Schulrecht / Auswahlverfahren - Wahl der zweiten Fremdsprache am Gymnasium

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(Beschluss Verwaltungsgericht Dresden 5. Kammer vom 23.07.2010, Aktenzeichen: 5 L 342/10)

Sachverhalt

Dipl. jur. Ramona Hellwig
Rechtsanwältin
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Schulrecht, Medienrecht, Prüfungsrecht - Prüfungsanfechtung, Hochschulrecht, Sozialrecht

A besuchte im Schuljahr 2009/2010 die Klassenstufe 5 des Gymnasiums X. Die Klassenstufe bestand im Schuljahr 2009/2010 aus vier Klassenzügen mit jeweils 24 Schülern.

Das Gymnasium befindet sich im Aufbau. Räumlich ist das Gymnasium noch in einem Provisorium untergebracht, in dem sich 14 Klassenzimmer befinden. Da die Fläche der 14 Klassenzimmer jeweils nur 48 m² beträgt, ist die Anzahl der Schüler, die in einem Klassenzimmer untergebracht werden können, aus organisatorischen Gründen und zur Mindestsicherung von Fluchtwegen auf höchstens 24 Schüler begrenzt

Für die 96 Schüler der ehemaligen Klassenstufe 5 steht im Schuljahr 2010/2011 der Beginn des Unterrichts in der zweiten Fremdsprache an, der klassenzugübergreifend in den Fächern Spanisch oder Französisch erteilt werden soll. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und künftigen Einsatzmöglichkeiten der der Schule zugewiesenen Lehrkräfte für die beiden vorgenannten Fremdsprachen wurde die schulorganisatorische Entscheidung getroffen, dass im Schuljahr 2010/2011 in der Klassenstufe des A, also der Klassenstufe 6, zwei Gruppen von jeweils 24 Schülern in Französisch und zwei Gruppen von jeweils 24 Schülern in Spanisch unterrichtet werden sollen.

Die 96 Schüler bzw. deren Eltern mussten sich im Schuljahr 2009/2010 über die Wahl der zweiten Fremdsprache entscheiden. 73 Schüler, darunter der A haben sich für Spanisch entschieden. Nach Anhörung von Eltern und Elternvertretungen führte der Schulleiter des Gymnasiums ein Auswahlverfahren durch, um zu bestimmen, welche 48 Schüler von den 73 Bewerbern im Fach Spanisch unterrichtet werden sollten.

Zunächst wurden Kriterien dafür aufgestellt, welche Schüler aus bestimmten Gründen vorab für Spanisch ausgewählt werden sollten. Von diesen Kriterien war vorliegend nur ein Kriterium einschlägig. Danach sollten Geschwisterkinder mit maximal zwei Jahren Altersunterschied auf Wunsch dieselbe Fremdsprache erlernen dürfen wie ihr älterer Bruder oder ihre ältere Schwester. Unter Anwendung dieses Kriteriums wurde ein Schüler vorab für Spanisch gesetzt. Von den verbleibenden 72 Bewerbern für Spanisch wurden in einem Losverfahren 25 Schüler für Französisch ausgelost, darunter der A. Nach den aufgestellten Kriterien wurde es den Schülern gestattet, die zugewiesenen Fremdsprachenplätze innerhalb eines Klassenzuges nach Absprache mit ihren Eltern und der Schulleitung zu tauschen. Ein Schüler, der für Spanisch ausgelost wurde, hat seinen Platz vor seiner bereits feststehenden Abmeldung vom Gymnasium mit einem Französischschüler seiner Klasse getauscht. Der frei gewordene Platz in Französisch ist mit einer neu am Gymnasium aufgenommenen Schülerin besetzt worden.

Beim Losverfahren wurde die Kopplung in der Weise beachtet, dass zu 18 Schülern des Klassenzuges 5/1, die sich für Französisch entschieden hatten, 6 Schüler des Klassenzuges 5/2 hinzugelost wurden, und die übrigen 19 Schüler, die zu Französisch hinzugelost wurden, aus den Klassenzügen 5/3 und 5/4 stammten.

Entscheidung

Angesichts der Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 3 SOGY, wonach kein Rechtsanspruch auf Schulunterricht in einer bestimmten Fremdsprache besteht, ergibt sich der Anordnungsanspruch vorliegend wohl nicht aus einer Verpflichtung des Antragsgegners zur Bildung einer dritten Spanischklasse und zur Ausrichtung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten an der Fremdsprachenwahl der Schüler. Dies kann ebenso dahinstehen wie die Fragen, ob das grundsätzlich zulässige Losverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde angesichts der Tatsache, dass aufgrund der vorgenommenen Koppelung z. B. für Schüler des Klassenzuges 5/4 eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit bestand, für Französisch ausgelost zu werden als für Schüler der Klassenstufe 5/2, und ob Geschwisterkinder angesichts der erheblichen Kapazitätsbegrenzung für das Fach Spanisch überhaupt bevorzugt werden durften.

Der Anordnungsanspruch ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass im Schuljahr 2010/2011 noch freie Kapazität vorhanden ist und angesichts dessen die auf § 11 Abs. 3 Satz 1 SOGY beruhende Wahl für die Fremdsprache Spanisch von ausschlaggebender Bedeutung für die gerichtliche Zuweisung eines Unterrichtsplatzes in einer Spanischgruppe an den A ist, um eine die Neigungen und Fähigkeiten des Schülers (§ 1 Abs. 1 SächsSchulG) berücksichtigende Beschulung sicherzustellen.

Im Schuljahr 2010/2011 sind am Gymnasium X insgesamt noch 8 Unterrichtsplätze in den beiden Spanischgruppen der Klassenstufe 6, die vom Raumangebot im neuen Sprachkabinett und der zulässigen Klassenobergrenze (§ 4a Abs. 2 SächsSchulG) her mit jeweils 28 statt 24 Schülern geführt werden können, nicht besetzt worden, davon 4 Plätze in der aus den ehemaligen Klassenzügen 5/3 und 5/ 4 gebildeten Spanischgruppe.

Ebenso wie im gerichtlichen Verfahren zur einstweiligen Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität sind bei der gerichtlichen Verpflichtung zur Vergabe zusätzlicher Plätze nur die Antragsteller der gerichtlichen Eilverfahren zu berücksichtigen, nicht jedoch weitere Bewerber, die lediglich beim Antragsgegner Gegenvorstellungen gegen das Vergabe und Auswahlverfahren erhoben haben. Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob das Kriterium des gemeinsamen Erlernens einer Sprache in der Schule im vorliegenden Zusammenhang überhaupt ein sachgerechtes Auswahlkriterium ist. Im vorliegenden Fall ist dieses Kriterium zusätzlich auch deshalb nicht von Bedeutung, weil die beiden Geschwister nicht einmal dieselbe Schule besuchen, die Schwester der vorerwähnten Schülerin keine öffentliche Schule besucht und die Eltern daher erkennbar keinen Wert auf einen Gleichklang der Ausbildung der beiden Geschwister legen.

Für A sind nach alledem noch 4 Plätze in der aus den Klassenzügen 6/3 und 6/4 gebildeten Spanischgruppe vorhanden, von den ein Platz für A bis zur Zustellung der gerichtlichen Eilentscheidung freigehalten werden und der nunmehr vorläufig an den A zu vergeben sind.

Der Anordnungsgrund (besondere Eilbedürftigkeit) ergibt sich offenkundig aus dem unmittelbar bevorstehenden Beginn des Schuljahres 2010/2011.