MPU – Immer zu Recht verlangt?

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Fazit:

Bei Problemen mit dem Führerschein spielt die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) eine zentrale Rolle. Zu Recht haben Betroffene hier Angst, bei dieser Untersuchung zu scheitern. Aber ist die Anordnung der Untersuchung immer gerechtfertigt?

In meinem Beratungsalltag häufen sich daher die Anfragen von Betroffenen, die ihren Führerschein verloren haben und mit der Aufforderung zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) konfrontiert werden. Auch wird Beratung gewünscht im Vorfeld von drohendem Führerscheinentzug. Nach Auffälligkeiten mit Drogen oder Alkohol etc. oder nach Führerscheinentzug durch strafgerichtliche Entscheidungen wird nämlich grundsätzlich eine MPU angeordnet.

Meistens kreisen die Anfragen der Betroffenen darum, ob man nach Fahrerlaubnisentzug die Anordnung einer MPU mit dem kostspieligen Erwerb eines neuen Führerscheines aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union umgehen kann.

Nach der nunmehr verabschiedeten 3. Führerscheinrichtlinie der EU dürfte dem jedenfalls nach Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht, die noch aussteht, dauerhaft ein Riegel vorgeschoben sein. Diese Richtlinie sieht nämlich in Artikel 11 Abs. 4 vor, dass ein Mitgliedsstaat die Ausstellung eines Führerscheins ablehnen muss, wenn die Fahrerlaubnis von einem anderen Mitgliedstaat entzogen, ausgesetzt oder eingeschränkt wurde. Dies ist als Reaktion auf die europarechtsfreundliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), die bisher klar zugunsten der Betroffenen entschied, zu sehen.

Vor dem Hintergrund z. B. einer aktueller Entscheidung des OLG Stuttgart dürfte auch schon vor Übernahme der Richtlinie in deutsches Recht fraglich sein, ob der sog. „Führerschein-tourismus" die Unterstützung durch deutsche Gerichte finden wird. Auch wenn dies im Grunde falsch ist - vorallem vor dem Hintergrund der langen Verfahrensdauern und auch der bisher zum Teil ablehnenden Haltung der deutschen Justiz dürfte eine Gegenwehr insoweit dem Kampf gegen Windmühlen gleichen.

Aber: Aus einem anderen, bislang wenig beachteten Grund besteht aber durchaus die Chance, sich gegen die Nichterteilung des Führerscheins (auch ohne „Führerscheintourismus") oder Anordnung der MPU allgemein zur Wehr zu setzen. Zu Unrecht wird nämlich bei der Frage, ob eine MPU vom Betroffenen verlangt werden kann, von den Behörden die Frage der Erforderlichkeit einer solchen Untersuchung oftmals ungünstig falsch beurteilt.

So entschied jüngst das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes im einstweiligen Anordnungsverfahren (Beschluss vom 27.07.2006, AZ. : 1 W 33/06), dass die Behörde zu einer eingehenden Einzelfallprüfung verpflichtet sei und unter Umständen beim Antrag auf Erlass der neuen Fahrerlaubnis speziell bei einem nur einmaligen Fehlverhalten eine MPU nicht anordnen darf.

Im zugrunde liegenden Fall war die Antragstellerin wegen Unfallflucht verurteilt worden. Das Gericht entschied, dass die Bestrafung der Unfallflucht, die bereits 17 Monate zurücklag, nicht mit erschwerenden Umständen gekennzeichnet war und außerdem durch eine deutliche Geldstrafe sowie einen 15-monatigen Verlust der Fahrerlaubnis geahndet worden war, ausreichte, um eine Rückfallwahrscheinlichkeit zu verneinen. Unter einer Gesamtschau dieser Umstände und Berücksichtigung der massiv belastenden Wirkungen einer MPU (die Ausführungen hierzu sind sehr deutlich ausgefallen) durfte daher keine MPU angeordnet werden.

Es ist alles eine Frage des Einzelfalls. Im entschiedenen Fall sprachen viele Punkte für die Antragstellerin – sie hatte den Unfallort schockbedingt verlassen, was nochmals zu Ihren Gunsten sprach. Aber eines dürfte klar sein:

Die Anordnung einer MPU ist ein scharfes Schwert und es muss im Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob der Schutzzweck – Schutz des Straßenverkehrs – nicht bereits durch die Verurteilung und den Verlust der Fahrerlaubnis hinreichend gewahrt wird.

Nach meinen Erfahrungen gehe ich nicht davon aus, dass die Behörden dies regelmäßig so gründlich prüfen und durchaus Chancen bestehen, gegen die Anordnung einer MPU vorzugehen. Dann aber ist die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis oder der Erhalt des Führerscheins gesichert.

Auf jeden Fall sollten Sie, falls Sie betroffen sind, frühzeitig einen Anwalt mit der Prüfung des Falles betrauen. Dies macht schon im ggf. strafrechtlichen Verfahren oder im verwaltungsrechtlichen Anhörungsverfahren Sinn! Nur so können taktisch die richtigen Weichen gestellt werden, wichtige Erwägungen vorgetragen, entlastende Umstände berücksichtigt und grobe Fehler in der Verteidigung und Durchsetzung Ihrer Rechte vermieden werden.


Burgwedel, den 22.05.2007
Hans-Christoph Hellmann
Rechtsanwalt

RA Hellmann ist u. A. Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Verkehrsrecht und Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein

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