Pfusch am Bau - Bauherrenrechte werden gestärkt

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Der Streit um Mängel zwischen Bauherren, Architekt und Baufirma soll künftig vermehrt in einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren geklärt werden.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will dazu ein einheitliches Bauvertragsrecht schaffen, das die Bauherren-Rechte gegenüber Bauträgern und Generalunternehmern deutlich stärken soll. Doch obwohl in der EU-Kommission in allen Mitgliedstaaten Tempo gemacht wird, ist das neue Vertragsrecht noch in weiter Ferne.

Daniel Hesterberg
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Vorgaben für einen Gesetzesentwurf soll eine Arbeitsgruppe regeln, die von der Justizministerkonferenz von Bund und Ländern eingesetzt wurde. Doch dort streiten Vertreter von Bauwirtschaft, Handwerk und Verbraucherschutz vehement um Details. Das Gesetz wird wohl in Etappen kommen.

Als sicher gilt immerhin, dass Anfang 2012 ein 14 Tage währendes Widerrufsrecht für Bauherren, Modernisierer und Immobilienkäufer in Kraft treten wird. Das Widerrufsrecht muss zwingend aufgrund einer Vorgabe der EU-Kommission eingeführt werden.

Bauherren und Modernisierer können dann nicht mehr vom Bauunternehmen „überrumpelt“ werden.

Denn bislang kommt es immer wieder vor, dass Firmen ihren Kunden kurzfristig Änderungen am Bauplan und -vertrag vorlegen und auf sofortige Unterzeichnung drängen. Dadurch sei es den Bauherren nicht möglich, daraus entstehende Konsequenzen zu prüfen. Mit dem Widerrufsrecht erhalten sie dann aber die Möglichkeit, Vertragsänderungen in angemessener Frist kontrollieren zu lassen.

Grundsätzlich gehen die Mitglieder der Arbeitsgruppe konform mit einem Vorschlag des Deutschen Baugerichtstages.

Danach soll Streit zwischen Bauherr, Architekt und Baufirma künftig in einem „Adjudikationsverfahren“ geschlichtet werden, um die Zahl der Gerichtsprozesse zu reduzieren. Erst wenn ein unabhängiger Sachverständiger als Adjukator keine Einigung erzielen kann, soll ein Gericht angerufen werden dürfen. In Großbritannien, wo die Adjudikation vor zehn Jahren eingeführt wurde, ist die Zahl der Gerichtsprozesse um Baustreitigkeiten seither um 98 Prozent gesunken.

Gestritten wird in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe aber um die Befugnisse dieses Adjukators. Nach Meinung von Teilen der Arbeitsgruppe müssten ihm mehr Rechte eingeräumt werden, als die Sachverständigen derzeit haben.

Bislang können neutrale Sachverständige Bauträger nicht zwingen, einen Mangel zu beseitigen. Der Sachverständige kann den Mangel nur dokumentieren und die Baufirma auf rechtliche Konsequenzen hinweisen; der Bauherr kann einen Anwalt einschalten.

Dieses führt zu erheblichen Schwierigkeiten in der Praxis:

Klagt der Bauherr auf Mängelbeseitigung, kann der Bauträger die Arbeiten für Monate bis zum Gerichtsurteil einstellen oder sich in die Insolvenz flüchten.“

Solide gebaut wird schon lange nicht mehr in Deutschland. Nach Studien der Prüforganisation Dekra weist jedes Bauvorhaben im Schnitt 32 Mängel auf.

Rund 70.000 Mal im Jahr wird deshalb vor Zivilgerichten um die korrekte Ausführung von Bauvorhaben gestritten.

Die Verfahren verursachen dabei nach Hochrechnungen der Bergischen Universität Wuppertal pro Jahr rund 75 Milliarden Euro an Kosten für Anwälte, Justizbehörden und Sachverständigengutachten. Mit dem neuen einheitlichen Bauvertragsrecht könnten diese Aufwendungen nach Expertenmeinung um voraussichtlich 24 Milliarden Euro reduziert werden, verbindliche Vorgaben für Regelungen im Streitfall würden die Zahl der Gerichtsverfahren deutlich reduzieren.

Doch bislang können sich die Vertreter der einzelnen Interessensverbände nicht auf den großen Wurf einigen. Die Fronten sind verhärtet. Hinter den Kulissen wird um Kompromisse gerungen – bislang ohne großen Erfolg.

Gestritten wird unter anderem auch um künftige Vorgaben für Bauverträge und Baubeschreibungen von Architekten, Bauträgern und Generalunternehmern. Diese seien oft lückenhaft und zum Nachteil der Kunden abgefasst, kritisieren Verbraucherschützer.

Ob ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren zukünftig zielführend und ökonomisch ist, halte ich für zweifelhaft.

Denn im Rahmen des Schlichtungsverfahrens, wie auch schon bei vorhandenen derartigen Verfahren im Zivil- und Strafrecht, ist häufig kein wirklicher Entscheidungsdruck für die Parteien vorhanden, wie dieses vor Gericht im Rahmen einer sowieso obligatorischen Güteverhandlung der Fall ist.

Derart kann auch einiges an Geld und/oder Zeit verloren gehen, ohne dass man eine Lösung gefunden hat, die die Interessen beider Konfliktparteien zum Ausgleich bringt.

Das Gericht hingegen hat schon eine rechtlich fundierte "Ahnung", wo die tatsächlichen und rechtlichen Risiken liegen und kann daher geeignete Vergleichsvorschläge machen.

Eine endgültige Bewertung wird natürlich letztlich erst dann möglich sein, wenn ein Gesetz erlassen ist und erste Erfahrungen der Praxis vorliegen.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt


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