Schadenersatz vom Inkasso-Anwalt fordern, weil dieser ein wichtiges Schreiben nicht weitergeleitet h

23. August 2015 Thema abonnieren
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)
Schadenersatz vom Inkasso-Anwalt fordern, weil dieser ein wichtiges Schreiben nicht weitergeleitet h

Hallo zusammen,

ich frage mich, ob es in folgendem Fall berechtigt wäre, Schadenersatz zu fordern und freue mich auf Eure Meinungen:


Vorgeschichte:
Ein Onlinehändler kauft Handys bei einer Firme B (Inhaberin genannt), lässt diese direkt zu den Kunden liefern, nachdem der Kund online bei ihm gekauft hat. Dies geht eine Weile gut, bis die Lieferungen an die Kunden ausbleiben, die Inhaberin nimmt aber noch weitere Zahlungen vom Onlinehändler an und vertröstet ihn. Leider war der Onlinehändler nicht sehr schlau und zahlte noch ca. 2500 Euro, bis er die Zahlungen einstellte. Als dies passierte, war die Inhaberin von der Bildfläche verschwunden.

- 2005 erhält Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid aus ungerechtfertigter Bereicherung über 2700 Euro.
- Der Gerichtsvollzieher stellte nur noch fest, dass die Inhaberin unbekannt verzogen sei, ihr Vater hätte keine Auskunft machen wollen und das Konto sei erloschen.
- Der Anwalt vom beauftragten Inkasso schloss die Akte ohne weitere Aktion mit dem Hinweis, Schuldner sei unbekannt verzogen.
- Im Laufe der Jahre versuchte der Gläubiger ohne Erfolg, die Schuldnerin zu finden.
- Erst 2015 hatte eine Anfrage bei einem Einwohnermeldeamt Erfolg und weiter Anfragen bei verschiedenen Behörden sorgten dafür, dass die Adresse der Inhaberin (mittlerweile unter anderem Nachnamen) gefunden wurde.
- Der Gläubiger lies sofort ein Schreiben vom Anwalt aufsetzen, in dem er die offene Schuld forderte.
- Als Antwort kam ein Schreiben vom Treuhänder. Im Jahre 2009 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der damalige Anwalt vom Gläubiger sei informiert worden. Die Inhaberin würde nun im Jahre 2015 die Restschuldbefreiung erhalten. Leider hat der Gläubiger dieses Schreiben nicht erhalten.

1. Hätte der Anwalt den Gläubiger seinerzeit informiert, wäre sofort der Hinweis ergangen, dass die Angaben im Gläubiger- und Forderungsverzeichnis seiner Meinung nach unrichtig sind und somit zur Entsagung der RSB führen müssten. Der Forderungsgrund in seinem Fall lautet nicht „Schulden bei Gewerbetreibenden", sondern „ungerechtfertigte Bereicherung". (sind das unrichtige Angaben?)
Es liegt die Vermutung nahe, dass er nur deswegen nicht informiert wurde, weil die Bezeichnung „Schulden bei Gewerbetreibenden" keinen Anlass zum Einspruch gibt. Bei der Bezeichnung „ungerechtfertigte Bereicherung" kann man aber sehr wohl davon ausgehen, dass der Gläubiger noch etwas beizutragen hat.

2. Aufgrund der Sachlage und Entstehung der Forderung hat nach Gläubigermeinung die Inhaberin vorsätzlich gehandelt, indem sie die Zahlungen einbehielt, die Auslieferungen verweigerte und just im gleichen Moment eine merkwürdige Person beim Onlineauktionshaus auftauchte, die alle Auktionen bei Onlinehändler leerkaufte, aber dann nicht zahlen wollte. Als die Inhaberin verschwand, verschwand auch der ominöse Käufer beim Onlineauktionshaus. Als der Gläubiger abschließend vollstrecken ließ, war die Inhaberin unbekannt verzogen inkl. der Auskunftsverweigerung Ihrer Verwandtschaft. Dies deutet für den Gläubiger auf eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung (§ 826 BGB ) hin. Wäre die Inhaberin nicht unbekannt verzogen, hätte Ihr Vater nicht die Auskunft gegenüber dem Gerichtsvollzieher verweigert oder hätte der damalige Gläubigeranwalt den Gläubiger von der Insolvenz in Kenntnis gesetzt, so wäre ein Einspruch möglich gewesen.

Wie ist Eure Meinung? Laut der Sachbearbeiterin beim zuständigen Amtsgericht hat der Gläubiger jetzt keine Chance mehr, seinen Einspruch geltend zu machen. Hat der Gläubiger nun einen Anspruch auf Schadenersatz gegenüber seinem damaligen Anwalt?


-- Editier von Dopavin am 23.08.2015 20:46

-- Editier von Dopavin am 23.08.2015 20:46

Wer den Schaden hat...?

