Modifizierte Unterlassungserklärung bei Abmahnung von Getty Images

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Modifizierte Unterlassungserklärung bei Abmahnung von Getty Images

Getty Images International, nach eigener Auskunft weltweit führender Anbieter von Bild- und Filmmaterial, lässt zahllose Homepagebetreiber wegen illegaler Veröffentlichung geschützter Bildwerke abmahnen. Die Abmahnung erfolgt durch die Münchener Anwaltskanzlei Waldorf Rechtsanwälte. Die Homepagebetreiber werden darin zur Abgabe einer der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärung aufgefordert. Hierbei ist Vorsicht geboten! Die von den Münchener Anwälten vorbereitete Unterlassungserklärung geht weit über das hinaus, was zur Erfüllung des im Einzelfall durchaus berechtigten Unterlassungsanspruchs erforderlich ist und beinhaltet insoweit Klauseln und Formulierungen, die in der Unterlassungserklärung – jedenfalls aus Sicht der Abgemahnten – nichts zu suchen haben.

Im Einzelnen:

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Mit einer der vorformulierten Unterlassungserklärung vorangestellten Präambel unternimmt Getty Images den Versuch, dem Abgemahnten zugleich ein ausdrücklich erklärtes Anerkenntnis einer Rechtspflicht unterzuschieben. Dabei ist es zur Beseitigung des Unterlassungsanspruchs überhaupt nicht erforderlich, die vermeintliche Verletzung von Urheberrechten anzuerkennen. Um sich nicht von vornherein sämtliche Einwendungen abzuschneiden, die etwa einem etwaigen Kostenerstattungsanspruch entgegen gehalten werden könnten, sollte der Abgemahnte die strafbewehrte Unterlassungserklärung ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht sowie unter Verwahrung gegen die Kostenlast, jedoch gleichwohl rechtsverbindlich abgeben. Dies insbesondere, wenn unklar ist, wer überhaupt Betreiber der betreffenden Homepage ist oder aber dieser ausschließen kann, dass das nunmehr beanstandete Bildmaterial jemals auf seiner Internetseite eingebunden wurde.

Unter Ziffer (1) der vorformulierten Unterlassungserklärung findet sich ein Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs. Mit der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs lassen sich - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - mehrere im Nachgang zur Abgabe der Unterlassungserklärung versehentlich begangene Verstöße zu einer rechtlichen Einheit zusammenfassen. Die nach der Unterlassungserklärung vorgesehene Vertragsstrafe fällt dann trotz einer Vielzahl von Verstößen nur einmal an. Bei einem vorzeitigen Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs kann sich der Abgemahnte nicht darauf berufen, dass mehrere begangene Verstöße eine rechtliche Einheit bilden. Der Verletzer muss dann unter Umständen für jeden einzelnen Verstoß die dafür vorgesehene Vertragsstrafe zahlen. Der von einer Abmahnung betroffene Homepagebetreiber sollte also keinesfalls per Unterlassungserklärung auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs verzichten. Dies insbesondere deshalb, da die den Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers begründende Wiederholungsgefahr auch dann entfällt, wenn die Unterwerfungserklärung ohne einen solchen Verzicht abgegeben wird.

Mit der Abgabe der Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Erklärende, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen. Die von der Münchener Kanzlei vorbereiteten Unterlassungserklärungen sehen in aller Regel eine der Höhe nach starr bezifferte Vertragsstrafe vor. Die danach für jeden Fall der Zuwiderhandlung in gleicher Höhe anfallende Vertragsstrafe mag jedoch im Einzelfall völlig unangemessen sein, was dann freilich nichts an der Verpflichtung zur Zahlung genau dieses Betrags ändert. Es gilt der Grundsatz, dass nur der Abgemahnte, der bereit ist, einen empfindlichen Geldbetrag im Falle einer Zuwiderhandlung zu bezahlen, auch wirklich gewillt ist, sein Verhalten einzustellen. Nur dann entfällt die den Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers begründende Wiederholungsgefahr.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet für den Abgemahnten der so genannte „Hamburger Brauch“. Danach verpflichtet sich der Abgemahnte, eine für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Unterlassungsgläubiger nach billigem Ermessen festzusetzende und im Streitfall von einem Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen. Diese Art der variablen Vertragsstrafe hat für den Abgemahnten den Vorteil, dass den Besonderheiten der einzelnen Zuwiderhandlung besser Rechnung getragen werden kann. Die vom Unterlassungsgläubiger festzusetzende Vertragsstrafe muss der Billigkeit entsprechen und ist insoweit gerichtlich überprüfbar.

Zur Beseitigung der den Unterlassungsanspruch begründenden Wiederholungsgefahr ist es nicht erforderlich, dass sich der Abgemahnte mit Abgabe der Unterlassungserklärung zugleich dazu verpflichtet, dem Rechteinhaber sämtliche Schäden zu ersetzen, die diesem im Zusammenhang mit den beanstandeten Handlungen entstanden sind und/oder künftig entstehen werden. Gleichwohl sieht die der Abmahnung von Getty Images beigefügte Unterlassungserklärung in aller Regel eine ebensolche Klausel vor. Getty Images versucht auf diese Weise, eine - abweichend von § 97 Abs. 1 UrhG - verschuldensunabhängige Haftung des Abgemahnten für etwaige Schäden zu begründen. Für den Abgemahnten besteht freilich keinerlei Veranlassung, per Unterlassungserklärung einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch des Rechtsinhabers zu begründen.

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Fazit:

Als Empfänger einer Abmahnung sollten Sie die beigefügte Unterlassungserklärung nicht wie von der Gegenseite vorformuliert, sondern vielmehr entsprechend modifiziert abgegeben. Vor der eigenständigen Formulierung einer modifizierten Unterlassungserklärung muss allerdings ausdrücklich gewarnt werden. So kann eine ungeschickte Formulierung als Zeichen für die fehlende Ernstlichkeit einer Unterlassungserklärung gewertet werden, was zur Folge haben kann, dass der Rechteinhaber seinen Unterlassungsanspruch per einstweiliger Verfügung oder Unterlassungsklage geltend macht und damit ein hohes Kostenrisiko zu Ihren Lasten begründet. Andererseits droht die Gefahr, dass Sie die Unterlassungserklärung durch die von Ihnen gewählte Formulierung unnötig und über Gebühr weit fassen und so frühzeitig Ihre eigene Rechtsposition schwächen und sich womöglich ungewollt u.a. zur Erstattung von gegnerischen Anwaltskosten verpflichten. Um sicher zu gehen, sollten Sie daher zur Formulierung Ihrer modifizierten Unterlassungserklärung unbedingt anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.


Der Autor ist Rechtsanwalt in Köln und geschäftsführender Gesellschafter der Kölner Kanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte. Rechtsanwalt Halbe berät und vertritt private wie gewerbliche Abmahnopfer in allen Fragen des Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrechts sowie Internetrechts. Kontaktdaten und weitere Informationen finden Sie unter www.wagnerhalbe.de

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