Drogen: Erwerb, Besitz, Konsum und Handel - alles verboten?

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Cannabis, