Prozesskostenvorschuss oder Prozesskostenhilfe?

Mehr zum Thema: Familienrecht, Familienrecht, Prozesskosten, Prozesskostenhilfe, Prozesskostenvorschuss
3,43 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
7

Wer bekommt Prozesskostenvorschuss?

Prozesskostenvorschuss oder Prozesskostenhilfe?

Von Rechtsanwältin Michaela Albrecht

Der Terminus Prozesskostenhilfe ist vielen Menschen ein Begriff – der Ratsuchende kann einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe stellen, wenn er nicht in der Lage ist, die Kosten für den Rechtsstreit aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Der beauftragte Rechtsanwalt händigt dem Mandanten ein Formular aus, in dem man seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen muss, und man erhält Prozesskostenhilfe, die man – je nach finanzieller Lage – entweder gar nicht oder nur in Raten zurückzahlen muss.Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss ist jedoch dem Anspruch auf Prozesskostenhilfe vorrangig, da er die Bedürfnisse des Berechtigten beseitigt bzw. aus Sicht des Gerichts (letztlich des Steuerzahlers) besser befriedigt als PKH.

Wenn der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss nicht rechtzeitig geltend gemacht wird, kann dies dazu führen, dass PKH gar nicht oder nur mit Raten bewilligt wird, weil der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat. Es ist daher wichtig, vor Eintritt der Rechtskraft der Scheidung einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss anhängig zu machen, oder gleich zu Beginn des Verfahrens im Wege der Einstweiligen Anordnung Prozesskostenvorschuss zu beantragen.

Bei Prozesskostenvorschuss handelt es sich um einen unterhaltsrechtlichen Anspruch, der in § 1360 a IV BGB als Bestandteil des Anspruchs auf Familienunterhalt geregelt ist.

Zunächst muss also zwischen den Parteien, die einander Prozesskostenvorschuss leisten müssen, eine wirksame Ehe, eine Lebenspartnerschaft oder ein Eltern/Kind-Verhältnis bestehen.

Lange war streitig, ob auch volljährige Kinder gegenüber ihren Eltern die Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verlangen können. Der BGH hat sich in einer neuen Entscheidung vom 23.03.2005 (BGH NJW 2005, 1722) der herrschenden Meinung angeschlossen, nach der das volljährige Kind einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen seine Eltern hat, so lange es sich noch in der Ausbildung befindet und deswegen noch keine eigene Lebensstellung erlangt hat. Argument hierfür ist, dass die dem gesetzlichen Zweck entsprechende Situation des noch nicht geschiedenen Ehegatten mit der des minderjährigen Kindes und des volljährigen, noch in der Ausbildung befindlichen Kindes ohne eigene Lebensstellung vergleichbar ist, da alle Unterhaltsberechtigten – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – noch keine gesicherte, eigene Lebensstellung erlangt haben.

Nach wie vor streitig ist jedoch, ob dies auch umgekehrt gilt, ob also auch Kinder gegenüber ihren bedürftigen Eltern zur Zahlung von Prozesskostenvorschuss verpflichtet sind. Nach überwiegender Meinung ist dies nicht der Fall, weil Kinder ihren Eltern gegenüber nicht gesteigert unterhaltspflichtig sind. Nachdem der BGH in seinen jüngsten Entscheidungen zum Elternunterhalt tendenziell die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung eher einschränkt, ist zu erwarten, dass der BGH sich dieser herrschenden Auffassung anschließt, so dass also nur in solchen Fällen, wenn das Kind sehr vermögend ist, eine solche Pflicht zur Leistung von Prozesskostenvorschuss zu bejahen ist.

Ob auch solche Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, einander Prozesskostenvorschuss leisten müssen, ist ebenfalls streitig, jedoch vom BGH noch nicht entschieden worden. Man wird aber wohl argumentieren können, dass sich der nicht verheiratete Elternteil wegen Kindesbetreuung in einer ähnlich ungefestigten Lebensstellung befindet wie der getrennt lebende Ehegatte, das minderjährige Kind, oder das volljährige Kind, das sich noch in der Ausbildung befindet.

Welche Verfahren betrifft der Prozesskostenvorschuss?

Der Rechtsstreit muss jedenfalls eine persönliche Angelegenheit betreffen, wobei dieser Begriff weit verstanden wird, so dass nur dann keine persönliche Angelegenheit vorliegt, wenn nur wirtschaftliche Interessen aus Vertragsbeziehungen mit Dritten verfolgt werden.Dies sind unproblematisch natürlich Unterhaltsverfahren, Scheidungsverfahren und alle weiteren Familiensachen, aber nach § 1360a IV 2 BGB auch Strafverfahren, allgemeine Zivilsachen oder verwaltungsrechtliche Angelegenheiten. Es ist auch unerheblich, ob die Hauptsache (wegen der Prozesskostenvorschuss verlangt wird) sich gegen den unterhaltspflichtigen Ehegatten, einen Verwandten oder einen Dritten richtet (bei Dritten kommen z.B. Ansprüche auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld in Betracht, Kündigungsschutzprozesse oder Insolvenzverfahren). Es kommt nur darauf an, dass eine enge Verbindung des Anspruchs mit den persönlichen Bedürfnissen des Ehegatten, Kindes oder des nicht verheirateten Elternteils besteht.

