Scheinselbstständigkeit: Krankenpfleger und Krankenschwestern im Krankenhaus als Selbstständige?

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Das Thema Scheinselbstständigkeit wird immer relevanter und bildet aktuell einen Schwerpunkt meiner anwaltlichen Tätigkeit im Arbeitsrecht. Das hängt damit zusammen, dass die Deutsche Rentenversicherung in dieser Hinsicht vermehrt Prüfungen vornimmt mit dem klaren Ziel, Beiträge in die Rentenkasse zu bekommen. Einen Prüfungsschwerpunkt bilden dabei die medizinischen Berufe in Krankenhäusern. Können Krankenpfleger, Krankenschwestern und vergleichbares Personal im Krankenhaus als Selbstständige beschäftigt werden oder sind sie tatsächlich als Arbeitnehmer einzuordnen?

Prüfung von Scheinselbstständigkeit allgemein

Bei der Prüfung der Frage, ob ein Mitarbeiter als Scheinselbstständiger beschäftigt wird, ist zunächst auf den Vertrag zu schauen. Wenn der Vertrag bereits als Arbeitsvertrag betitelt ist, gibt es wenig Raum für Diskussionen. So darf man den Vertrag mit einem freien Mitarbeiter natürlich nicht betiteln.

Rechte und Pflichten aus dem Vertrag

In einem weiteren Schritt werden dann die einzelnen Regelungen untersucht. Oftmals finden sich hier in Verträgen mit vermeintlich freien Mitarbeitern Rechte und Pflichten, die typischerweise Arbeitnehmern und Arbeitgebern zustehen bzw. obliegen. Dazu zählen etwa Regelungen zur Abwesenheit und Anwesenheit oder Weisungsrechte. Welche Bezeichnung in der Überschrift gewählt wurde, ist dann in der Regel nicht mehr entscheidend. Meist wird es sich dann bereits um einen Arbeitsvertrag handeln.

Maßgeblich ist letztlich Vertragsdurchführung

Selbst wenn der Vertrag selbst keine Hinweise auf ein Arbeitsverhältnis enthält – letztendlich kommt es auf die tatsächliche Durchführung des Vertrages an. Dazu das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen: Ob eine „Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04. Dezember 2013 – L 8 R 296/10 –, juris).

Arbeitnehmereigenschaft bei Krankenpflegern und vergleichbarem Krankenhaus Personal oftmals problematisch

Eine Beschäftigung von Krankenschwestern oder Krankenpflegern als Selbstständige dürfte häufig problematisch sein. Dem wird häufig der Umstand entgegenstehen, dass diese regelmäßig bereits aufgrund einer Vielzahl von zu beachtenden öffentlichen Vorschriften (z. B. Hygienevorschriften) sowie organisatorischen Plänen eng in die Kontrolle und den Betrieb des Krankenhauses eingegliedert werden. Speziell wenn sich vermeintlich freie Mitarbeiter in einem Dienstplan (oder ähnlich bezeichneten Plan) finden, ist das ein eindeutiger Hinweis darauf, dass sie tatsächlich als Arbeitnehmer einzustufen sind. So hat auch das Landessozialgericht Hessen im Falle einer Krankenschwester im Operationsdienst, die als freier Mitarbeiterin beschäftigt wurde, deren Eigenschaft als Arbeitnehmerin angenommen (LSG Hessen, Urteil vom 26. März 2015 – L 8 KR 84/13 –, juris). Neben der Eingliederung in die Einsatzplanung des Klinikbetriebes musste die Betroffene auch von der Klinik gestellte Arbeitskleidung tragen und Vorgaben des operierenden Arztes befolgen. Dies sind letztlich Umstände, die zu einer klaren Arbeitnehmereigenschaft führen.

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