Mahnverfahren für Laien – eine Anleitung

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Mahnverfahren für Laien – eine Anleitung

Von Rechtsanwältin Michaela Albrecht

Sie sind Gewerbetreibender, haben eine Forderung gegen jemanden, und es lohnt sich eigentlich nicht, extra einen Rechtsanwalt einzuschalten? Wenn Sie außerdem die Hoffnung haben, dass der Schuldner sowieso nicht reagiert, dann könnten Sie versuchen, das Mahnverfahren selbst einzuleiten.

Achtung: Diese Anleitung gilt nur für einfach gelagerte Fälle und wurde für das automatisierte Verfahren erarbeitet. Sie erfolgt ausdrücklich auf eigene Gefahr des Benutzers.

Die Verfasserin hat zwar anhand von Literatur geprüft, was bei der Einleitung eines Mahnverfahrens zu beachten ist, sie übernimmt deswegen jedoch keinerlei Gewähr, und insbesondere nicht für Fehler, die bei der Befolgung dieser Anleitung entstehen könnten.

Wenn Sie unsicher sind, empfiehlt es sich, den „Prototyp“ Ihres Mahnbescheidsantrages von einem Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.

  1. Die Vorteile des Mahnverfahrens

    • Es ist einfach einzuleiten, denn man muss nur den Vordruck ausfüllen.
    • Es ist zunächst nur ein geringer Gerichtskostenvorschuss zu leisten (0,5).
    • Das Gericht nimmt keine Schlüssigkeitsprüfung vor.
    • Wenn sich der Schuldner nicht wehrt, können Sie relativ schnell und problemlos zu einem vollstreckbaren Titel kommen.
    • Es wird in der Praxis häufig zum Zwecke der unmittelbar bevorstehenden Verjährungshemmung, vor allem am Jahresende sowie zur Vermeidung eines sonst im Klageverfahren erforderlichen Schlichtungsverfahrens eingesetzt. Die Verjährungshemmung tritt mit Zustellung des Mahnbescheids bzw. schon mit Einreichung ein, falls Zustellung demnächst erfolgt.
      Hemmung heißt, die Verjährung beginnt nach Ende der Hemmung nicht neu zu laufen, sondern nur noch mit dem noch vorhandenen Rest der Verjährungsfrist.
      Wichtig ist, dass Sie als Laie nicht erst einen Monat vor Ablauf der Verjährungsfrist versuchen, das Mahnverfahren einzuleiten, denn falls Sie Fehler machen (passiert sehr leicht), könnte es sein, dass die Verjährung eingetreten ist, bevor der Fehler geheilt werden konnte.

  2. Einige Risiken des Mahnverfahrens

    • Es ist darauf zu achten, dass die richtigen Vordrucke verwendet werden. Besonders im automatisierten Verfahren müssen diese besonders sorgfältig ausgefüllt werden, da auch der kleinste Fehler oder Unregelmäßigkeit sofort zu Monierungen führen kann (z.B. ein Zahlendreher bei der PLZ).
    • Die Forderung muss ausreichend individualisiert sein, so dass der geltend gemachte Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines Vollstreckungstitels sein kann. Der Schuldner muss erkennen können, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will.
    • Bei einer Mehrzahl von Einzelforderungen muss deren Bezeichnung im Mahnbescheid dem Beklagten ermöglichen, die Zusammensetzung des verlangten Gesamtbetrages aus für ihn unterscheidbaren Ansprüchen zu erkennen.
      Zur Vermeidung dieses Risikos:

      • - Anspruch so genau wie möglich bezeichnen
      • – vorhandene Schriftstücke (Verträge, Rechnungen etc) beifügen


      Nichtjuristen sollten den Mahnbescheid nicht selbst beantragen bei:

      • komplexen Forderungen
      • Verträgen mit gemischter Struktur (wenn die Vertragsart nicht eindeutig bestimmt werden kann, z.B. Abgrenzung Dienst-/Werkvertrag), weil die zutreffende Wahl des Anspruchsgrundes aus dem vorgegebenen Katalog Schwierigkeiten machen kann
      • wenn man nicht sicher ist, wie der Anspruch zu bezeichen ist
      • wenn man nicht sicher weiß, bei welchem Gericht das Mahnverfahren anhängig gemacht werden soll (u.U. Anwalt fragen)

      Sie sollten überhaupt keinen Mahnbescheid beantragen, wenn Sie glauben, der Antragsgegner wird sowieso Widerspruch einlegen. In diesem Fall sollten Sie gleich zum Anwalt Ihres Vertrauens gehen, denn ansonsten verlieren Sie durch das Mahnverfahren nur Zeit.

