Telefonterror im Auftrag der Telekom

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Wenn der Anrufer nicht dran ist. Callcenter mit Wählcomputern sind eine Belästigung, egal in welcher Form.

Der Rechthaber.

Kaum war mein neues Telefon da, klingelte es auch schon. Irgendeine 0800-Nummer. Ich bin nicht drangegangen. Wird so ein Werbeanruf sein. Was weiß ich, wer sich da wieder meine Nummer ergaunert hat und mir jetzt etwas verkaufen will.

Blöderweise rief mich diese Nummer jetzt ständig an. Es gab maximal zwei Tage Pause, dann klingelte es wieder. *49 800 300 99 14. Im Schnitt rief mich "0800" alle zwei Tage an. Nach ein paar Wochen wurde mir das zu blöd. Der neue Plan: Rangehen und dem freundlichen Mitarbeiter vom Callcenter sagen, dass ich nichts kaufe und er meine Nummer aus seiner Liste streichen soll.

Einfacher gesagt, als getan. Als ich den nächsten Anruf von "0800" entgegennahm, erwartete mich am anderen Ende nur das Freizeichen. Tuuuuuuuut!

Von da an ging ich jedesmal ran, direkt beim ersten Klingeln von "0800".

Hallo? Hallo?

Keiner da.

Tuuuuuuuut!

Wenn man das 20 mal gemacht hat, fallen einem ziemlich viele Schimpfwörter ein, die allesamt nicht veröffentlicht gehören.

Will "0800" mir jetzt was verkaufen oder nicht? Warum terrorisieren die mich und legen direkt auf? Ich begann zu recherchieren. Callcenter arbeiten oft mit Wählcomputern oder so genannten Dialern, um die Agents maximal auszulasten und keine Zeit zu vertrödeln. Eine bestimmte Anzahl von Nummern wird gleichzeitig angerufen. Der erste Angerufene, der drangeht, hat den "Jackpot" gezogen und wird in einem persönlichen Gespräch mit einem lebendem Verkäufer belohnt. Eine Art Segnung. Alle anderen Anrufe werden dann mangels freier Agents abgebrochen. Tuuuuut.

Mein Ehrgeiz war geweckt. Sofort drangehen, nach einer Nanosekunde schon, das wär doch gelacht!

Tuuuuuut!

Keine Chance.

Wer steckte hinter den Anrufen? Ich verdächtigte ganz stark die Telekom, begannen die Anrufe doch ziemlich direkt, nachdem ich mein neues Telefon aktiviert hatte. Vielleicht will man mir einen neuen Tarif verkaufen. Ich wollte sichergehen und fragte bei der Bundesnetzagentur nach. Unter der Nummer 0661/9730290 erhielt ich Auskunft: Meine 0800-Nummer ist einer GmbH zugewiesen, Sitz in Berlin. Also doch nicht die Telekom. Oder ein Dienstleister der Telekom?

Unter 0291/9955206 kann man rausfinden, ob eine Telefonnummer bereits für missbräuchliche Telefonwerbung bekannt ist. Ich entschied mich aber für einen anderen Weg und rief "0800" jetzt einfach zurück. Ich wollte wissen, woher diese GmbH meine Nummer hatte.

Begrüßt wurde ich vom bekannten Jingle der Telekom. Also doch. Mein lustiger Serviceprovider steckte dahinter. Also wenigstens schon mal kein Anruf von einer wildfremden Firma, mit der ich nie was zu tun hatte. Nach kurzer Zeit in der Warteschleife durfte ich dann auch tatsächlich mit einem Menschen sprechen.

- Hallo, ich werde seit Wochen von eurer Nummer terrorisiert.

- Na, das ist aber ein Ding! Bitte nennen Sie mir Ihre Rufnummer, dann kann ich nachschauen, worum es bei diesen Anrufen geht. Ich rufe Sie in wenigen Minuten zurück und erkläre Ihnen den Grund für die Anrufe.

- Äh, nein. Ich will von euch überhaupt nicht mehr angerufen werden. Löscht meine Nummer ein für allemal aus dem Verteiler. Es ist die Hölle, ständig angerufen zu werden und nie ist jemand dran.

- Das kann ich nicht. Da müssen Sie sich direkt an die Telekom wenden.

In mir begann es zu kochen. Nach einiger Zeit konnten wir uns darauf einigen, dass der Callcenter als Dienstleister der Telekom keine künftigen Kundenkampagnen der Telekom komplett ausschließen kann. Das kann nur die Telekom. Sehr wohl aber konnten sie diese eine aktuelle Kampagne beenden und meine Nummer für diese eine Kampagne sperren. Ja, bitte!

Wenn man etwas über die Zulässigkeit von diesen Dialern recherchiert, stößt man unweigerlich auf die Bundesnetzagentur, die bereits 2009 diverse Wählcomputer oder auch "Predictive Dialer" abgeschaltet hat:

"Die ungebremste Automatisierung geht hier zu Lasten der Angerufenen. Die Vielzahl der Telefonanrufe, bei einzelnen Verbrauchern etwa mit 70 Anrufen pro Tag, führt zu einer unzumutbaren Belästigung und bedeutet einen massiven Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen. Einen Wettbewerbsvorsprung durch Belästigung zu erzielen, ist nicht hinnehmbar."

70 Anrufe pro Tag! Da bin ich ja noch glimpflich davongekommen. Ich empfinde aber auch Anrufe alle zwei Tage schon als Telefonterror, inbesondere, wenn dann keiner dran ist. Bin ich zu sensibel?

Ich glaube nicht. Diese Werbeanrufe ohne Verbindung - egal in welcher Frequenz - gehören komplett verboten. Nicht nur die krassen Abbrüche von 70 mal am Tag und mehr. Die Bundesnetzagentur sollte hier kategorisch einschreiten. Aber unabhängig von Gesetzen oder Gerichtsentscheidungen: Liebe Telekom, habt ihr euch schon mal Gedanken gemacht, wie solche Anrufe beim Kunden ankommen? Wie lautet nochmal euer Slogan?

"Erleben, was verbindet."

Tuuuut.

Genau.

Leserkommentare
von MBGucky am 17.01.2013 19:13:02# 1
Sind diese Werbeanrufe nicht mitlerweile komplett verboten, sofern man nicht ausdrücklich zugestimmt hat? Wenn mich nicht alles täuscht, sogar dann, wenn man Kunde des werbenden Unternehmens ist und auch, wenn die Zustimmung lediglich in den AGB steht oder man ein Opt-Out (Bereits gesetztes Häkchen, dass man abwählen muss, wenn man es nicht nutzen möchte) übersehen hat.
    
von miixx am 24.01.2013 20:21:26# 2
Kleiner Tip am Rande... Es handelt sich bei diesen Anrufen um die Mail / T-Net Box die gern eingerichtet werden möchte und nicht um ein Call-Center... aber viel Spass weiterhin beim cholerischen beschimpfen des eigenen Anrufbeantworters
    
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