Neues Urteil zum mietvertraglichen Kündigungsausschluss

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Von Rechtsanwalt Alexander Birmili

In einem Mietvertrag über Wohnraum ist ein - auch beiderseitiger - formularmäßiger Kündigungsverzicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters in der Regel unwirksam, wenn seine Dauer mehr als vier Jahre beträgt (Leitsatz des Urteil des BGH vom 06.04.2005). Dieses Urteil wird erneut (wie der Fall der unwirksamen Übertragung von Schönheitsreparaturen) für einige Furore sorgen.

Seit der Mietrechtsreform 2001 ist der Abschluss eines befristeten Zeitmietvertrages nicht mehr unter denselben Bedingungen wie früher möglich. Für eine Befristung ist auch ein gesetzlich anerkannter Befristungsgrund (§ 575 BGB) notwendig.

In der Praxis wird seither die gesetzlich erschwerte Befristung dadurch "umgangen", dass vertraglich ein beiderseitiger Ausschluss der ordentlichen Kündigung für eine bestimmte Zeit vereinbart wird. Hintergrund ist ein eventuell bestehendes Interesse des Vermieters, den Mieter über längere Zeit zu binden und sich nicht bei einer unerwarteten Kündigung des Mieters mit der 3-Monats-Frist frühzeitig auf die Suche eines neuen Mieters machen zu müssen.

Dieser beidseitige Ausschluss der Kündigung wurde vom Bundesgerichtshof auch in Formularverträgen dem Grunde nach gebilligt (BGH 30.06.2004). Hier war aber ein vertraglicher Ausschluss von 2 Jahren auf dem Prüfstand.

In der Folgezeit sind nun etliche Vertragsformulare auf den Markt gekommen, welche die Möglichkeit der Vereinbarung eines gegenseitigen Kündigungsausschlusses bis zur Dauer von 5 Jahren vorsehen. Wenn es in Vertragsformularen nun zu einem 5-jährigen Ausschluss gekommen ist, hat dies nach dem neuen Urteil weitreichende Folgen:

Der Ausschluss ist unwirksam und es verbleibt bei den gesetzlichen Kündigungsrechten nach § 573c BGB.

Aus dem Urteil:

"Ein formularmäßiger Kündigungsverzicht von fünf Jahren benachteiligt den Mieter von Wohnraum in der Regel entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam. Wie in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 (BT-Drucks. 14/4553 S. 38 f.) hervorgehoben wird, kommt der Mobilität und Flexibilität in der heutigen modernen Gesellschaft zunehmende Bedeutung zu. Durch einen Kündigungsverzicht wird der Mieter jedoch in seiner Dispositionsfreiheit erheblich eingeschränkt. Bei beruflichen, familiären, krankheitsbedingten oder sonstigen persönlichen Veränderungen seiner Lebensverhältnisse kann er den Mietvertrag über eine hierdurch ungeeignet gewordene Wohnung nicht kündigen, selbst wenn die genannten Veränderunge unvorhergesehen oder gar ungewollt eingetreten sind. Da die Miete mit Nebenkosten nicht selten einen beträchtlichen Teil des Einkommens aufzehrt, wird es dem Mieter auch kaum möglich sein, eine zweite Wohnung zu unterhalten, die seinen geänderten Bedürfnissen gerecht wird. Die Möglichkeit, gegebenenfalls einen geeigneten Nachmieter zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 22. Dezember 2003, aaO unter II 1 c), ist zu unsicher, um die erhebliche Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Mieters durch einen formularmäßigen Kündigungsverzicht auszugleichen. Da der beiderseitige Kündigungsverzicht aber insofern auch Vorteile für den Mieter hat, als er diesen über den durch §§ 573, 574 BGB gewährten Kündigungsschutz hinaus vor einer ordentlichen Kündigung des Vermieters absichert, benachteiligt ein formularmäßiger Kündigungsverzicht den Mieter im Regelfall dann nicht unangemessen, wenn er in zeitlicher Hinsicht überschaubar und dadurch für ihn erträglich ist."

Der Bundesgerichtshof äußerte sich weiter, dass wiederum ein höchstens 4-jähriger ordentlicher Kündigungsausschluss wohl wirksam wäre. Dies wird damit begründet, dass bei dem Abschluss eines Staffelmietvertrages nach § 557a BGB ebenfalls das Kündigungsrecht des Mieters für 4 Jahre ausgeschlossen werden kann.

Ob diese Zulässigkeit des Ausschlusses für 4 Jahre jedoch in jedem Fall gelten wird, hat das Gericht ausdrücklich offen gelassen, nachdem es sich in dem vorliegenden Fall nicht konkret damit beschäftigen musste.

Für Mieter, die frühzeitig aus Mietverträgen "aussteigen" möchten, hat sich somit eine neue Möglichkeit aufgetan, wenn ein derartiger Vertrag Verwendung gefunden hat.


Alexander Birmili, Rechtsanwalt
http://www.rae-gartenstrasse-7.de

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