Tätigkeit im EU Ausland

3. Juli 2017 Thema abonnieren
 Von 
norrington
Status:
Frischling
(14 Beiträge, 1x hilfreich)
Tätigkeit im EU Ausland

Hallo,

Person X ist 29 Jahre alt, ledig und in Steuerklasse I.

Person X hat im letzten Jahr insgesamt rund 195 Tage im EU Ausland gelebt und gearbeitet. Während dieser Zeit besaß Person X keinerlei Wohnungen etc. in Deutschland, und war auch dieser Zeit nicht in Deutschland gemeldet und hat dort nicht gearbeitet.

Nach rund 195 Tage ist Person X zurück nach Deutschland gezogen und hat dort gearbeitet.

Nun muss laut Finanzamt Y folgendes gelten:

„Bezüglich der Einkünfte aus dem EU-Ausland muss bei der Festsetzung der Einkommenssteuer ein besonderer Steuersatz nach Progressionsvorbehalt angewendet werden, wenn ein zweitweise unbeschränkt Steuerpflichtiger ausländische Einkünfte bezogen hat, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommenssteuer unterlagen gemäß Paragraph 32 d EstG."

Weiterhin betrug laut Finanzamt Y das zu versteuernde Einkommen rund 30.200 EUR, wovon die Einkommenssteuer rund 8.000 EUR beträgt.

zwei Fragen dazu:

1. Stimmt die Aussage des Finanzamtes?
2. Und wie kann bitte bei einem zu versteuerndes Einkommen von gerade einmal 30.200 EUR eine saftige Einkommenssteuer von rund 8.000 EUR zustande kommen?! Ist das nicht ein wenig zu hoch?

Vielen Dank im Voraus.

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8 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Garfield73
Status:
Student
(2112 Beiträge, 734x hilfreich)

Zitat:
Nach rund 195 Tage ist Person X zurück nach Deutschland gezogen und hat dort gearbeitet.


Das heißt, X hatte ab diesem Zeitpunkt wieder einen Wohnsitz in Deutschland und war somit für das gesamte Jahr mit seinem Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig. Nachzulesen im allerersten Satz des EStG ;-)

Gemeint ist wohl § 32 b.

Steuer wird nur auf das in Deutschland erzielte Einkommen berechnet, allerdings mit dem Steuersatz, wie er auf das Welteinkommen angefallen wäre.
Kann also schon hinkommen, ohne genaue Zahlen kann das aber keiner sagen.
Sofern die richtigen Zahlen eingegeben wurden rechnen die Programme des FA aber schon richtig :-)

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#2
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47501 Beiträge, 16808x hilfreich)

Wenn das Gesamteinkommen ca. 55.000€ betragen hat, dann beträgt die anteilige Steuerlast für 30.000€ ca. 8.000€, denn auf 55.000€ fallen ca. 14.700€ an.

Du wirst damit genauso behandelt wie ein Steuerpflichtiger, der das ganze Jahr in Deutschland gearbeitet hat, in den ersten 195 Tagen 25.000€ verdient hat und im Rest der Jahres 30.000€. Der muss auf die 30.000€ auch 8.000€ Steuern zahlen.

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#3
 Von 
norrington
Status:
Frischling
(14 Beiträge, 1x hilfreich)

Zitat (von hh):
Wenn das Gesamteinkommen ca. 55.000€ betragen hat, dann beträgt die anteilige Steuerlast für 30.000€ ca. 8.000€, denn auf 55.000€ fallen ca. 14.700€ an.

Du wirst damit genauso behandelt wie ein Steuerpflichtiger, der das ganze Jahr in Deutschland gearbeitet hat, in den ersten 195 Tagen 25.000€ verdient hat und im Rest der Jahres 30.000€. Der muss auf die 30.000€ auch 8.000€ Steuern zahlen.


ah okay, das macht schon mehr sinn.

kurze frage dazu: das gesamte einkommen, dass im EU ausland verdient wurde, wurde in voller höhe direkt im EU Ausland vollversteuert - Nachweis im Finanzamt Y ebenfalls eingereicht.
Gilt dann deine obige Rechnung trotzdem?
Dachte es gibt dafür das Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men, damit eben nicht die Einkünfte aus dem EU Ausland herangezogen werden, sondern eben nur die Einkünfte in DE.

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#4
 Von 
Charlie@098
Status:
Schüler
(441 Beiträge, 264x hilfreich)

Das DBA ist in deinem Fall nicht relevant, da du während deines Aufenthalts im Ausland keinen Bezug zu Deutschland hattest. Das wichtigste , wie man es schon erklärt hat, du warst im Kalenderjahr eine Zeitlang unbeschränkt einkommensteuerpflichtig in Deutschland.

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#5
 Von 
Garfield73
Status:
Student
(2112 Beiträge, 734x hilfreich)

Durch die Progression wirst Du nicht schlechter gestellt, sondern nur genauso behandelt, wie wenn Du das ganze Jahr in D gewesen wärst.
Beispiel, wobei die Zahlen keinerlei Bezug zur Realität haben:
Du arbeitest 6 Monate in F, verdienst dort 30000 Euro, Steuer für die 30000 Euro = 10000 Euro
Du arbeitest 6 Monate in D, verdienst hier ebenfalls 30000 Euro, Steuer ebenfalls 10000 Euro.