  3. Nachteile des Mahnverfahrens

    • Ein Mahnverfahren kann je nach Gericht lange dauern, wenn die Mahnabteilungen überlastet sind (gilt nicht bei automatisiertem Mahnverfahren).

    • Es können zeitaufwändige Umwege entstehen wegen Widerspruch/Einspruch. Durch Zustellung, Widerspruchseinlegung, Anforderung und Einzahlung des weiteren Gerichtskostenvorschusses und Abgabe an das örtlich zuständige Gericht für das streitige Verfahren können Monate vergehen, bis endlich die streitige Auseinandersetzung folgt.

  4. Wie füllt man das Formular aus?

    (Auf meiner Website www.michaela-albrecht.de finden Sie zusätzlich Abbildungen als Hilfe zum Ausfüllen)

    Wichtig:

    Das Formular im automatisierten Verfahren muss mit dem PC oder einer Schreibmaschine ausgefüllt werden!

    1. Wer gegen wen? – „Antragsteller / Antragsgegner“

      Stelle ich den Antrag als natürliche Person (Sabine Müller) oder als juristische (z.B. Müller GmbH)?
      Wenn juristische Person – welche: GmbH, OHG, AG, KG, GmbH & Co. KG etc. ?
      Wie ist es auf der Gegenseite?
      Gibt es noch jemanden auf der Antragsteller-/Antragsgegnerseite?

      Ist Antragsteller eine natürliche Person, dann bitte in Spalte 1 eintragen, falls weiterer Antragsteller -> zusätzlich Spalte 2, falls noch mehr, diese bitte auf Extrablatt beifügen.

      Handelt es sich um eine juristische Person, bitte auf Spalte 3 eintragen:

      Welche Gesellschaftsform hat mein Unternehmen bzw. das der Gegenseite:

      • Einzelkaufmann -> In Zeile 8 bzw. 23 „3“ eintragen
        Bei „vollständige Bezeichnung“ immer auch vollständigen Namen des Inhabers eintragen
        (Bsp. : Savira Lebensberatung, Inhaberin: Sabine Mustermann, e.K.)
      • GmbH & Co. KG -> In Zeile 8 bzw. 23 „4“ eintragen
        In Zeile 9 bzw. 24 die vollständige Anschrift der KG
        in Zeile 4 ff. bzw. 19 ff. die Anschrift der Komplementär-GmbH (ohne Anredeziffer)
        in Zeile 12 ff. bzw. 27 ff. den gesetzlichen Vertreter (z.B. Geschäftsführer)
      • GmbH, AG, OHG, KG -> in Zeile 8 Feld freilassen und rechts die Rechtsform eintragen
      • GbR -> nicht parteifähig!
        Die einzelnen Gesellschafter werden als natürliche Personen behandelt und deswegen in Spalte 1 aufgeführt

    2. Welche Leistung wurde nicht erbracht? – „Bezeichnung des Anspruchs“

      • Zeile 32 „Katalognr.“

        hier im Hauptforderungskatalog nachschauen, ob die Anspruchsgrundlage aufgeführt ist.
        (Bsp. : Kaufvertrag = 11, Dienstleistungsvertrag = 5)
        Falls Sie Ihre Vertragsart im Katalog nicht finden, sollten Sie, um Mahnverfahren als Unternehmer selbst einzuleiten, zumindest dahingehend anwaltlich beraten lassen, um welche Art von Verträgen es sich bei Ihrem Unternehmen naturgemäß handelt.
        Gegebenenfalls ist Ihre Vertragsart in Zeile 36 einzusetzen.

      • Rechnung/Aufstellung/Vertrag oder ähnliche Bezeichnung

        In der Regel wird es sich um eine Rechnung handeln

      • Nr. der Rechnung, des Kontos oder dergleichen

        Hier kommt die nähere Bezeichnung der Rechnung hinein, damit diese individualisierbar ist für den Schuldner

      • Datum bzw. Zeitraum

        Datum der Rechnung

      • Betrag

        Hauptforderung hier eintragen

      Zeile 35 nur bei Mietverhältnissen relevant

    3. Laufende Zinsen

      Zeile der Hauptforderung

      Hier kommt nur 32, 33 oder 34 in Frage, das ist die Zeile, in denen Sie Ihre Hauptforderung(en) eingetragen haben.

      Zinssatz

      Falls Sie vertraglich einen Zinssatz vereinbart haben, wird dieser hier eingetragen

      oder % über Basiszinssatz

      Falls Sie nichts vereinbart haben, wird hier eine 5 eingetragen

      1=jährlich etc.

