100 %-Sanktionen bei Hartz IV-Empfängern setzen gleichzeitige Entscheidung über die Bewilligung von ergänzenden Sachleistungen voraus

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Die Argen haben über § 31 SGB II umfangreiche Möglichkeiten, Beziehern von Hartz IV-Leistungen die Regelleistung und auch die Unterkunftskosten bis zu 100 % zu kürzen. Wird eine solche Sanktion verhängt, sollte stets sorgfältig geprüft werden, ob der Absenkungsbescheid rechtmäßig ist.

Die Landessozialgerichte Berlin-Brandenburg (Beschlüsse vom 16.12.2008 – L 10 B 2154/08 AS ER und vom 12.02.2010 - L 28 AS 2089/09 B ER) und Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom L 7 B 211/09 AS ER v. 09.09.09)  haben entschieden, dass im Falle einer 100 %-Absenkung die Behörden in verfassungskonformer Auslegung zeitgleich mit dem Absenkungsbescheid auch eine Entscheidung über die Bewilligung von ergänzenden Sachleistungen wie z. B. Lebensmittelgutscheinen zu treffen haben.

Ist dies nicht der Fall, ist der Absenkungsbescheid rechtswidrig. In diesem Fall muss neben einem Widerspruch zugleich ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beim zuständigen Sozialgericht gestellt werden, um die Durchführung der Sanktion abzuwenden.

Es reicht nicht aus, dass in dem Sanktionsbescheid der bloße Hinweis erteilt wird, ergänzende Sachleistungen könnten beantragt werden.

Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Überlegung, dass den Betroffenen die Geldleistungen vollständig entzogen werden und es durch verzögerte Beantragung von Lebensmittelgutscheinen zu akuten Existenzproblemen kommen kann. Auch ist es so, dass die Beiträge zur Krankenversicherung nur dann weiter geleistet werden, wenn zumindest ergänzende Sachleistungen erbracht werden. Es drohen hohe Beitragsrückstände. 

Die Entscheidungen zeigen einmal mehr, wie vielfältig, aber auch schwierig die Materie des Sozialrechts ist.

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