Hättest Du das ganze Jahr in D gearbeitet und 60000 Euro verdient wäre aber 30000 Euro Steuern fällig gewesen (wegen dem steigenden Steuersatz bei höherem Einkommen).
Somit wärst Du durch die Arbeit im Ausland günstiger gefahren als jemand, der die ganze Zeit in D gearbeitet hätte.
Deshalb rechnet man nun die Steuern für die 30000 mit dem Steuersatz aus, der für 60000 angefallen wäre, also in diesem Beispiel 15000 Euro.
F macht das übrigens höchstwahrscheinlich genauso, wenn man dort auch die deutschen Einkünfte angibt ...

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
norrington
Status:
Frischling
(14 Beiträge, 1x hilfreich)

Zitat (von Garfield73):

Hättest Du das ganze Jahr in D gearbeitet und 60000 Euro verdient wäre aber 30000 Euro Steuern fällig gewesen (wegen dem steigenden Steuersatz bei höherem Einkommen).


alles klar. super! das macht sinn.

Danke für eure tollen Antworten!

Das heißt also:

das Einkommen, dass im EU Ausland bereits versteuert und herangezogen wurde, muss in Deutschland erneut versteuert und herangezogen werden, da ich keinen Bezug zu Deutschland hatte, richtig?

Aber dann verstehe ich folgendes nicht, laut dem DBA mit den Niederlanden gilt doch folgendes:

Das Land, in dem der Steuerzahler wohnt, hat das Besteuerungsrecht
* wenn dieser sich nicht länger als 183 Tage im Jahr in dem anderen Staat aufhält (wobei diese Regelung kumulativ betrachtet werden muss, die Tage können sich also aufaddieren)

Siehe:
http://www.gevestor.de/details/doppelbesteuerungsabkommen-niederlande-und-deutschland-644569.html#

Person X war über 183 Tage in den Niederlanden arbeitstätig, d.h. das Besteuerungsrecht liegt bei den Niederlanden und nicht in Deutschland, dann müssten doch auch die Einkünfte nur in den Niederlanden versteuert werden, oder habe ich das falsch verstanden?

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47501 Beiträge, 16808x hilfreich)

Zitat:
das Einkommen, dass im EU Ausland bereits versteuert und herangezogen wurde, muss in Deutschland erneut versteuert und herangezogen werden, da ich keinen Bezug zu Deutschland hatte, richtig?


Nein, das Einkommen, das im EU-Ausland bereits versteuert wurde, wird nicht in Deutschland erneut versteuert.

Das in Deutschland bezogene Einkommen wird aber mit dem gleichen Prozentsatz versteuert, den jemand zahlen müsste, der das gleiche Jahresgesamteinkommen wie Du hatte.

Ich möchte das mal an einem etwas extremeren Beispiel deutlich machen:
Jemand hat im Ausland von Jan-Okt. 40.000€ verdient, ist dann nach Deutschland umgezogen und hat von Nov-Dez in Deutschland 8.000€ verdient.
Nur die 8.000€ sind in Deutschland steuerpflichtig und da das unter dem Grundfreibetrag liegt, wären eigentlich 0€ Steuern in Deutschland fällig. Das wäre aber extrem ungerecht, da derjenige ja gar nicht am Existenzminimum gelebt hat. Insgesamt hat er 48.000€ verdient. Daher wird geschaut, welcher Steuersatz auf 48.000€ anfällt. Darauf fallen ca. 12.000€ Steuern an, also 25%.

Der Progressionsvorbehalt bewirkt nun, dass die 8.000€, die in Deutschland verdient wurden nicht mit 0%, sondern mit 25% besteuert werden, so wie es bei jemanden, der das ganze Jahr in Deutschland mit gleichem Einkommen gearbeitet hat, auch gewesen wäre. Er muss also 2.000€ Steuern zahlen. Die 40.000€, die im Ausland verdient wurden, bleiben aber in Deutschland steuerfrei.

Es wäre nicht gerecht, wenn jemand, der einen Teil des Jahres im Ausland gewohnt und gearbeitet hat, bei ansonsten gleichen Verhältnissen viel weniger Steuern zahlen müsste.

Zitat:
Person X war über 183 Tage in den Niederlanden arbeitstätig, d.h. das Besteuerungsrecht liegt bei den Niederlanden und nicht in Deutschland, dann müssten doch auch die Einkünfte nur in den Niederlanden versteuert werden, oder habe ich das falsch verstanden?


Das hast Du falsch verstanden.

Die 183-Tage Regelung gilt für den Fall, dass Du mit Wohnsitz in Deutschland und für einen deutschen Arbeitgeber mehr al 183 Tage in den Niederlanden arbeitest. So ein Fall liegt bei Dir nicht vor.

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
norrington
Status:
Frischling
(14 Beiträge, 1x hilfreich)

Super, danke! Das macht Sinn.

Viele Dank und schöne Woche!

0x Hilfreiche Antwort

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