"Legaler" Flüchtling und Student - Lebensfinanzierung und Sozialrecht?

11. Februar 2017 Thema abonnieren
 Von 
Elkstone
Status:
Beginner
(62 Beiträge, 1x hilfreich)
"Legaler" Flüchtling und Student - Lebensfinanzierung und Sozialrecht?

Hallo liebe Forenmitglieder,

ich hoffe sehr, hier nützliche Tipps zu bekommen. Es geht um einen jungen syrischen Wissenschaftler (Ingenieur, Kenan), der seit wenigen Monaten in Deutschland ist. Kurz zu seinem Hintergrund: Vor 2 Jahren floh Kenan vor dem Krieg in Syrien in den Libanon, wo er sich mit Billigjobs unter widrigen Umständen durchschlug. Übliche Fluchtwege lehnte er ab. Sein Ziel war, legal (ohne Lebensgefahr) auszureisen, um in Deutschland (er war bereits früher zu Forschungszwecken hier) zunächst an einer Universität zu promovieren (Promotionsstudium). Mit meiner Hilfe und der Hilfe eines Professors bekam er nach langer Überprüfung und Wartezeit von der Deutschen Botschaft im Libanon ein Visum zur Promotion/als Promotionsstudent. Eine Bedingung war die Einrichtung eines Sperrkontos, wo für 1 Jahr Geld zum Leben zur Verfügung steht (ca. 9.000 Euro – dieses muss er aber später zurückzahlen). Eigenes Geld hat er nicht mehr, das ging im Libanon drauf. Momentan besucht Kenan einen deutschen Sprachkurs und wird anschließend am Lehrstuhl seine Promotion beginnen. Sein Visum gilt zunächst ein Jahr.

Er hat kein Stipendium, sondern eben nur das Geld auf dem notwendigen „Sperrkonto", welches aber absehbar in einigen Monaten aufgebraucht sein wird. Da hat sein Promotionsstudium aber gerade erst begonnen und wird noch ca. 2 Jahre dauern. Die Universität kann ihm leider keinen Job anbieten, auch sonst ist die Arbeitsmarktlage in der Kleinstadt, in der er lebt und forscht, sehr schlecht.

Meine Fragen sind nun:
• Welche Optionen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes hat Kenan, wenn sein Sperrkonto aufgebraucht ist? Er hat weder Einkommen noch Erspartes. Bekommt er dann kein Visum mehr? Im Heimatland droht ihm der Militätdienst.
• Im Visum steht „Erwerbstätigkeit gem. §16III S.2 AUFENTHG". Kann er damit - neben seines Promotionsstudiums an der Uni – überhaupt eine Arbeit annehmen?
• Was, wenn er keine Arbeit findet? Wie soll er überleben? Kann er Sozialhilfe beantragen, er ist ja lediglich mit einem „Studentenvisum" hier und zudem „Promotionsstudent"?
• Oder sollte er, so wie viele Flüchtlinge, Asyl beantragen? Aber kann er dann weiter an der Uni promovieren?

Kenan ist sehr verzweifelt. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn uns jemand Tipps geben kann, welche Handlungsoptionen er hat oder nutzen kann.
Danke


-- Editier von Elkstone am 11.02.2017 11:24

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3 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38385 Beiträge, 13987x hilfreich)

Er ist kein Asylant. Das wissen auch die Behörden. Er ist unter anderen Voraussetzungen nach Deutschland gekommen. Muss sich halt einen Nebenjob suchen, was bei seinen Sprachkenntnissen auch in einem kleinen Ort nicht schwierig sein dürfte.

wirdwerden

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#2
 Von 
Felicite
Status:
Lehrling
(1239 Beiträge, 1509x hilfreich)

Zitat (von wirdwerden):
Er ist kein Asylant. Das wissen auch die Behörden. Er ist unter anderen Voraussetzungen nach Deutschland gekommen.

Dass er mit einem Studentenvisum gekommen ist, sagt nichts darüber aus, ob er Asylgründe hat oder nicht. Asylgründe können sogar erst während des Aufenthalts in Deutschland entstehen, wenn sich etwas im eigenen Leben oder im Heimatland ändert.

Zitat (von Elkstone):
• Welche Optionen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes hat Kenan, wenn sein Sperrkonto aufgebraucht ist? Er hat weder Einkommen noch Erspartes. Bekommt er dann kein Visum mehr? Im Heimatland droht ihm der Militätdienst.

