausgeschlossen. Dem entsprechend hätte ein solcher Kontaktversuch unternommen werden müssen, was jedoch weder aus dem Akteninhalt  ersichtlich noch in sonstiger Weise dokumentiert ist angesichts der zeitlichen Abfolge zwischen Anordnung und tatsächlicher Durchführung der Blutentnahme ebenfalls nicht evident.

      All dies führt zu einem Verbot der Verwertung des Ergebnisses der Blutuntersuchung im vorliegenden Verfahren."

      Wie war es bei Ihnen: Hat die Polizei einen richterlichen Beschluss eingeholt? Nein? Dann könnte die Blutprobe unverwertbar sein.

      5. Was kostet der Rechtsanwalt?

      Bei fahrlässiger Tatbegehung zahlen in aller Regel die Rechtsschutzversicherungen.

      Bei einem Freispruch trägt der Staat die Anwaltskosten.

      Sonst müssen die Kosten selbst getragen werden.

      Rolf Tarneden
      Rechtsanwalt

      www.tarneden-inhestern.de
      tarneden@tarneden-inhestern.de

      Tel: 0511. 220 620 60
      Fax: 0511. 220 620 66

      Rechtsanwaltskanzlei
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