Muss der Arbeitgeber jedem Mitarbeiter ein Weihnachtsgeld zahlen?

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Ist Gleichbehandlung Pflicht?

Erst einmal gilt: Weihnachtsgeld ist eine freiwillige Leistung, die nicht im Gesetz steht. Ob sie eine einmalige Sonderzahlung ist oder Bestandteil des Gehaltes (oft auch 13 Monatsgehalt genannt), hängt von den Vereinbarungen ab. Diese können sich aus dem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ergeben. Auch in Betriebsvereinbarungen kann das Weihnachtsgeld geregelt sein. Ein Anspruch darauf kann sich auch aus einer „betrieblichen Übung“ ergeben (betriebliche Übung bedeutet übersetzt: „das war schon immer so“).

Wenn nun ein Weihnachtsgeld zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart wurde, fragt sich, ob jeder Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld bekommen und ob es jeder Arbeitnehmer in gleicher Höhe erhalten muss?

Unterschiede beim Weihnachtsgeld führen immer wieder zu Ärger bei den betroffenen Mitarbeitern. Vom Prinzip ist das Weihnachtsgeld eine freiwillige Leistung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat allerdings festgestellt, dass auch bei freiwilligen Zahlungen der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten ist. Dennoch können begründete Unterschiede gemacht werden.

Begründete Unterscheidungen sind möglich

Begründete Unterschiede sind möglich, im Umkehrschluss heißt das, unbegründete nicht. Es muss der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet werden.

Gleichbehandlung bedeutet, dass der Arbeitgeber

  • weder einzelne Mitarbeiter willkürlich schlechter stellen
  • noch willkürlich Gruppen von begünstigten / benachteiligten Mitarbeitern bilden darf.

Willkürlich ist jede Schlechterstellung, die sich nicht aus den Zielen der freiwilligen Leistung ergibt.

Unbegründete Ungleichbehandlung

  • Die neuste Entscheidung des BAG: Wenn der Arbeitgeber nur den Arbeitnehmern ein Weihnachtsgeld zahlt, die vorher einer Kürzung des Gehaltes und einer Arbeitszeitverlängerung zugestimmt haben, so ist das ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (BAG Urteil v. 26.9.2007, 10 AZR 569/06)
  • Gewerbliche Arbeiter dürfen nicht ohne sachlichen Grund schlechter gestellt werden als die Angestellten (BAG Urteil v. 12.10.2005, 19.3.2003, 18.10.2000).
  • Der Arbeitgeber darf Teilzeitkräfte (BAG Urteil v. 24.5.2000) oder geringfügig Beschäftigte (BAG Urteil v. 9.9.1999) nicht vom Weihnachtsgeld ausschließen.

Begründete Ungleichbehandlung

  • Einem Arbeitnehmer, der erst im Laufe des Jahres eingestellt worden ist, braucht der Arbeitgeber nur ein anteiliges Weihnachtsgeld zahlen.
  • Das kellnernde Personal darf im Gastgewerbe vom Weihnachtsgeld ausgenommen werden, da es wegen der Trinkgelder besser gestellt ist als das Küchenpersonal.
  • Soweit ein Teil der Arbeitnehmer übertariflichen Lohn erhält, muss der Arbeitgeber diesen Arbeitnehmern im Gegensatz zu den übrigen nach Tariflohn Bezahlten kein Weihnachtsgeld zahlen (Ausgleichsgedanke).
  • Der Arbeitgeber darf bei Krankheit im Bezugsjahr des Weihnachtsgeldes das Weihnachtsgeld streichen (BAG Urteil vom 21.2.2001, 7.8.2002).
  • Es darf die Weihnachtsgeldzahlung davon abhängig gemacht werden, dass man eine Mindestzeit im Betrieb beschäftigt ist. Bereits bezahltes Weihnachtsgeld kann der Arbeitgeber nur dann zurückfordern, wenn eine entsprechende Rückzahlungsklausel vereinbart ist.
  • Wenn Weihnachtsgeld als einmalige Sonderleistung gezahlt wird in Höhe von über 100 Euro, aber weniger als einem Monatsverdienst, kann eine Bindung bis zum 31. März des Folgejahres erfolgen. Mit anderen Worten, Das Weihnachtsgeld muss zurückgezahlt werden, wenn man vorher selber kündigt.
  • Bei einem (oder über einem) Monatsgehalt kann eine Bindung über den 31. März des Folgejahres hinaus bis zu dem dann zulässigen nächsten Kündigungstermin (z.B. 30. April des Folgejahres) vorgenommen werden, also Rückzahlung, wenn man kündigt.

Die Rechtsprechung zum Thema Weihnachtsgeld ist sehr umfangreich. Die hier dargestellten Grundsätze ersetzen keine Beratung im Einzelfall.


Und nun erst einmal frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

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Ulrike Hinrichs. MBA
Rechtsanwältin. Mediatorin

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