      Meist wird hier eine 1 eingetragen

      Betrag, nur angeben, wenn abweichend vom Hauptforderungsbetrag

      Wenn Sie z.B. aus einem geringeren Betrag als der Hauptforderung Zinsen verlangen, wird dieser Betrag hier eingetragen

      Ab Zustellung des Mahnbescheides, wenn kein Datum angegeben.

      Hier können Sie den Zeitpunkt angeben, ab dem Sie Zinsen berechnen, in der Regel ab Fristsetzung in der Mahnung

    4. Ausgerechnete Zinsen

      Falls Sie Zinsen ausgerechnet und dem Antragsgegner mitgeteilt haben, können Sie diese hier mit Anfangs- und Enddatum eintragen

      Auslagen

      Hier können Sie Ihre Auslagen eintragen (Porti, Kosten für den Vordruck o.ä.)

      Andere Nebenforderungen

      Mahnkosten – haben Sie in der Mahnung Mahnkosten berechnet?
      Auskünfte – z.B. Einwohnermeldeamtsanfrage, Gewerberegisterauskunft
      Bankrücklastkosten – ein Scheck ist geplatzt und Sie hatten hieraus Kosten
      Inkassokosten – Ihnen sind Inkassokosten entstanden
      Sonstige Nebenforderung – alles, was jetzt noch nicht genannt wurde

    5. Wo wäre das streitige Verfahren durchzuführen?

      Zeile 45 erstes Feld: Welches Gericht ist sachlich zuständig? Bei Gegenstandswerten bis 5.000,- AG, darüber normalerweise LG, bei Kaufleuten auf beiden Seiten die Kammer für Handelssachen.
      Lassen Sie sich gegebenenfalls anwaltlich beraten.

      Welches Gericht ist örtlich zuständig?

      Dies ist das Gericht des Wohn- oder Geschäftsort des Schuldners, sofern Sie nicht vertraglich in einer Gerichtsstandsvereinbarung etwas anderes geregelt haben.

      Nicht ankreuzen, dass Sie im Falle eines Widerspruchs die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragen, denn dies löst unnötige Kosten aus, und Sie können ein streitiges Verfahren auch durchführen, wenn Sie das nicht angekreuzt haben.

    6. Prozessbevollmächtigter

      Da Sie es ja selbst machen, ist dieses Feld für Sie irrelevant.

    7. An welches Gericht richten Sie Ihren Mahnantrag?

      Rufen Sie Ihr örtlich zuständiges Amtsgericht an und fragen dort, welches Gericht als zentrales Mahngericht zuständig ist und ob das automatisierte Verfahren eingerichtet wurde.

      Ankreuzen:

      Ich erkläre, dass der Anspruch von einer Gegenleistung abhängt, diese aber bereits erbracht wurde.

      Unterschreiben, fertig!

  5. Und wie geht es dann weiter?

    Vorausgesetzt, Sie haben beim Ausfüllen des Formulars keine Fehler gemacht, erhalten Sie dann eine Kostenrechnung des Gerichts über die anfallenden Gerichtskosten. Wenn Sie diese entrichtet haben (Achtung, manche Gerichte setzen eine Zahlungsfrist!), wird der Mahnbescheid zugestellt.

    Nun kann das Verfahren auf zwei verschiedene Weisen weitergehen:

    1. Der Antragsgegner widerspricht (ganz oder teilweise), wobei für das Verfahren gleichgültig ist, ob er dies innerhalb der gerichtlich gesetzten Frist tut. Ein verspäteter Widerspruch wird als Einspruch gewertet und entfaltet dieselbe Rechtsfolge:

      Nun muss die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt werden.

      Dies kann ein Laie erfahrungsgemäß nicht selbst, so dass dann spätestens ein Anwalt hinzugezogen werden sollte. Das Verfahren geht dann so weiter, als sei von vorneherein Klage vor dem ordentlichen Gericht erhoben worden.

    2. Der Antragsgegner reagiert überhaupt nicht.

      In diesem Fall erhalten Sie einen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides, den Sie ebenfalls ausfüllen. Dies ist, sofern sich aus den Umständen keine Komplikationen ergeben (Umzug des Antragsgegners oder Teilzahlungen), sehr einfach.

      Der Vollstreckungsbescheid wird dann erlassen und Sie können vollstrecken. Hierfür sollten Sie jedoch dann spätestens juristische Unterstützung hinzuziehen.