Neue Regelungen zur Leiharbeit – was ändert sich?

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Maximilian Renger: Leiharbeit ist in Deutschland weit verbreitet. Ungefähr eine Million Menschen arbeiten in solchen Arbeitsverhältnissen. Was sollten betroffene Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten?

Fachanwalt Alexander Bredereck: Ab dem 1.4.2017 gibt es diverse gesetzliche Änderungen, die die Bedingungen der Leiharbeit in Deutschland verändern werden. Das betrifft zum einen die maximale Entleihdauer, aber auch die Frage gleicher Bezahlungen (equal pay).

Maximilian Renger: Wie lange darf denn künftig maximal entliehen werden?

Fachanwalt Alexander Bredereck: Ein dauerhafter Einsatz von denselben Leiharbeitnehmern in nur einem Betrieb wird künftig unmöglich. Leiharbeitnehmer müssen nach spätestens 18 Monaten den Entleiherbetrieb wechseln oder vom entsprechenden Unternehmen übernommen werden. Beschäftigungszeiten mit Unterbrechungen von maximal drei Monaten werden zusammenaddiert. Das bedeutet umgekehrt, dass die Frist von 18 Monaten immer wieder neu beginnt, wenn zwischenzeitlich eine Unterbrechung der Beschäftigung von mehr als drei Monaten erfolgte.

Maximilian Renger: Das scheint mir Umgehungsmöglichkeiten Tür und Tor zu öffnen?

Fachanwalt Alexander Bredereck: Sieht so aus. Die so genannten Pingpong-, bzw. Karusselllösungen bleiben zulässig. Leiharbeitnehmer können im turnusmäßigen Wechsel zwischen (zwei) verschiedenen Betrieben eingesetzt werden.

Maximilian Renger: Wie sieht es bei equal pay (gleiche Bezahlung) aus?

Fachanwalt Alexander Bredereck: Nach neun Monaten haben Leiharbeitnehmer künftig Anspruch auf gleiches Entgelt und gleiche Arbeitsbedingungen wie die Stammbelegschaft. Durch Tarifvertrag kann allerdings von dieser Regelung abgewichen werden. Der Arbeitgeber muss dann allerdings bereits ab der sechsten Beschäftigungswoche einen anwachsenden Zuschlag (Branchenzuschlag) zum Tariflohn in der Zeitarbeit zahlen. Damit kann dann die Frist zur Angleichung auf maximal 15 Monate gestreckt werden.

Maximilian Renger: Außerdem wurde der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher verboten.

Fachanwalt Alexander Bredereck: Richtig. Verboten und mit Geldbußen belegt ist künftig der Einsatz von Leiharbeitnehmern auf bestreikten Arbeitsplätzen.

Maximilian Renger: Was hältst du von den Neuregelungen bei der Leiharbeit insgesamt?

Fachanwalt Alexander Bredereck: Das Gesetz soll missbräuchliche Arbeitnehmerüberlassung bekämpfen. Dem wird der Inhalt nicht vollständig gerecht, da weiterhin zahlreiche Schlupflöcher bestehen. So können die so genannten Karusselllösungen weiter gedeihen, da es auch künftig möglich ist, Arbeitnehmer im turnusmäßigen Wechsel von zum Beispiel einem halben Jahr in verschiedenen Betrieben einzusetzen. Man könnte das Ganze aber als einen Schritt in Richtung Missbrauchsbekämpfung bezeichnen. Andererseits frage ich mich immer, wo der Missbrauch liegt, wenn Arbeitgeber ausdrücklich vom Gesetzgeber zugelassene Spielräume nutzen. Nunmehr lässt der Gesetzgeber ja extra wieder Spielräume zu. Ist das dann auch wieder Missbrauch, wenn diese genutzt werden?

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