Schlagzeug und Klavier im Mehrfamilienhaus - und immer dieser Lärm

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Musikinstrumente und deren Nutzung im Mehrparteienhaus

Vielfältige und regional unterschiedliche Rechtsprechung

Die Rechtsprechung zur Frage des Musizierens im Mehrfamilienhaus (WEG oder Mietshaus) reicht von eineinhalb Stunden täglich (Amtsgericht Frankfurt) über zwei Stunden täglich (Oberlandesgericht Düsseldorf, I-9 U 32/05) bis zu drei Stunden täglich (Bayerisches Oberstes Landgericht, 2 ZBR 55/95). Meistens darf nur wochentags bis 20 Uhr beziehungsweise 19 Uhr an Sonn- und Feiertagen gespielt werden. Oft wird auch auf Hausordnungen oder Mietvertragliche Abreden abgestellt, in denen die Einhaltung einer Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr vorgeschrieben wird.

Lärm durch Musizieren im Mehrfamilienhaus ist ein gängiges und häufig auftretendes Rechtsproblem, welches regional von der Rechtsprechung unterschiedlich gehandhabt wird. Durchgängig wird jedoch in der Rechtsprechung eine Beschränkung zu Gunsten der durch den Lärm beeinträchtigten Bewohner bzw. Mieter vorgenommen. Ein genereller Ausschluss wird nicht vorgenommen. Das LG Nürnberg-Fürth spricht ein generelles Sonntagsverbot bei Schlagzeug aus, andere Gerichte beurteilen dies jedoch abweichend. Hervorzuheben ist, dass es sich um Einzelfallentscheidungen handelt, die nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden können.

Schlagzeugspiel

Das LG Nürnberg-Fürth sieht für Schlagzeug folgende „Ruhezeiten" vor: Sonntag ganztägig, Werktags und Sonnabend zwischen 12:00 Uhr und 15.00 Uhr, 22:00 Uhr bis 8.00 Uhr, wobei die Spielzeit 45 Minuten im Sommer, 90 Minuten im Winter beträgt.

Das LG Nürnberg-Fürth hat in einer älteren Entscheidung, die bis heute aber in der Rechtsprechung zitiert wird, festgehalten, dass es den Nachbarn eines Schlagzeugspielers zumutbar ist, gewisse Beeinträchtigungen zu dulden und es dem Schlagzeugspieler entsprechend den Regeln zum nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis zu ermöglichen, seinem Hobby nachzugehen; die Nachbarn können von ihm verlangen, dass sie in festgelegten täglichen Ruhezeiten nicht durch von ihm verursachte Schlagzeuggeräusche beeinträchtigt werden (LG Nürnberg-Fürth ,13 S 5296/90)

Das Landgericht entschied, dass zunächst während der allgemeinen Ruhezeiten zwischen 12 und 15 Uhr und 22 und 8 Uhr sowie sonntags das Schlagzeugspiel störend und nicht nur unwesentlich beeinträchtigend ist.

Darüber hinaus entschied das Gericht im konkreten Fall, dass die Spielzeit nach 19 Uhr zu unterlassen ist. Nach den allgemeinen Geschäfts- und Ladenschlusszeiten ist zu dieser Zeit von der Rückkehr motorisierter Anwohner auszugehen, so dass nach 19 Uhr mit fast ungestörter Ruhe zu rechnen sei. Ab diesem Zeitpunkt erachtete das Gericht die durch das Schlagzeugspiel bedingte Geräuschentwicklung als unzumutbar. Denn anders als bei der üblichen Hausmusik geht es beim Schlagzeugspiel um überwiegend tiefe Frequenzen, die impulsartig eindringen. Die stark rhythmische Komponente lässt immer wieder aufhorchen und verursacht Ablenkungen im Gegensatz zu leicht dahinplätschernder Unterhaltungsmusik. Dies sei entscheidend und nicht die Höhe der Phon- und Dezibelwerte.

Das Gericht beschränkte die Spieldauer auf 45 Minuten im Sommer und 90 Minuten im Winter. Es führte dazu aus, dass dem Schlagzeugspieler in den Sommermonaten nicht jegliches Üben untersagt werden kann. Dies müssen die Kläger ebenso hinnehmen wie gelegentliche Störungen durch andere Nachbarn, wie Gartenfeste oder rasenmähen. Es ist zu berücksichtigen, dass sich die Kläger im Garten erholen wollen. Dem gegenüber hält man sich in den kälteren Jahreszeiten kaum im Garten auf, so dass eine längere Spieldauer zumutbar wird. Vor allem könnten die Kläger die Geräusche dadurch neutralisieren, dass sie ihrerseits Tonempfangs- bzw. Wiedergabegeräte in Betrieb setzten.

