Nochmal Kündigung wegen Diebstahl/Unterschlagung geringwertiger Sachen

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Das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) im Fall „Emily" zeigt seine Wirkung: In einer aktuellen Entscheidung des Arbeitsgerichtes Bonn wurde die jüngste höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG zur Frage der Kündigung bei Diebstahl/Unterschlagung geringwertiger Sachen bzw. geringwertigen Straftaten (Beleidigung etc) aufgegriffen und ausdrücklich bestätigt.

I. Vorgeschichte: BAG korrigiert bisherige Rechtsprechung zur Kündigung bei geringfügigen Straftaten (Diebstahl, Unterschlagung, Beleidigung etc.)

Mathias Henke
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Das BAG hatte hat wie bekannt in seiner Entscheidung vom 10.06.2010 im Fall "Emily" den bisherigen Grundsatz nachhaltig in Frage gestellt, nach dem bei Straftaten des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, insbesondere bei Eigentumsdelikten, eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers auch dann rechtmäßig ist, wenn sich der Rechtsverstoß des Arbeitnehmers auf eine mehr oder weniger geringwertige Sache bezieht.

Das BAG hatte hierbei entschieden, dass es zwar keine Geringfügigkeitsgrenze bei geringfügigen Straftaten (Diebstahl o. Unterschlagung bezüglich geringwertigen Gegenstände, Beleidigung etc.) gäbe und daher jegliche Straftat gegenüber dem Arbeitgeber grundsätzlich eine Kündigung auslösen könne, aber insbesondere bei langjährigen unbelasteten Arbeitsverhältnissen Pflichtverstöße geringen Ausmaßes nicht zwangsläufig die notwendige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Arbeitsparteien begründen könne.

II. Der Fall: Entwendung von geringwertigen Gegenständen

Diese neuerlichen Grundsätze Rechtsprechung fanden nun in einem der aktuellen Entscheidungen der unteren Gerichte seinen Eingang, hier der Entscheidung des ArbG Bonn vom 21.10.2010 - 1 BV 47/10 -.

Hier hatte ein Betriebsratsvorsitzender einem Arbeitskollegen aus dem Materiallager 3 Schrauben im Wert von ca. 28 Cent verschafft. Der Vorgang wurde dem Arbeitgeber anonym zur Kenntnis gebracht, der daraufhin dem Betriebsratsvorsitzenden fristlos kündigen wollte und sodenn die erforderliche Zustimmung zur Kündigung vom Betriebsrat einholen wollte, der dieses jedoch verweigerte. Der Arbeitgeber zog daraufhin  vor Gericht, um den Betriebsrat zur Zustimmung zur Kündigung zu zwingen.

III. Die Entscheidung: Arbeitsgericht wendet neue Rechtsprechung des BAG zur Kündigung bei geringfügigen Vergehen und Straftaten unverzüglich an

Das ArbG Bonn entschied hier exakt auf der Linie der neuesten BAG-Rechtsprechung und wies die Klage ab: Das bereits langjährige Arbeitsverhältnis sei bislang unbeanstandet gewesen, im übrigen sei dem Beklagten positiv anzurechnen, dass er zu keiner Zeit den Vorgang geleugnet habe sondern unverzüglich selbst die Sachlage eingeräumt habe. Unter dieser Maßgabe könne von einem zerrütteten Vertrauensverhältnis nicht ausgegangen werden und eine Kündigung daher abzulehnen.

IV. Fazit: Neue Rechtsprechnung zur Kündigung bei geringfügigen Vergehen und Straftaten verfestigt sich 

Die neue BAG-Rechtsprechung ist bei den unteren Gerichten problemlos angekommen und verfestigt sich zunehmend. Es gibt zwar keinen Freibrief für geringfügige Straftaten (Diebstahl, Unterschlagung, Beleidigung etc), aber eine fristlose Kündigung ist dann unbegründet, wenn es sich um einen einmaligen Verstoß handelt, der - gemessen an allen anderen Umständen des Arbeitsverhältnisses - sich als einmalige Bagatelle darstellt.

Hinweis: Die Entscheidung des AG Bonn ist noch nicht rechtskräftig, der klägerische Arbeitgeber kann hiergegen noch Rechtsmittel erheben.

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