Patientenverfügung Teil 5

Mehr zum Thema: Familienrecht, Patientenverfügung, Vertreter, Bevollmächtigter, Betreuer, Wille
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Wann gelangt sie zum Einsatz?

In Teil 5 meiner Artikelreihe zum Thema "Patientenverfügung" wird erläutert, wann diese überhaupt zum Einsatz gelangt und wie diese umgesetzt wird.

Wann die Patientenverfügung zum Einsatz kommen soll, bestimmen Sie aufgrund der festgelegten Regelungen in dieser selbst, wobei diese Verfügung selbstverständlich nur dann angewendet werden muss, wenn Sie Ihren Willen selber nicht mehr äußern und nicht mehr selber entscheiden können.

Dabei muss dieser Wille aber auch von jemandem zur Geltung gebracht werden, der Sie vertritt.

Eine Möglichkeit ist, dass Sie eine Person Ihres Vertrauens durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigt haben, Sie in Gesundheitsangelegenheiten zu vertreten. Sie sollten Ihre Patientenverfügung mit Ihrem Bevollmächtigten besprechen, da dieser letztendlich Ihre Anordnungen als Ihr Vertreter durchsetzen soll.

Für den Fall, dass Sie niemandem eine Vorsorgevollmacht erteilt haben, wird das Betreuungsgericht für Sie einen Betreuer bestellen. Dabei haben Sie die Möglichkeit, auf der Grundlage einer Betreuungsverfügung eine Person zu bestimmen, die dem Betreuungsgericht sodann zur Bestellung als Betreuer vorgeschlagen und grds. auch eingesetzt wird. Der Betreuer ist dabei ebenfalls wie der Bevollmächtigte verpflichtet, Ihren in der Patientenverfügung festgelegten Willen Ausdruck und Geltung zu verschaffen respektive zu prüfen, ob die Anwendung der Patientenverfügung erforderlich ist. Bei bestehenden Zweifeln, ob die Verfügung eingesetzt werden muss, wird das Betreuungsgericht angerufen. Dieses bestimmt sodann anhand weiterer Anhaltspunkte Ihren mutmaßlichen Willen.

Sollten Sie jedoch keinen Vertreter (Bevollmächtigter oder Betreuer) durch eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung bestimmt haben, so wird das Betreuungsgericht einen für Sie fremden Betreuer bestellen, der sodann Ihren Willen aus der Patientenverfügung umsetzen soll.

Wie sich zeigt, ist es empfehlenswert, neben der Patientenverfügung auch eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung zu fertigen, da Sie somit selber entscheiden können, wer Sie vertreten soll, wenn Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr selber regeln können.

 Teil 6 meiner Artikelreihe klärt die Frage, ob eine Patientenverfügung verbindlich ist.

Leserkommentare
von Oliver&sabine am 22.04.2016 06:41:26# 1
Die Gültigkeit,bzw Authentizität der Verfügung kann in lebensbedrohlichen Notfällen durch den Rettungsdienst nicht überprüft werden.
Somit wird eine Patienten Verfügung regelmäßig durch die Rettungsdienste ignoriert.
Es fehlt schlicht die Möglichkeit innerhalb von Minuten oder gar Sekunden festzustellen ob es sich
a.um die genannte Person handelt
b.es sich um eine rechtlich einwandfreie Patientenverfügung handelt.
c.Es evtl. eine aktuellere Version gibt.

Ist ein ignorieren für die Rettungsdienste strafbar?


Oliver
    
von Rechtsanwältin Viktoria Reeb am 23.04.2016 15:12:25# 2
Sehr geehrter Fragesteller,

auf Ihre Frage möchte ich wie folgt antworten:

Ein gänzliches Ignorieren der Patientenverfügung kann entweder als Körperverletzung (bei Vornahme einer Handlung, obwohl der Patient dies in solch einer Situation nicht gewünscht hat) oder als unterlassene Hilfeleistung (bei Unterlassen einer Handlung, obwohl der Patient dies in solch einer Situation gewünscht hat) strafrechtliche Folgen haben.

Hinsichtlich der Körperverletzung liegen regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen vor. Die Strafbarkeit wird allerdings in den meisten Fällen an dem Vorliegen von Rechtfertigungsgründen entfallen. Es kann nämlich grds. davon ausgegangen werden, dass – unter Beachtung des Patientenwohles – jeder lebensbedrohte Patient gerettet werden will.

Liegt jedoch eine Patientenverfügung vor, so gilt, dass die verbindliche Grenze jeder medizinischen Behandlung der Wille des Patienten ist. Es sollte demnach eine Grobprüfung der Verfügung in Hinblick auf deren Aussagekraft, Einschlägigkeit auf die vorliegende Situation sowie deren Aktualität vorgenommen werden. Trifft die Verfügung bei überschlägiger Prüfung nicht auf den vorliegenden Fall zu oder bestehen begründete Zweifel an der aktuellen Geltung der Verfügung, so bleibt diese unberücksichtigt und es gilt der Grundsatz: in dubio pro vita – im Zweifel für das Leben.

Aus strafrechtlicher Sicht kann ich nur raten, zumindest eine Grobprüfung der Patientenverfügung vorzunehmen, um sich hinterher entlasten zu können. Denn die in einer Patientenverfügung geäußerten Entscheidungen des Patienten sind auch für den Rettungsdienst verbindlich.

Ich hoffe, Ihre Frage damit hinreichend beantwortet zu haben. Bei Nachfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Reeb
Rechtsanwältin

    
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