Mietwagenkosten nach Verkehrsunfall – Neues BGH-Urteil

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Der BGH hatte sich Anfang Oktober 2007 – mal wieder - mit der Erstattung von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall aus­einander zu setzen.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Ehemann der Klägerin war am 27.Juni 2005, mit dem Fahrzeug seiner Ehefrau, an einem Verkehrsunfall beteiligt. Am Folgetag mietete ihr Ehemann bei einer von der Kfz-Werk­statt empfohle­nen Autovermietung ein Fahrzeug der gleichen Wa­genklasse an. Die Beklagten (Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer) weigerten sich die von der Auto­vermietung der Klägerin in Rechnung gestellten Mietwagenkosten von 1.504,75 € in voller Höhe zu erstatten und zahlten nur 740,80 €. Den Differenzbe­trag von 763,95 € machte die Klägerin gerichtlich geltend.

Das Amtsgericht hatte der Klage stattge­geben. Auf die Berufung der Beklagten, hat das Landgericht Zwickau die Klage abgewie­sen.

In dem Verfahren war unstreitig, daß die Beklagten für den entstandenen Schaden in vollem Umfang eintrittspflichtig wa­ren. Streitig war lediglich, in welcher Höhe die Mietwagen­kos­ten zu erstatten waren.

Das Landgericht Zwickau hatte die Klage mit dem Argument abge­wiesen, der Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Autover­mietung sei sittenwidrig und damit nach §§ 138, 139 BGB nich­tig. Es bestünde ein auf­fälliges Mißverhältnis zwischen Leis­tung und Gegenleistung, da der verlangte Mietpreis den „Nor­maltarif“ für die entspre­chende Wagenklasse um 142% überstie­gen habe. Die Autover­mietungsfirma könne wegen der Nichtigkeit des Vertrages Wertersatz von der Klägerin verlangen. Dieser sei aber außergerichtlich be­reits geleistet worden, sodaß kein Anspruch mehr von Seiten der Autovermietungsfirma gegen­über der Klägerin bestehe und die Klägerin mithin keinen Scha­den mehr mit der Klage geltend machen könne.

Dieser Argumentation ist der entscheidende Senat des BGH nicht gefolgt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Geschädigte „nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.“ Der Geschädigte muß sich – in zumutbarer weise – auf dem örtlichen Markt umsehen und kann grundsätzlich nur den günstigern Preis für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs verlan­gen.

Bei der Autovermietung wird zwischen dem „Normaltarif“ als der Tarif, der für den Selbstzahler Anwendung findet und unter marktwirtschaftlichen Gesichtpunkten gebildet wird und dem teureren „Unfallersatztarif“ unterschieden.

Den Geschädigten eines Unfalls trifft eine Schadensgeringhal­tungspflicht. Gegen diese Pflicht verstößt er nicht schon des­halb, wenn er ein Fahrzeug zum „Unfallersatztarif“ anmietet, „soweit die Besonderheiten des Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwa­genunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die Besonderheiten der Unfallsituation ver­anlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung erforderlich sind.“ Es ist also in jedem Einzelfall zu prüfen, ob unfallbe­dingte Mehrleistungen des Vermieters oder sonstige mit der Un­fallsituationen verbundene Umstände diese Erhöhung rechtferti­gen.

Ist danach der „Normaltarif“ gerechtfertigt oder ist dem Ge­schädigten im konkreten Fall ein günstigerer Tarif nicht zu­gänglich, hat er Erstattung auf den „Unfallersatztarif“. Es kommt dann nicht darauf an, ob der Mietpreis für das Ersatz­fahrzeug wirksam vereinbart worden ist. D.h., die Schadenser­satzverpflichtung des Schädigers und seines Haftpflichtversi­cherers bleibt unabhängig von möglichen vertragliche Ansprü­chen des Geschädigten gegenüber dem Vermieter bestehen. Dem­nach kam es nicht darauf an, ob im konkreten Fall der Mietver­trag nichtig war.

Ob der erhöhte Tarif erforderlich war, unterliegt der Prü­fung, ob die spezifischen Leistungen bei der Vermietung an Un­fallge­schädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen.

Auf die Frage der Erforderlichkeit kommt es dann nicht an, wenn entweder feststeht, daß der Geschädigten ein günsti­gerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation zugänglich oder der Geschädigten die Anmietung zum „Normaltarif“ im kon­kreten Fall nicht zugänglich war.

Ob der Geschädigten ein wesentlich günstigerer Tarif ohne wei­teres zugänglich war, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Geschädigte hat dafür die Darlegungs- und Beweislast.

Das Berufungsurteil des Landgerichts Zwickau war, da die gebo­tenen Feststellungen zur Erforderlichkeit des Unfallersatzta­rifes und ggf. zu dessen Zugänglichkeit fehlten aufzu­heben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuver­weisen.

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