Billigkeit

Wenn der beabsichtigte Rechtsstreit keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat oder mutwillig ist, muss kein Prozesskostenvorschuss gezahlt werden, wobei hier die gleichen Maßstäbe wie bei der Prozesskostenhilfe anzulegen sind. Hier kommt es auf den Einzelfall an. Lassen Sie sich hierüber anwaltlich beraten.

Die Bedürftigkeit des Berechtigten

Selbstverständlich ist erforderlich, dass der Vorschussberechtigte überhaupt bedürftig ist. Dies ist der Fall, wenn er die Prozesskosten weder aus seinem Einkommen, noch aus seinem Vermögen bestreiten kann, ohne dass anderenfalls sein angemessener Unterhalt gefährdet wäre. Auf den notwendigen Unterhalt muss der Berechtigte sich nicht verweisen lassen, aber das Vermögen muss bis auf das Schonvermögen (§§ 88 II Nr. 8, 8 BSHG) eingesetzt werden, falls dies im Hinblick auf die wesentlich bessere Vermögenslage des Pflichtigen oder wegen Schwierigkeiten bei der Verwertung des Vermögens nicht unbillig ist.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen bedingen – je leistungsfähiger der Pflichtige, desto weniger streng muss die Bedürftigkeit des Berechtigten geprüft werden und umgekehrt. Bei Geltendmachung von Quotenunterhalt scheidet ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss grundsätzlich aus, da anderenfalls der Halbteilungsgrundsatz verletzt wäre.

Leistungsfähigkeit des Pflichtigen

Auch der Pflichtige muss sich nicht auf den notwendigen Unterhalt verweisen lassen, auch nicht gegenüber minderjährigen Kindern, sondern es kommt auch hier darauf an, dass durch die Zahlung des Prozesskostenvorschusses nicht der angemessene Unterhalt gefährdet wird. Sein Vermögen muss der Pflichtige nur im Rahmen des Zumutbaren einsetzen. Unzumutbar ist der Vermögenseinsatz z.B. dann, wenn der Pflichtige das Vermögen für seinen eigenen angemessenen Unterhalt benötigt.

Ob die Zahlung von Prozesskostenvorschuss gegenüber der Schuldentilgung vorrangig ist, ist jedoch streitig.

Was kann verlangt werden:

Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach den zu erwartenden Prozesskosten, die sich nach dem Streitwert des beabsichtigten Rechtsstreits ergeben. Verlangt werden können die Gerichtskosten, die Anwaltsgebühren nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer. Muss die Zahlung des Prozesskostenvorschusses ein gerichtliches Verfahren geführt werden, können auch die hierfür anfallenden Gerichtskosten und Anwaltsgebühren geltend gemacht werden.

Wann wird der Anspruch geltend gemacht:

Der Anspruch kann geltend gemacht werden, sobald aufgrund einer anwaltlichen Tätigkeit der Gebührenanspruch entstanden ist. Da es sich um einen Vorschuss handelt, kann der Prozesskostenvorschuss nicht mehr nach Beendigung des Rechtsstreits oder der Instanz verlangt werden, oder – bei Eheleuten – wenn die Ehe rechtskräftig geschieden ist. Wenn der Pflichtige jedoch mit der Zahlung des Prozesskostenvorschusses in Verzug gewesen ist, soll auch nach Rechtskraft der Anspruch noch geltend gemacht werden können bzw. ist dann über einen bereits gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung noch zu entscheiden. Doch auch dies ist streitig – nach anderer Auffassung besteht hier nur noch ein Anspruch auf Schadenersatz.

Müssen Sie den Prozesskostenvorschuss zurückzahlen?

Dies kann nur in Ausnahmefällen geschehen, wenn nachträglich die Voraussetzungen für den Anspruch weggefallen sind, weil z.B. der Berechtigte aufgrund einer Zugewinnausgleichszahlung nicht mehr bedürftig ist, oder wenn aus anderen Gründen die Rückzahlung ausnahmsweise der Billigkeit entspricht. Hierfür reicht es nicht aus, dass der Berechtigte den Prozess verloren hat. Hat der Berechtigte gegenüber einem Dritten obsiegt, soll die Rückzahlung nach Auffassung der Literatur der Billigkeit entsprechen.

Wenn Sie also nicht in der Lage sind, die Prozesskosten selbst zu tragen, informieren Sie sich beim Anwalt Ihres Vertrauens, ob es sinnvoll und möglich wäre, statt Prozesskostenhilfe Prozesskostenvorschuss zu fordern.

Das könnte Sie auch interessieren
Familienrecht Warum manche Väter und Großeltern nach dem Bundesverfassungsgericht kein Umgangsrecht haben