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9 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120344 Beiträge, 39878x hilfreich)

Wie kann man denn beweisen, das das Schreiben den Anwalt überhaupt erreicht hat?



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Wie kann man denn beweisen, das das Schreiben den Anwalt überhaupt erreicht hat?


Naja, das Schreiben, welches dem Anwalt vom Treuhänder zugestellt wurde, liegt dem Gläubiger nun vor. Wie dieses Schreiben zugestellt wurde, ist nicht bekannt.

Da liegt die Vermutung nahe, dass der Treuhänder es ohne Beweisbarkeit verschickt hat und damit müsste der Gläubiger aus beiden Spielen raus sein. Er kann die RSB nicht mehr verhindern, unabhängig davon, ob ihm die Möglichkeit zum Einspruch nicht gegeben wurde; er kann aber auch dem früheren Anwalt nichts, da keine Zustellung nachgewiesen werden kann.

:augenroll:

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#3
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)

Wie vermutet, behauptet der Gläubigeranwalt, er habe nie ein Schreiben bekommen. Der Treuhänder kann wiederum keinen Nachweis erbringen, das Schreiben abgeschickt zu haben.

Ist es tatsächlich so einfach?

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120344 Beiträge, 39878x hilfreich)

Zitat:
Wie vermutet, behauptet der Gläubigeranwalt, er habe nie ein Schreiben bekommen.

Damit wäre er dann - bis zum Beweis des Gegenteils - raus aus der Nummer.


Ob der Treuhänder verpflichtet wäre einen Versandnachweis zu führen müsste man mal im Unterforum Insolvenzrecht nachfragen.
Ich fürchte aber das es da keine Sondervorschrift geben wird.

Dann wäre da wohl auch Ende der Fahnenstange.



Damals wurde auch keine strafrechtliche Verfolgung eingeleitet?



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)

Zitat:
Damals wurde auch keine strafrechtliche Verfolgung eingeleitet?


Nein, leider nicht. Daher darf sich auch der Gläubiger eine Mitschuld geben. Nichtsdestotrotz ist es schon eine schreiende Ungerechtigkeit, davon können sicherlich viele Gläubiger ein Liedchen singen.

Vielen Dank für Deine Antworten!

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#6
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)

Neuigkeit:
Ändert sich die Rechtslage, wenn der Insolvenzverwalter die Zustellung nachweislich vorgenommen hat, diese aber zurückgekommen ist mit dem Vermerk (Empfänger ist unter der Anschrift nicht zu ermitteln.

Es kann ja nun nicht sein, dass der Gläubiger über die Insolvenz nicht informiert wird und ihm die Möglichkeit des Einspruchs unmöglich ist, weil der Anwalt vom Inkasso-Büro unter seiner Anschrift nicht zu ermitteln ist.

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#7
 Von 
JenAn
Status:
Student
(2517 Beiträge, 2552x hilfreich)

Zitat:
Nein, leider nicht.


Ist ja auch ganz eindeutig, wieso nicht:

Zitat:
Ein Onlinehändler kauft Handys bei einer Firme B (Inhaberin genannt), lässt diese direkt zu den Kunden liefern, nachdem der Kund online bei ihm gekauft hat. Dies geht eine Weile gut, bis die Lieferungen an die Kunden ausbleiben, die Inhaberin nimmt aber noch weitere Zahlungen vom Onlinehändler an und vertröstet ihn.


In der Konstellation bürdet der Onlinehändler also seinen Kunden das Risiko auf, daß B nicht liefert, obwohl sie gezahlt haben. Das ist der klassische Fall von Eingehungsbetrug. Damit ist auch klar, wieso der Onlinehändler lieber keine schlafenden Hunde bei der Staatsanwaltschaft wecken wollte.

Zitat:
Ändert sich die Rechtslage, wenn der Insolvenzverwalter die Zustellung nachweislich vorgenommen hat, diese aber zurückgekommen ist mit dem Vermerk (Empfänger ist unter der Anschrift nicht zu ermitteln.


Dann kommt es darauf an, wer das "verschuldet" hat. Ist der Anwalt umgezogen, ohne seine neue Anschrift mitzuteilen? Hat die Post trotz korrekter Adresse nicht zugestellt? Hat der Absender die falsche Adresse verwendet?

Zitat:
weil der Anwalt vom Inkasso-Büro unter seiner Anschrift nicht zu ermitteln ist


Es wäre mir neu, daß der Insolvenzverwalter verpflichtet wäre, den Umzügen der Vertreter der Gläubiger hinterherzurecherchieren. Das könnte man aber noch mal im entsprechenden Unterforum nachfragen.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Um hier mal die Vorstellungen von Dopavin völlig abzuwenden:

Aus dem geschilderten ergibt sich wirklich kein Anhaltspunkt dafür, dass überhaupt ein Grund zur Versagung der RSB vorlag. Allenfalls hätte die Forderung als solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung angemeldet werden können. Wobei sich dann die Frage stellt, ob eine solche überhaupt vorlag. Bei derlei Anmeldungen ist nämlich davon auszugehen, dass der Schuldner gegen das Forderungsattribut Widerspruch erhebt und dann muss der Gläubiger dieses in einem gerichtlichen Verfahren feststellen lassen.

