Tierlieb: BGH stärkt Mieter und ihre Lieblinge

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Was Mieter über Tierhaltung wissen sollten - Ein Interview mit Rechtsanwältin Nadine Martin

Der Bundesgerichtshof hat am 20.03.2013 ein Grundsatzurteil zur Tierhaltung in Mietwohnungen gefällt. Vermieter dürfen das Halten von Hunden und Katzen in Mietwohnungen demnach nicht pauschal verbieten. Was heißt das nun für Mieter?

123recht.de: Haustiere in Mietwohnungen - was ist nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs neu?

Rechtsanwältin Martin: Der Bundesgerichtshof hat am 20.03.2013 entschieden, dass Klauseln in Formularmietverträgen, die die Haltung von Katzen oder Hunden generell verbieten, unwirksam sind (Az VIII ZR 168/12). Diese benachteiligen den Mieter unangemessen. Gleichzeitig verstößt diese Regelung gegen den wesentlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters. Ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemäß § 535 BGB gehört, muss nun von Fall zu Fall entschieden werden.

Katzen und Hunde: Vermieter darf sich Einwilligung zur Haltung vorbehalten

123recht.de: Darf ich mir ein Haustier halten, ohne meinen Vermieter vorher um Erlaubnis zu bitten oder hierüber zu informieren?

Rechtsanwältin Martin: Die Unwirksamkeit der Klausel führt keineswegs dazu, dass der Mieter Hunde und Katzen ohne Rücksicht auf andere halten kann. Sie hat jedoch zur Folge, dass eine umfangreiche Abwägung der konkret betroffenen Belange und Interessen der Mietvertragsparteien, der Mitmieter und der Nachbarn erfolgen muss.

Bei Kleintieren wie Meerschweinchen oder Hamstern u.ä. ist meist unproblematisch davon auszugehen, dass diese Haltung zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört und der Vermieter hierzu nicht informiert und um Erlaubnis gefragt werden muss.

Anders verhält es sich bei Katzen und Hunden. So hat das Amtsgericht München in seiner Entscheidung vom 26.07.2012 klargestellt, dass Katzen keine Kleintiere sind und hier die Einwilligung des Vermieters eingeholt werden muss, wenn im Mietvertrag vereinbart wurde, dass eine Tierhaltung nur mit Einwilligung des Vermieters gestattet ist (Az 411 C 6862/12). Eine solche Klausel wäre auch nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung nicht unwirksam, da im Rahmen der Einwilligung eine umfangreiche Prüfung der Belange stattfinden kann.

Auch die Haltung von Hunden wird, je nach Ausgestaltung des Mietvertrages, von einer Einwilligung des Vermieters abhängig sein.

Grundsätzlich gilt: Ist im Mietvertrag nichts zur Tierhaltung geregelt, ist der Vermieter auch nicht zu informieren bzw. um Erlaubnis zu fragen. Eine gesetzliche Regelung zur Tierhaltung in Mietwohnungen gibt es nicht; jedoch eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen.

Bei gefährlichen oder ekelerregenden Tieren geht man davon aus, dass der Vermieter hier grundsätzlich um Erlaubnis gefragt werden muss.

Vermieter muss konkrete Beeinträchtigung durch das Tier darlegen

123recht.de: Was mache ich, wenn mein Mietvertrag das Halten von Haustieren grundsätzlich verbietet?

Rechtsanwältin Martin: Ein generelles Verbot der Tierhaltung ist nicht mehr möglich. Der Vermieter darf die Haltung eines Tieres nicht grundlos verbieten. Er muss stattdessen nunmehr konkret darlegen, warum er die Haltung des Haustiers untersagen möchte. Ein Hinweis, dass eine artgerechte Tierhaltung nicht möglich sei, reicht nicht aus. Auch dies hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22.01.2013 klargestellt (Az VIII ZR 329/11). Der Vermieter kann Tierhaltung auch nicht mit einem generellen Hinweis auf die Abnutzung der Mietwohnung verbieten, sondern er muss konkret darlegen, inwiefern die Mietwohnung konkret beeinträchtigt wird. Ähnlich verhält es sich mit dem Hinweis des Vermieters, das Haustier würde andere Hausbewohner, Nachbarn oder ähnliche stören. Auch hier muss der Vermieter konkret werden.

