Mehr Demokratie wagen

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Zwei Kreuze alle vier Jahre. Warum trauen wir uns nicht mehr direkte demokratische Beteiligung zu?

Wer bei dieser Bundestagswahl nicht gewählt hat, wurde regelrecht als asozial verschrien. Eine Kampagne, um Nichtwähler doch noch zu mobilisieren, jagte die nächste. Die schlimmste von allen: Wer nicht wählt, wird Wirt. Diese Kampagne der Bild überspitzt, wo wir gesellschaftlich wirklich stehen: Wir sind keine echten Demokraten, die andere Meinungen anerkennen und alle Menschen als gleichwertig ansehen. Das von der Verfassung garantierte Recht, nicht wählen zu gehen, wird nicht akzeptiert und sogar mit der Ausgrenzung von Berufsgruppen torpediert. So eine Kampagne ist asozial - nicht wählen ist es nicht.

Viele Wähler, die voller Freude - oder Qual - ein aktiver Teil der Demokratie sein wollten und sollten, machten ihre Kreuze allerdings umsonst. Fast 7 Millionen Stimmen wurden nicht berücksichtigt, weil die gewählten Parteien an der Fünf-Prozen-Hürde scheiterten. Ist doch schön, wenn das einzige demokratische Mittel, das man alle vier Jahre hat, zwei Kreuze sind. Kreuze, die dann nicht mal eine Berücksichtigung im Parlament finden.

Was ist so schlimm daran, wenn kleine Parteien und Extremparteien mit ihren paar Sitzen im Bundestag mitspielen? Ist das hier nur eine Demokratie für die Mehrheit? Ich glaube nicht daran, dass die Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde eine zweite Weimarer Republik heraufbeschwören würde. Ich glaube auch nicht daran, dass Nichtwähler automatisch "rechts wählen" oder asozial sind. Ich glaube daran, dass eine echte Demokratie auch Mindermeinungen und extremere Meinungen akzeptieren und sich mit diesen auseinandersetzen muss, solange diese Meinungen nicht die Verfassung untergraben. Parteien, die gegen die Verfassung sind, kann man verbieten.

Ist die Prozenthürde ein Garant für eine leichtere Regierungsbildung? Schon geht es wieder los, das Machtspiel mit Ministerposten und Ministerien. In 8 Wochen soll die neue Regierung stehen. Acht Wochen! Das sind zwei Monate, in denen der vorherige Stillstand wie ein Hochgeschwindigkeitsrennen anmutet. Und es ist ja nicht nur die Zeit nach der Wahl. Auch vorher, im Wahlkampf, ist nichts passiert. An kritische Themen haben die Parteien sich ja nicht mal herangetraut. Handeln? Ansprechen? Um Gottes Willen, das muss bis nach der Wahl warten.

Rot-Rot-Grün wird kategorisch abgelehnt, weil man nicht mit den Linken will. Aus Prinzip. Dann lieber Neuwahlen provozieren. Verantwortung übernehmen und den Auftrag des Wählers annehmen sieht irgendwie anders aus.

Aber die Abschaffung oder vielmehr deutliche Absenkung der Fünf-Prozent-Hürde ginge nicht weit genug. Es wird immer noch zu viel Wahllügen und Lobbyismus geben. Warum darf sich unsere Demokratie nicht weiterentwickeln? Demokratischer werden? Ich wünsche mir eine Demokratie, bei der ich selbst mehr mitentscheiden und weniger von Parteien, Lobbyismus und Machtspielen abhängig bin. Bei der meine demokratische Mitarbeit nicht nur auf Kreuze alle vier Jahre begrenzt ist. Bei der jede Stimme auch tatsächlich zählt.

Ich wünsche mir mehr direkte Demokratie im politischen Entscheidungsverfahren. Mehr Volksbegehren und mehr Volksentscheide - und zwar auf Bundesebene.

Leserkommentare
von klaus123mitglied am 11.10.2013 18:15:32# 1
mann sollte nur soviele bundestagsplätze an die parteien vergeben wie sie an stimmen erhalten haben.sprich 25% nichtwähler plus10% ungültige oder durch hürde nicht berücksichtigte stimmen ergibt eine besetzung im bundestag von nur 65% der plätze!!!!!!
da wird mal richtig geld gespart !!!!!!!
und einen nichtwähler als asozial zu beschimpfen,nur weil er von keinem der zur wahl stehenden "volksverbrechern" vertreten werden möchte, ist das letzte.
und die fehlenden amigoplätze würden den großen parteien mal richtig weh tun.
    
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