Privates Surfen am Arbeitsplatz

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Kurzer Überblick zur Rechtslage

Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, dass die überwiegende Anzahl der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz auch zu privaten Zwecken im Internet surft, insbesondere auch während der Arbeitszeit. Aber wie sieht nun diesbezüglich die Rechtslage aus?

Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitgeber frei entscheiden kann, ob ein Arbeitnehmer den Dienst-Computer ausschließlich zu dienstlichen oder auch zu privaten Zwecken verwenden kann. Sofern der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die private Nutzung des Dienst-Computers gestattet hat, so kann der Arbeitgeber auch zugleich den Umfang dieser privaten Nutzung festlegen. Dem Grunde nach hat der Arbeitnehmer also keinen Rechtsanspruch auf eine private Internetnutzung am Arbeitsplatz.

Für den Fall, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die private Internutzung am Arbeitsplatz gestattet, aber dabei den Umfang dieser Nutzung nicht eindeutig fixiert hat, so folgt daraus nicht, dass der Arbeitnehmer nach seinem Belieben zu privaten Zwecken im Internet surfen kann. Insbesondere darf die private Internetnutzung während der Arbeitszeit nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer hierdurch seine Arbeitsleistung vernachlässigt (Hanau/Hoeren, Private Internetnutzung durch Arbeitnehmer, 1. Auflage 2003, S. 24). Daher wird man davon ausgehen müssen, dass der Arbeitnehmer bei einer Gestattung der privaten Internetnutzung allenfalls „minutenweise" während der Arbeitszeit privat im Internet surfen darf (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2007 – 2 AZR 200/06).

So hat das Arbeitsgericht Wesel in einem Urteil vom 21.03.2001 (Az. : 5 Ca 4021/00) festgestellt, dass eine private Internetnutzung während der Arbeitszeit in einem Umfang von 80 – 100 Stunden im Jahr, bei Fehlen eines ausdrücklichen Verbots der privaten Internetnutzung, ohne einschlägige vorherige Abmahnung nicht geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB zu rechtfertigen.

Keinesfalls, selbst im Falle einer gestatteten privaten Internetnutzung, ist es dem Arbeitnehmer erlaubt, das Internet derart zu privaten Zwecken zu nutzen, dass es dadurch zu Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer auf Internetseiten mit (kinder-)pornografischem Material surft (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.04.2006 - 2 AZR 386/05). Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Urteil einen Fall entschieden, in dem die privaten Internetnutzung vom Arbeitgeber nicht erlaubt war, aber so muss der Kern dieses Urteils auch für die Fälle gelten, in denen der Arbeitnehmer bei erlaubter privater Internetnutzung auf (kinder-)pornografischen Internetseiten surft.

Dadurch verletzt ein Arbeitnehmer ganz erheblich seine aus dem Arbeitsvertrag resultierenden Rücksichts- und Treuepflichten, mit der Folge, dass eine Abmahnung regelmäßig entbehrlich sein dürfte und der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gemäß § 626 BGB außerordentlich kündigen darf.

Sofern der Arbeitnehmer entgegen eines ausdrücklichen Verbots des Arbeitgebers zu privaten Zwecken im Internet surft, so liegt hierin grundsätzlich eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit im Internet surft (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2007 – 2 AZR 200/06). Dabei ist grundsätzlich festzuhalten, dass diese Pflichtverletzung umso schwerer wiegt, je mehr der Arbeitnehmer hierdurch seiner Arbeitspflicht nicht nachkommt.

Sollte es im Betrieb hinsichtlich der privaten Internetnutzung keine ausdrückliche Regelung geben, so ist zu beachten, dass in diesen Fällen eine betriebliche Übung entstehen kann. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum regelmäßig zu privaten Zwecken im Internet surft, der Arbeitgeber hiervon Kenntnis hat, diese private Internetnutzung aber über einen längeren Zeitraum widerspruchslos hinnimmt und der Arbeitnehmer deshalb darauf vertrauen durfte, dass er auch zukünftig zu privaten Zwecken im Internet surfen darf (Däubler, Internet und Arbeitsrecht, Rd. 185). Als „längerer Zeitraum" wird man wohl mindestens einen Zeitraum von 6 - 12 Monaten ansetzen müssen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine private Internetnutzung durch den Arbeitnehmer während der Arbeitszeit grundsätzlich allenfalls „minutenweise" in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer nicht riskieren will, abgemahnt oder gar gekündigt zu werden. Eine vorherige Abmahnung ist nach der ganz überwiegenden Rechtsprechung immer dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer nach Art und Umfang seiner Internetnutzung nicht mehr ernstlich davon ausgehen kann, dass diese Nutzung vom Arbeitgeber noch hingenommen werden muss. In diesen Fällen kommt daher eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber in Betracht.