Eines kann man auf jeden Fall: Ihm die Sorge nehmen, dass er bei der jetzigen Situation nach Syrien zurück muss. Jeder Syrer kann in Deutschland bleiben, solange in Syrien Bürgerkrieg herrscht.

Zitat (von Elkstone):
• Im Visum steht „Erwerbstätigkeit gem. §16III S.2 AUFENTHG". Kann er damit - neben seines Promotionsstudiums an der Uni – überhaupt eine Arbeit annehmen?

Während des Sprachkurses (als Teil der Studienvorbereitung) darf er im ersten Jahr keine Arbeit annehmen (Satz 2 von § 16 III). Bei einem normalen Promotionsstudium (oder nach dem ersten Jahr) ist das dann anders, dann gilt Satz 1 des Paragraphen.
§ 16 III AufenthG lautet:

Zitat:
Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, die insgesamt 120 Tage oder 240 halbe Tage im Jahr nicht überschreiten darf, sowie zur Ausübung studentischer Nebentätigkeiten. Dies gilt nicht während des Aufenthalts zu studienvorbereitenden Maßnahmen im ersten Jahr des Aufenthalts, ausgenommen in der Ferienzeit, und bei einem Aufenthalt nach Absatz 1a.


Mit einem Aufenthalt zu studienvorbereitenden Maßnahmen (nicht einem zur Studienbewerbung nach Absatz 1a) kann er im ersten Jahr zumindest während der Ferien arbeiten. Nach dem ersten Jahr darf er dann an 120 Tage im Jahr voll arbeiten oder an 240 Tagen halbtags. Zudem auch an der Uni, falls er dort doch noch was kriegen sollte.

Zitat (von Elkstone):
• Was, wenn er keine Arbeit findet? Wie soll er überleben? Kann er Sozialhilfe beantragen, er ist ja lediglich mit einem „Studentenvisum" hier und zudem „Promotionsstudent"?

Sozialhilfe oder Hartz IV gehen nicht mit seinem studentischen Aufenthalt.

Ohne dass ich mich in diesem Bereich auskenne, werfe ich einfach mal einige Gedanken in den Raum:
- Er könnte versuchen, sich doch noch um ein Stipendium zu bemühen; einfach mal alles abklappern.
- Wie die Bedingungen für einen Studienkredit sind, kann ich nicht sagen. Da solltet ihr euch aber auf jeden Fall bei Banken erkundigen (die Rückzahlungsgarantie ist den Banken bei einem nicht festverwurzelten Ausländer wahrscheinlich zu gering, aber mit einem Abschluss als Ingenieur sollte er gute spätere Beschäftigungschancen haben).
- Als fertiger Ingenieur könnte er auch schauen, welche Firmen in seinem Fachbereich es in der Umgebung gibt, die evtl. Leute suchen könnten (wenn sein Deutsch für eine qualifizierte Tätigkeit reicht) - und wenn es außerhalb der Kleinstadt ist, auch etwas, wo er am Stück arbeiten kann und evtl. anderen Syrern übernachten kann.
- Dass man Arbeit sucht, sollte man möglichst vielen Leuten erzählen, das erhöht die Chancen ungemein. Sprich auch du mit Freunden und Bekannten.

Generell ist anzuraten, sich bei einer Flüchtlingsberatungsstelle in der Nähe einen Termin zu besorgen. Vor dem Problem der weiteren Finanzierung des Studiums stehen viele Studenten aus Syrien, oft einfach, weil die Verwandten in Syrien kein Geld mehr schicken können. Da gibt es sicher auch einiges an Erfahrungswerten bei den Beratungsstellen.

Zitat (von Elkstone):
• Oder sollte er, so wie viele Flüchtlinge, Asyl beantragen? Aber kann er dann weiter an der Uni promovieren?

Weiterstudieren kann er nach Stellung des Asylantrags erst mal nicht, wenn er als Asylberechtigter anerkannt werden sollte, geht das natürlich. Deshalb sollte er sich das gut überlegen, ob er Asylgründe (persönliche Verfolgung) nennen kann und ob er die Unterbrechung des Studiums hinnehmen will.

-- Editiert von Felicite am 11.02.2017 20:41

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#3
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38385 Beiträge, 13987x hilfreich)

Meine Überlegung war, dass er ja schon zwei Jahre aus Syrien weg ist und aus dem Libanon nur weggegangen ist, weil er dort beruflich auf keinen grünen Zweig kam.

wirdwerden

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