Schlecker Insolvenz

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Schlecker, Insolvenz, Kündigung, Kündigungsschutzklage, Interessenausgleich
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Kündigung - was nun?

Nach dem Scheitern der Gründung einer Transfergesellschaft steht fest, dass die gekündigten Schlecker-Beschäftigten bald „auf der Straße stehen". Insgesamt ist von 10.000 Beschäftigten die Rede, die Kündigungen erhalten haben.

Für diese Beschäftigten stellt sich die Frage, ob sie sich gegen die Kündigung gerichtlich zur Wehr setzen sollen.

Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz?

Das Insolvenzverfahren hindert die Beschäftigten nicht daran, eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Voraussetzung für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist grundsätzlich, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung sechs Monate bestanden hat und mehr als zehn Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sind (§ 23 Abs. 1 KSchG). Bezüglich des betrieblichen Geltungsbereichs ist in Hinblick auf die Schlecker Filialen auf die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG 27.1.1998 – BvL 15/87) geforderte verfassungskonforme Auslegung hinzuweisen, wonach § 23 Abs. 1 KSchG nur auf kleinere Arbeitgeber anzuwenden ist und nicht auf solche Unternehmen, die in zahlreiche Kleinbetriebe gespalten sind. Im Hinblick auf Filialbetriebe im Einzellhandel entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass mehrere Betriebsstätten ohne gemeinsame räumliche Unterbringung zu einem Gemeinschaftsbetrieb zusammenzufassen sind, wenn die Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt werden (BAG 23.4.198, NZA 98, 995). Das Kündigungsschutzgesetz dürfte vor diesem Hintergrund auch bei Schließung einer Schlecker-Filiale insoweit Anwendung finden.

Dringende betriebliche Erfordernisse?

Ist dies der Fall, kann die Kündigung der Schlecker Beschäftigten allein auf die Eröffnung des Insolvensverfahrens nicht gestützt werden. Es müssen vielmehr dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Mit der Schließung einer Filiale ist die Beschäftigungsmöglichkeit dort ersatzlos entfallen. Allerdings stellt der – in Bezug auf den bisherigen Arbeitsplatz gegebene  -  Wegfall noch nicht ohne weiteres ein dringendes betriebliches Erfordernis dar. Zu prüfen wäre, ob zum Kündigungszeitpunkt die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des  Arbeitnehmers innerhalb des Beschäftigungsbetriebes oder innerhalb des Unternehmens besteht.

Richtige Sozialauswahl?

Zu prüfen ist bei der betriebsbedingten Kündigung im Insolvenzfall auch, ob soziale Auswahlerwägungen beachtet worden sind. Grundsätzlich hat die Sozialauswahl nur bezogen auf den Beschäftigungsbetrieb zu erfolgen. In Hinblick auf den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer wird zu klären sein, inwieweit die geschlossene Filiale einen eigenständigen Betrieb darstellt. Grundsätzlich setzt ein Betrieb im Sinne des KSchG voraus, dass sich dort ein entsprechender „Leitungsapparat" bzw. eine Leitung befindet, die die Gesamtheit der für die Erreichung des arbeitstechnischen Gesamtzwecks eingesetzten Mittel lenkt und sich auf die wesentlichen Arbeiter-Funktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten erstreckt (vgl. BAG 26.8.1971 – 2 AZR 233/70).

Interessenausgleich gemäß § 125 InsO?

Die dem Arbeitgeber grundsätzlich obliegende Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der betrieblichen Erfordernisse der Kündigung, erfährt eine Einschränkung, wenn zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich mit Namenslisten der zu kündigenden Arbeitnehmer zustande kommt. In diesem Fall wird die Betriebsbedingtheit der Kündigung vermutet. Die Vermutungswirkung kann jedoch durch substantiierten Vortrag entkräftet werden. Zudem wird die soziale Auswahl der Arbeitnehmer nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft. Ob ein solcher (wirksamer) Interessenausgleich vorliegt, ist ebenfalls zu prüfen.

Sozialplan?

Es gilt zu beachten, cb ein Sozialplan nach § 112 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz d.h. eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über den Ausgleich oder die Minderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern des Betriebs infolge einer vom Arbeitgeber geplanten Betriebsänderung entstehen, zustande gekommen ist bzw. zustande kommt. Von Bedeutung sind hier in erster Linie, ob entsprechende Abfindungsansprüche für die entlassenen Arbeitnehmer vereinbart sind. Jedoch auch im Fall des Zustandekommens eines Sozialplans ist der Arbeitnehmer nicht gehindert, Kündigungsschutzklage zu erheben. Es wäre unzulässig, Arbeitnehmer im Falle der Erhebung von Sozialplanabfindungen auszunehmen.

Kündigungsschutzklage?

Insgesamt empfiehlt es sich, ein gerichtliches Vorgehen im Rahmen einer Kündigungsschutzklage zu prüfen bzw. prüfen zu lassen. Dabei ist die zu beachten, dass die Unwirksamkeit der Kündigung innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung gerichtlich geltend gemacht werden muss. Soweit die betroffenen Schlecker-Beschäftigten rechtsschutzversichert sind, dürfte eine Klageerhebung in jedem Fall zur Sicherung ihrer Rechte angezeigt sein. Anderenfalls ist jedenfalls eine anwaltliche Beratung in Betracht zu ziehen.

Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang auch mein Artikel:

Schlecker meldet Insolvenz an - Folgen des Insolvenzantrages für die Beschäftigten

http://www.123recht.de/Schlecker-meldet-Insolvenz-an-__a109581.html

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