Nachbarrecht - Überhängende Äste und Überbau von Gebäuden über die Grundstücksgrenze

Mehr zum Thema: Nachbarschaftsrecht, Grenzabstände, Hecke, Nachbargrundstück, Abstandsflächen, Äste, Gebäude
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Welche Rechte habe ich gegen meinen Nachbarn?

Ein schöner Garten mit prächtigen Bäumen und üppiger Hecke kann der Stolz eines jeden Eigenheimbesitzers sein. Dazu noch ein kleines Gartenhäuschen und ein Teich mit Fischen und Fröschen runden das Bild ab.

Doch genau dieses Bild von einem tollen Garten kann in den Augen des Nachbarn ein großes Ärgernis darstellen. Aus seiner Sicht nehmen ihm die hohen Bäume die Sonne und tauchen seine Terrasse auch im Hochsommer in Dunkelheit. Die Hecke wirkt mit ihrer Höhe wie eine erdrückende Wand und die Frösche im Nachbarteich rauben den Schlaf.

Hier die widerstreitenden Interessen der Nachbarn einem angemessenen Ausgleich zuzuführen ist Aufgabe des Nachbarrechts.

Im Rahmen des zivilrechtlichen Nachbarrechts geht es um eine Einschränkung des eigenen Eigentums an seinem Grundstück durch zivilrechtliche Regelungen insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Hierzu zählen insbesondere das Nachbarrecht des BGB, das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis aus Treu und Glauben und die privatrechtlichen Nachbarrechtsregelungen der Bundesländer (Nachbarrechtsgesetze).

Das Eigentum am eigenen Grundstück und die Ausnutzung des eigenen Grundstücks wird jedoch auch durch öffentlich-rechtliche Vorschriften und Regelungen eingeschränkt. Hier sind insbesondere die Regelungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts sowie des Raumordnungsrechts zu nennen. Auch Naturschutz- und öffentliches Umweltschutzrecht stehen der uneingeschränkten Nutzung des eigenen Grundstücks entgegen.

So ist es beispielsweise nicht ohne weiteres möglich einfach irgendwelche baulichen Anlagen wie Hauseingangsüberdachungen, Carports, bestimmte Mauern oder auch Gartenhäuser in bestimmten Ausmaßen ohne Genehmigung des örtlichen Bauamts zu errichten. Werden solche baulichen Anlagen und Gebäude dennoch ohne Genehmigung errichtet (sog. „Schwarzbau"), so haben die Bauordnungsämter verschiedene Möglichkeiten hiergegen vorzugehen. Die stärkste Sanktion die der Behörde zur Verfügung steht ist die Abrissverfügung.

Im Hinblick auf die Nachbarn ist bei baulichen Anlagen tunlichst auf die Einhaltung von gesetzlich erforderlichen Grenzabständen (Abstandsflächen) zu achten. Da es sich hierbei regelmäßig um „Zentimeterrecht" handelt, können bereits Verletzungen des Grenzabstandes von wenigen Zentimetern im Zweifel zum Abriss des gesamten Gebäudes führen.

Aber auch die Regelungen des Landschaftsschutzes und Naturschutzes können der uneingeschränkten Ausnutzung des eigenen Grundstücks Grenzen setzen, etwa wenn das eigene Grundstück durch Ausweisung eines bestimmten Gebietes sich nunmehr im Landschaftsschutzgebiet befindet.

Im Bereich des zivilrechtlichen Nachbarrechts sind sicherlich die Regelungen des § 1004 BGB auf Unterlassung und Beseitigung und des § 906 BGB zur Duldungspflicht des Eigentümers eines Grundstücks die zentralen Normen, welche für das Verhältnis der Nachbarn zueinander tragend sind.

So geht es bei § 906 BGB um die Zuführung sog. unwägbarer Stoffe durch Feinimmissionen, die der Gesetzgeber beispielhaft aufgeführt hat als Gase, Dämpfe, Gerüche, Rauch, Ruß, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen.

Hierzu zählen insbesondere der Rauch von einem Grill, laute Musik oder auch das Quaken eines Frosches im Teich des Nachbarn. Problematisch kann es sich bei Tieren jedoch darstellen, soweit diese eine geschützte Art sind, dann wird es dem Nachbarn nur schwierig möglich sein das Tier und mithin die Geräuschquelle abzustellen.

Im Hinblick auf Pflanzen haben die meisten Nachbarschaftsgesetze der einzelnen Bundesländer oftmals detaillierte Regelungen, mit welchen Abständen zur Grundstücksgrenze welche Bäume, Sträucher und Hecken zu pflanzen sind und welche Höhe insbesondere Hecken einzuhalten haben. Je nach Art der Hecke und dem Abstand von der Grundstücksgrenze sind Heckenhöhen zwischen zwei bis drei Metern zulässig und vom Nachbarn hinzunehmen.

Auch Bäume sind, sofern sie je nach Art den vorgeschriebenen Grenzabstand einhalten, hinzunehmen. Unterschreiten sie jedoch den Grenzabstand kann dem Nachbarn das Recht zustehen, dass der Baum entfernt wird.

Ein weiterer Bereich, welcher im nachbarschaftlichen Miteinander zu Spannungen führen kann ist der Überhang von Ästen oder das Hinüberwachsen von Wurzeln eines Baumes auf das Nachbargrundstück.

Hier ist festzuhalten, dass dem Nachbarn, auf dessen Grundstück die Äste überhängen oder auf das die Wurzeln hinüberwachsen grundsätzlich nach § 910 BGB ein Recht zusteht diesen Überhang nach fruchtlosem Verstreichen einer angemessenen Frist im Wege der Selbsthilfe zu entfernen.

Dabei kann jedoch der Eigentümer des Baumes immer einwenden, dass von dem Überhang keine wesentliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks ausgeht, das Nachbargrundstück also weder unzumutbar verschattet wird noch hinüberfallendes Laub oder Nadeln die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigen.