NRW: Opt-Out-Pauschale in Feuerwehren bleibt verfassungswidrig

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Tätigkeit über 48 Stunden hinaus muss als Mehrarbeit vergütet werden

Die Pauschale für die Mehrarbeit von Feuerwehrbeamten soll in Nordrhein-Westfalen im Rahmen des so genannten "Opting-Out" von 20,- € auf 30,- € je Schicht angehoben werden. Hierbei handelt es sich um die Möglichkeit, dass der einzelne Beamte auch über 48-Stunden in der Woche hinaus Dienst leistet. Der nordrhein-westfälische Landtag hat mitten in der Adventszeit den Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für frewillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in NRW erstmalig debattiert und in die Ausschüsse verwiesen.

Die geplante Erhöhung ist als eine Art "notwendiges Weihnachtsgeschenk" zu begrüßen, allerdings bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz. Diese bleiben auch nach der Änderung weiter bestehen.

Beamte müssen gegen die Pauschale klagen

Bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf sind unter den Az. 26 K 9607/13, 26 K 9591/13 und 26 K 9643/13 Klagen anhängig, mit denen die Beamten sich auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes berufen und von ihrem Dienstherrn eine höhere Vergütung für die geleistete Mehrarbeit - nämlich auf Grundlage der Mehrarbeitsvergütungsverordnung - verlangen.

Diese Pauschalregelung genügt nämlich nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes wurden vereinzelt bereits im Gesetzgebungsverfahren laut. So kleidete der Landtagsabgeordnete der SPD, Dr. Karsten Rudolph, seine Bedenken in den Satz: "Ich glaube, dass diese Opt-Out-Regelung nicht so gerichtsfest ist, wie sie erscheint."

Gesetz verstößt gegen das Gebot der Bestimmtheit und die Wesentlichkeitstheorie

Das Gesetz über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen erlaubt dem Dienstherrn eine willkürliche Handhabung der Abgeltung der geleisteten Mehrarbeit. So "kann" nach dem Gesetzeswortlaut eine "besondere Zulage" gewährt werden. Diese "kann" für jede Dienstschicht "bis zu" 20 Euro - nach dem Entwurf LT-Drs. 16/4575 vom 12.12.2013 "bis zu 30 Euro" - betragen. Für den Feuerwehrbeamten ist so in keiner Weise vorausseh- und berechenbar, ob sie überhaupt eine Zulage bekommen und in welcher Höhe eine solche gewährt wird.

Ausgleich der geleisteten Mehrarbeit muss klar geregelt sein

Die vollständige Verlagerung der Entscheidungsgewalt von der Legislative auf die Exekutive verstößt zudem gegen den aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleiteten Vorbehalt des Gesetzes. Danach ist der Gesetzgeber verpflichtet, bei der Ordnung eines Lebensbereichs alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (so genannte Wesentlichkeitstheorie).

Die Frage des Ausgleichs der geleisteten Mehrarbeit bildet ein Kernelement der Arbeitszeitregelung. Gerade diesen gewichtigen Aspekt in die Verantwortung der Exekutive zu überantworten, widerspricht mithin dem Verfassungsgebot der Wesentlichkeitstheorie. Dass derartige Bedenken auch im Gesetzgebungsverfahren offenbart worden sind, zeigt der - weniger juristische, aber umso plastischere - Wortbeitrag der Landtagsabgeordneten der Grünen, Monika Düker: "Es kann doch nicht im Interesse des Landes sein, dass in der Kommune so ein Chaos herrscht und jeder macht, was er will." (Plenarprotokoll 14/64).

Das Gesetz über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen verstößt daher sowohl gegen das Bestimmtheitsgebot als auch gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

Und die Moral von der Geschicht? Opting-Out funktioniert so nicht!

Bis zu einer etwaigen Neuregelung ist insoweit auf die allgemeinen gesetzlichen Grundsätze des Landesbeamtengesetzes NRW in Verbindung mit dem Landesbesoldungsgesetz NRW in Verbindung mit der Mehrarbeitsvergütungsverordnung zurückzugreifen.