Sollte der Vermieter hier weiterhin auf ein generelles Verbot der Tierhaltung bestehen, so wäre es ratsam, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

123recht.de: Darf ich bei der Wohnungssuche mein Haustier verschweigen, wenn der Vermieter mich danach fragt?

Rechtsanwältin Martin: Auf Wohnungssuche wird der Mieter meist mit einer Vielzahl von Fragen des Vermieters konfrontiert; aber auch hier schützt das Gesetz die Privatsphäre des Mieters, sodass nicht jede Frage beantwortet werden muss. Welche Fragen zulässig sind, ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben: Ein berechtigtes Interesse liegt dann bei Fragen vor, die für das Mietverhältnis wesentlich sind und nicht unverhältnismäßig in das Persönlichkeitsinteresse des Mieters eingreifen.

Die Frage nach Haustieren hat der Mieter immer dann wahrheitsgemäß zu beantworten, wenn im Mietvertrag geregelt ist, dass die Tierhaltung eine Erlaubnis des Vermieters voraussetzt. Ausgenommen hiervon sind wiederum die Kleintiere.

Tierhassende Nachbarn rechtfertigen nicht immer einen Unterlassungsanspruch

123recht.de: Wenn meine Nachbarn sich an meinem Tier stören, kann der Vermieter das Tier dann verbieten oder mir kündigen?

Rechtsanwältin Martin: Auch in einem solchen Fall muss konkret geprüft werden, ob Beeinträchtigungen vorliegen. Insofern kann diese Frage nicht generell beantwortet werden.

Beispielsweise wies das Amtsgericht Bückeburg eine Klage auf Unterlassung des Vermieters gegen den Mieter ab, der Schlangen in seiner Wohnung hielt. Völlig überzogene Abwehrreaktionen der Hausbewohner auf solche Tiere würden keinen Unterlassungsanspruch rechtfertigen (Az 73 C 353/99).

Gerichte gaben aber dem Vermieter Recht, der die Haltung eines Kampfhundes verboten hatte, auch wenn andere Hunde im Mietshaus gehalten wurden, vgl. LG München (Az I 13 E 14638/93); LG Nürnberg-Fürth (Az 7 S 3264/90).

123recht.de: Wenn ich mein Tier in der Wohnung halten darf, gilt das auch für den allgemeinen Bereich, z.B. den Garten?

Rechtsanwältin Martin: Bei der Beantwortung dieser Frage sind die Regelungen im Mietvertrag von entscheidender Bedeutung. Hat der Mieter auch einen Teil des Gartens mitgemietet, so darf auf diesem Stück des Gartens auch das Tier gehalten werden. Natürlich darf das Tier, beispielsweise ein Hund, zum Gassi gehen durch das Treppenhaus nach draußen geführt werden. Dies kann der Vermieter nicht verbieten.

Ansonsten hat sich der Mieter bei der Tierhaltung an die Regelungen der Kommune zu halten, wie etwa die Leinenpflicht für Hunde und ähnliches.

123recht.de: Was sollen Vermieter tun, die eine unzulässige Klausel zur Tierhaltung in Mietverträgen verwenden?

Rechtsanwältin Martin: Die Klausel ist unwirksam, sodass letztlich keinerlei Regelungen zur Tierhaltung im Mietvertrag mehr enthalten ist. Sollte der Vermieter dies ändern wollen, muss in den Mietvertrag eine neue Klausel aufgenommen und der Mietvertrag entsprechend geändert werden. Die Haltung von Hunden oder Katzen kann zulässigerweise unter Erlaubnisvorbehalt des Vermieters gestellt werden.

123recht.de: Vielen Dank für das Gespräch Frau Martin!

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