Zitat (von Dopavin):
Hätte der Anwalt den Gläubiger seinerzeit informiert, wäre sofort der Hinweis ergangen, dass die Angaben im Gläubiger- und Forderungsverzeichnis seiner Meinung nach unrichtig sind und somit zur Entsagung der RSB führen müssten. Der Forderungsgrund in seinem Fall lautet nicht „Schulden bei Gewerbetreibenden", sondern „ungerechtfertigte Bereicherung". (sind das unrichtige Angaben?)


Das sind keine beachtlichen unrichtigen Angaben. §§ 290 Abs. 1 Nr. 6 , 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO verlangen nur eine Aufstellung der Gläubiger und nicht der Forderungsgründe. Zudem dürfte vorliegend auch bereits fraglich sein, ob § 305 InsO überhaupt anwendbar ist, weil dieser nur für Verbraucherinsolvenzverfahren gilt. Und die Insolvenzschuldnerin war ja unstreitig mal Gewerbetreibende.

Zitat (von Dopavin):
Es liegt die Vermutung nahe, dass er nur deswegen nicht informiert wurde, weil die Bezeichnung „Schulden bei Gewerbetreibenden" keinen Anlass zum Einspruch gibt. Bei der Bezeichnung „ungerechtfertigte Bereicherung" kann man aber sehr wohl davon ausgehen, dass der Gläubiger noch etwas beizutragen hat.


Mal abgesehen davon, dass diese Begründung sowieso nicht greift, weil - wie oben dargestellt - kein Grund für die Versagung der RSB daraus fließt, wieso sollte der eigenen Anwalt deswegen die Weiterleitung unterlassen? Das würde ja nur Sinn machen, wenn er die Insolvenzschuldnerin schützen will. Wieso sollte er dazu einen Grund haben als (ehemaliger) Vertreter des Gegners?

Zitat (von Dopavin):
Es kann ja nun nicht sein, dass der Gläubiger über die Insolvenz nicht informiert wird und ihm die Möglichkeit des Einspruchs unmöglich ist, weil der Anwalt vom Inkasso-Büro unter seiner Anschrift nicht zu ermitteln ist.


Auch ein RA darf umziehen. Und es besteht keine Verpflichtung aller Welt die neue Anschrift preis zu geben. Für einen Übergangszeitraum wird es mit Sicherheit einen Nachsendeantrag geben. Aber das ist auch alles egal. Wenn ein Schreiben den RA nicht erreicht kann er es auch nicht weiterleiten.

Und bevor jetzt gegen den IV gewettert wird. Wenn er überhaupt mit der Zustellung beauftragt wurde durch das Insolvenzgericht, kann die Zustellung auch über Aufgabe zur Post bewirkt werden. Und das ist hier geschehen. Da tritt die Zustellfiktion dann allein aufgrund der Absendung des Briefes ein.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)

Zitat:
In der Konstellation bürdet der Onlinehändler also seinen Kunden das Risiko auf, daß B nicht liefert, obwohl sie gezahlt haben. Das ist der klassische Fall von Eingehungsbetrug. Damit ist auch klar, wieso der Onlinehändler lieber keine schlafenden Hunde bei der Staatsanwaltschaft wecken wollte.


Wenn überhaupt Eingehungsbetrug, dann vom Schuldner, aber ganz sicher nicht vom Onlinehändler. Woher Du hast, dass der Onlinehändler keine schlafenden Hunde wecken wollte, ist mir zudem schleierhaft. Er hat doch direkt ein Inkassobüro beauftragt.
Übrigens nennt man dieses Geschäft ein Streckengeschäft, welches völlig legitim ist. Die Order von Onlinehändler findet vor dem Kauf des Kunden statt.

Zitat:
Auch ein RA darf umziehen. Und es besteht keine Verpflichtung aller Welt die neue Anschrift preis zu geben. Für einen Übergangszeitraum wird es mit Sicherheit einen Nachsendeantrag geben. Aber das ist auch alles egal. Wenn ein Schreiben den RA nicht erreicht kann er es auch nicht weiterleiten.


Und was lernen wir daraus? Beauftrage keinen Anwalt mit dem Eintreiben von Schulden, er könnte umziehen und der Gläubiger könnte am Ende der Dumme sein. Unabhängig davon, ob ein Einspruch Erfolg gehabt hätte, wurde ihm dadurch die Möglichkeit genommen.

Ich danke Euch für die ausführlichen Antworten und falls meine Beiträge frustriert klingen, dann stimmt der Eindruck. Bleibt nur eins zu tun: Beim nächsten Schuldner ist man hoffentlich schlauer. :-)


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