Neues Außenwirtschaftsgesetz und Verhinderung von Unternehmensübernahmen

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Kürzlich wurde die Erweiterung des Außenwirtschaftsgesetzes beschlossen und der Bundesregierung damit bei Ankäufen von Firmenanteilen deutscher Unternehmen durch Investoren aus Nicht-EU-Staaten ein Vetorecht eingeräumt.

Hintergrund für diese Änderung ist die Sorge vor dem wachsenden Einfluss ausländischer Staatsfonds, womit insbesondere die strategisch wichtige Infrastruktur in Deutschland vor dem Zugriff staatsnaher Unternehmen oder ausländischer Staatsfonds, etwa aus dem Nahen Osten, China oder Russland, und der damit möglicherweise verbundenen politischen Einflussnahme ausländischer Staaten geschützt werden soll.

Bernd Fleischer
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Bisher darf die Regierung sich nur einmischen, wenn die Verteidigungsindustrie oder Verschlüsselungstechniken betroffen sind. Mit dem 13. Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung wird nun eine weitere Möglichkeit des Eingreifens geschaffen, wenn Auslandsinvestoren direkt oder indirekt mehr als 25 Prozent der Stimmrechte an einem deutschen Unternehmen erwerben. Kriterium für ein Verbot des Erwerbs ist die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik.

Die Problematik des neuen Gesetzes

Die Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes ist jedoch stark umstritten und hat schon zu zahlreicher Kritik, vor allem aus den Reihen der Wirtschaft, geführt.

Zunächst wird bemängelt, dass die Voraussetzungen der „öffentlichen Sicherheit und Ordnung" so vage sind, dass eine verlässliche Beurteilung der Rechtslage sehr schwierig ist. Auch europarechtlich ist diese formulierte Unbestimmtheit äußerst problematisch. Der EG-Vertrag sieht zwar grundsätzlich die Möglichkeit vor, den Kapitalverkehr und die Niederlassungsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit zu beschränken, allerdings seien dafür hinreichend genaue Kriterien im Gesetz zu verankern. Davon hat das Wirtschaftsministerium in seinem Gesetzesentwurf jedoch abgesehen.

Die Gesetzesänderung hat deshalb auch schon die Europäische Kommission auf den Plan gerufen, mit der Ankündigung, man werde das Gesetz genauestens überprüfen, so dass es ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland nicht ausgeschlossen ist und Wettbewerbshüter und Gerichte in Brüssel dieses Gesetz wieder kassieren könnten.

Umgehungsmöglichkeiten für ausländische Investoren

Zudem hat es den Anschein, als biete das Gesetz den ausländischen Investoren genug Schlupflöcher für eine Umgehung der behördlichen Prüfung bei Unternehmenskäufen in Deutschland.

Ungewiss ist zum Beispiel, wann ein Erwerb von nationalen Unternehmen bzw. Geschäftsanteilen genau vorliegt. Besteht zudem für eine in Deutschland ansässige Tochtergesellschaft eines gemeinschaftsfremden Staatsfonds die Möglichkeit, ein deutsches Unternehmen zu übernehmen, ohne jedoch in den Anwendungsbereich des Außenwirtschaftsgesetzes zu fallen?

Diese Fragen müssen mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden. Ein Blick auf den Gesetzestext des neu eingefügten § 53 des Außenwirtschaftsgesetzes erklärt ziemlich deutlich warum. Demnach kann das Bundeswirtschaftsministerium auch den mittelbaren Erwerb von deutschen Unternehmen untersagen und darüber hinaus ebenfalls den Erwerb eines gemeinschaftsansässigen Unternehmens, an welchem ein Gemeinschaftsfremder mindestens 25 Prozent der Stimmrechte hält.

Das Gesetz sieht vor, dass bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils des gemeinschafts-fremden Erwerbers diesem die Anteile anderer Unternehmen an dem zu erwerbenden Unternehmen zuzurechnen sind, wenn der Erwerber 25 Prozent oder mehr der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen hält. Die Stimmrechte Dritter, mit denen der gemeinschaftsfremde Erwerber eine Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung von Stimmrechten abgeschlossen hat, sind dem Erwerber ebenfalls zuzurechnen.

Die Möglichkeit des Wirtschaftsministeriums, von ihrem Prüfungs- und gegebenenfalls Verbotsrecht Gebrauch zu machen und die Umgehung der Genehmigungspflicht von ausländischen Unternehmen zu verhindern, umfasst somit nur zwei Tatbestände. Zum einen wäre das der Erwerb von Stimmrechten über Tochterunternehmen und zum anderen das Einbringen seiner Stimmrechte in einen Stimmbindungsvertrag mit dritten Unternehmen, welche ebenfalls Stimmrechte an dem betroffenen deutschen Unternehmen halten.

Nicht geregelt wurde damit jedoch die für ein ausländisches Unternehmen bestehende Möglichkeit, Kaufoptionsrechte von einer in der EU ansässigen Firma zu erwerben, welche die Mehrheit an einer deutschen Gesellschaft hält. Ohne mit dem Außenwirtschaftsgesetz in Berührung zu kommen, könnte so ein gemeinschaftsfremdes ein deutsches Unternehmen beherrschen. Des Weiteren könnte dem unliebsamen ausländischen Investor ein Nießbrauch an Geschäftsanteilen bzw. Aktien eingeräumt werden und die deutschen Regulierungsbehörden wären ebenfalls machtlos.

Sollte das gemeinschaftsfremde Unternehmen deutsche Aktien lediglich treuhänderisch verwalten, wobei ihm jedoch das Stimmrecht nach eigenem, freien Ermessen zusteht, wäre auch hier wieder die Regierung diejenige, die das Nachsehen hätte, da ihr dagegen ebenfalls keinerlei gesetzliche Eingriffsmittel zu Verfügung stehen.

Auch die untergesetzliche Verordnung zu diesem Thema, mit ihrem Wortlaut der „mittelbaren Erwerbe" könnte an dieser Situation nichts ändern. Denn als potentiellem Eingriffswerkzeug fehlt es ihr an der erforderlichen Bestimmtheit, die jedoch oberstes Gebot für staatliche Eingriffe in die Privatautonomie der Marktteilnehmer ist.

Neu und somit vom Gesetzgeber leichter zu übersehen sind diese Schlupflöcher allerdings nicht. Die hier dargestellten Umgehungsmöglichkeiten werden in anderen kapitalmarktrechtlichen Gesetzen, wie etwa in § 30 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz und in § 22 Wertpapierhandelsgesetz, ganz explizit geregelt.

Es stellt sich daher die Frage, ob der Gesetzgeber politisch nicht in der Lage war, ein umfassenderes Gesetz zu gestalten oder aber gesetzgeberische Hausaufgaben unerledigt blieben.


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