Sex ohne Schöpfungshöhe

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Das haben wir jetzt von Shades of Grey: Richter halten Hardcore-Pornos für primitiv

Da soll mal einer sagen, Jura wäre nicht interessant. Zumindest das Urheberrecht bietet immer wieder Anlass für kuriose Fälle und Entscheidungen aus der Mitte des Lebens. Dem Schoß des Lebens sogar, in diesem Fall. Diesmal musste sich ein Münchener Landgericht mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Pornofilm urheberrechtlichen Schutz haben kann. Die klare Entscheidung der Richter: Primitiver Sex ist keine Kunst. Primitiver Sex hat keine Schöpfungshöhe und ist somit nicht schutzwürdig.

Ungeschützter Sex sozusagen. Es ging um zwei Hardcore-Pornos aus den USA, einer knapp 8 und der andere knapp 20 Minuten lang. Die Filme tauchten in Deutschland in Tauschbörsen auf, was - natürlich - zu Abmahnungen durch die Produzenten führte. Doch bei den bayerischen Richtern stießen die Porno-Macher auf ungewöhnlich "harte" Widerstände.

Wenn man über die Schöpfungshöhe eines Filmes urteilen will, muss man den Film zunächst mal gesehen haben. Wir stellen uns also die Richter des Landgerichts vor, die sich für einen abend bei Bier und Chips im Richterzimmer zum Augenschein verabredet haben. Füße hoch, Glotze an, ernste Miene zur Schau stellen. Bloß nicht unangenehm auffallen.

"Kannst Du noch ein Bier holen?" - "Nein, ich kann gerade nicht aufstehen."

Anscheinend haben weder die Handlung der Filme noch die gezeigte Performance bei den Richtern etwas ausgelöst. Die Stellung kenne ich schon. Das sieht man doch regelmäßig. Nichts Neues unter der Sonne. Laaangweilig. Das kann ich auch. "Zärtliche Cousinen" hat mir besser gefallen.

Nach Ansicht der Richter werden in den zwei Filmen "lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise" gezeigt. Gut, eine oskarreife Handlung ist bei Hardcore-Filmen nicht zu erwarten. Die Richter vermissten anscheinend aber auch Klassiker-Sätze wie: "Warum liegt hier überhaupt Stroh?"

Der sexuelle Austausch ist ja nun der ureigenste schöpferische Akt in diesem Universum - kann doch ein Kind daraus entstehen. Das letzte große Wunder unserer Zeit. Umso erstaunlicher, dass die "Schöpfungshöhe" bei den beiden Filmen nicht erreicht wurde. Ein Porno ohne Höhepunkt. Noch erstaunlicher ist, dass bereits jeder zufällige Schnappschuss mit dem Fotoapparat allgemein schutzwürdig ist.

Keine Höhe, kein Punkt. Keine Reize, keine Gefühle, kein neu, kein nichts. Es gibt mehrere Erklärungsansätze für das Scheitern der amerikanischen Produzenten. Die Richter sind entweder aufgrund der medialen "Shades of Grey" Dauerbefeuerung total abgestumpft - oder sie wollten einfach mal coole Rebellen sein.

"Die gängige Rechtsprechung ist mir zu Mainstream."

Von der überprüfenden Instanz erwarten wir jetzt natürlich, dass die Schöpfungshöhe für Pornos genau definiert wird. Dann wieder zurück an das Landgericht, damit die beiden Filme diesbezüglich noch einmal von den rebellischen Richtern "in Augenschein" genommen werden.

Wer wollte da nicht Mäuschen spielen, im Richterzimmer.

Leserkommentare
von Rechtsanwalt Kai Jüdemann am 08.07.2013 17:30:45# 1
Nachvollziehbar, dass Regieanweisungen, wie "wackel mit dem Hintern" etc nicht zur ausreichenden Schöpfunhöhe führen. Ungeachtet dessen genießen die Porno Laufbildschutz- der Unterschied besteht dann allerdings beim Gegenstandswert. Ich bin der Ansicht, dass Produktionskosten und Auswertungszeitraum unter dem eines durchschnittlichen Songs liegen, heißt Gegenstandswert zwischen 2 und 3 TSD.
Kann ich das Aktenzeichen des Verfahrens erfahren ?

Grüße aus Berlin
Kai Jüdemann
Rechtsanwalt
    
von 123recht.de am 09.07.2013 11:35:25# 2
Hallo Herr Jüdemann,

das Aktenzeichen ist: Az. 7 O 22293/12, Landgericht München.

Viele Grüße!
    
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