Schwarzbau und Bestandsschutz?

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Schwarzbau und Bestandsschutz?

Immer wieder trifft man auf die landläufige Meinung, ein Schwarzbau, also ein ungenehmigt errichtetes Gebäude, dessen fehlende Baugenehmigung längere Zeit unentdeckt geblieben ist, komme allein durch Zeitablauf in den Genuss des Bestandsschutzes mit der Folge, dass eine Baubeseitigung nicht mehr angeordnet werden dürfte. Diese Einschätzung ist unzutreffend und hat so manchen vorschnellen Bauherrn bereits ein Vermögen gekostet.

Wird eine bauliche Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, kann die Bauaufsichtsbehörde eine Beseitigungsanordnung bzw. Abbruch-/Abrissverfügung treffen.

Diese Beseitigungsanordnung kann beim Schwarzbau gegebenenfalls noch dadurch verhindert werden, dass durch die nachträgliche Einholung der Baugenehmigung und durch eventuelle bauliche Abänderungen am Gebäude doch noch ein rechtmäßiger Zustand hergestellt wird.

Ist dies aber unmöglich, weil die Errichtung oder Änderung der baulichen Anlage grundsätzlich nicht genehmigungsfähig war und ist, besteht keinerlei Bestandsschutz, und zwar auch dann nicht, wenn die bauliche Anlage schon jahrelang steht.

Bestandsschutz besteht nur dann, wenn das betreffende Gebäude zwar nach dem derzeit geltenden Recht nicht mehr genehmigt werden dürfte, aber früher formell und materiell rechtmäßig war. Bestand zu irgendeinem Zeitpunkt die Rechtmäßigkeit des Vorhabens, dann ergibt sich hieraus das Recht, diesen Zustand erhalten zu dürfen ( passiver Bestandsschutz ). Dies gilt allerdings auch nur für die frühere rechtmäßige Nutzung. Wird die Nutzung im Laufe der Zeit geändert, z.B. Gewerbenutzung statt Wohnraum, und war diese zu keinem Zeitpunkt zulässig, dann entfällt damit auch der Bestandsschutz für das Gebäude.

Eine besondere Form des (aktiven) Bestandsschutzes ist gesetzlich in § 35 Abs. 4 BauGB geregelt. Danach kann aufgrund des Schutzes einer bereits vorhandenen baulichen Anlage im Außenbereich ein hiermit zusammenhängendes weiteres bauliches Vorhaben oder eine Nutzungsänderung gestattet werden, auch wenn dies nach der aktuellen Rechtslage eigentlich nicht möglich wäre. Hierbei handelt es sich um

  • die Änderung der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung eines Gebäudes
  • die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle
  • die Neuerrichtung eines zerstörten, gleichartigen Gebäudes
  • die Änderung oder Nutzungsänderung eines das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäudes
  • die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen
  • die bauliche Erweiterung eines gewerblichen Betriebs

Allerdings knüpft auch dieser Bestandsschutz an eine bauliche Anlage an, die einmal rechtmäßig errichtet worden ist. Der Begriff des Bestandsschutzes ist somit erheblich enger als gemeinhin angenommen.


Martin Spatz
Rechtsanwalt

www.raspatz.com

Leserkommentare
von 83Hummel am 12.05.2020 19:48:34# 1
Sehr geehrter Herr Spatz,
in unserem Ort gibt es vor den Häuser zur Straße hin Grünflächen die nicht bebaut werden dürfen.Mein Vater musste jetzt als einzigster zurück bauen obwohl ein Bauantrag nachgereicht wurde.Bei den anderen 7 Grundstücke passiert nichts,kann das rechtens sein?Mein Vater wollte ein Vergleich oder wissen wie die anderen zu einer Genehmigung gekommen sind.Ein betroffener sitzt sogar selber im Ortschaftsrat wo über andere entscheidet.
Mfg.D.Hummel
    
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