Soweit die Rechtsprechung eine Beschränkung auf weniger als zwei Stunden nur in besonderen Umständen für zulässig erachtet, sind diese Voraussetzungen nach Ansicht des Landgerichts hier gegeben. Es geht vorliegend nicht um das übliche Musizieren oder Immissionen anlässlich gelegentlicher spezieller Veranstaltungen, sondern um tägliches Übungsspiel mit dem Schlagzeug.

Das Landgericht Freiburg gestattet je eine Stunde vormittags und nachmittags. Das Landgericht Nürnberg/Fürth (13 S 529690) mit bis zu eineinhalb Stunden täglich (s.o). Akkordeon darf nach einem Urteil des Landgerichts Kleve (6 S 70/90) 90 Minuten täglich gespielt werden. In einem Fall darf der Nachbar 2-mal wöchentlich in der Zeit zwischen 18 und 20 Uhr oder auch bis 20.30 Uhr für etwa 2 Stunden Schlagzeug spielen bzw. mit seiner Band üben (LG Mainz, Urteil v. 12.11.2002, 6 S 57/02). In einem reinen Wohngebiet muss auf Mitbewohner wesentlich mehr Rücksicht genommen werden als in einem Mischgebiet. Spielt Sohnemann Schlagzeug, müssen die Eltern dafür sorgen, dass die Nachbarn nicht durch das Schlagzeugspielen gestört werden (AG München, Urteil v. 11.5.2005, 273 C 18392/04). Bei Hausmusik muss Zimmerlautstärke eingehalten werden, besonders in der Zeit von 13 bis 15 Uhr und von 20 bis 7 Uhr. Übt der minderjährige Sohn des Mieters in der Mittagszeit und abends nach 20 Uhr auf seiner Gitarre bzw. dem Schlagzeug, können Mitmieter die Miete wegen des ruhestörenden Lärms um 5 % mindern (LG Berlin, Urteil v. 15.3.2011, 65 S 59/10).

Klavierspiel

Grundsätzlich wird in Rechtsprechung und Literatur nicht die Auffassung vertreten, dass bei einem Klavierspiel ein bestimmter Lärmpegel nicht überschritten werden darf; vielmehr wird lediglich eine zeitliche Begrenzung der Hausmusik befürwortet (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1989, 1179 f.; OLG Frankfurt, OLGZ 184, 407 f.; LG Düsseldorf DWW 1990, 87 f.; LG Nürnberg-Fürth, WuM 1992, 253; Gramlich, NJW 1985, 2131 f.; Pfeifer, ZMR 1987, 361, 364).

Es darf zwar auf bestimmte Zeiten und einen bestimmten Umfang beschränkt werden, nicht jedoch insgesamt verboten werden (vgl. BGHZ 139, 289 ff.), da das Musizieren in der eigenen Wohnung zum Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 I GG) gerechnet werden muss (vgl. OLG Hamm, NJW 1981, 465). Nichts anderes kann im Verhältnis von Grundstücksnachbarn gelten.

OLG Düsseldorf, 19.12.2005, 9 U 32/05

Das OLG Düsseldorf war der Auffassung, dass es der Kl. zuzumuten ist, das Klavierspiel der Bekl. mehr als 45 Minuten täglich, nämlich 120 Minuten, zu dulden. Diese zeitliche Einschränkung auf 120 Minuten ist erforderlich, da der Senat auf Grund des Ortstermins den Eindruck gewonnen hat, dass zwar leises und normales Klavierspiel grundsätzlich hinzunehmen ist, lautes Klavierspiel aber störend wirkt. Da eine Beschränkung auf leises oder normales Klavierspiel faktisch nicht durchführbar ist, ist dem Umstand, dass lautes Klavierspiel störend wirkt, durch eine zeitliche Begrenzung des Klavierspiels insgesamt Rechnung zu tragen. Ferner sind die üblichen Zeiten der Nacht- und der Mittagsruhe zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass die Nachtruhe im konkreten Fall auf 10 Uhr morgens ausgedehnt werden muss, da die Kl. bzw. ihr Ehemann nicht berufstätig sind. Nicht gerechtfertigt erscheint hingegen ein genereller Ausschluss des Musizierens an Sonn- und Feiertagen, weil gerade an diesen Tagen vielfach ein Bedürfnis zum Musizieren besteht (vgl. OLG Hamm, NJW 1981, 465 f.).

(OLG Düsseldorf Urt. v. 19.12.2005 – 9 U 32/05, BeckRS 2006, 5158, beck-online)

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es für eine Einschränkung des Musizierens nicht auf die Lautstärke sondern die Spieldauer ankommt. Wobei das Musizieren mit dem Schlagzeug in der Rechtsprechung stärker eingeschränkt wird, als mit dem Klavier. Die Zeiten haben sich dabei an der vorzitierten Rechtsprechung des LG Nürnberg-Fürth zu orientieren um eine erfolgreiche Durchsetzung des Unterlassungsanspruches zu begünstigen.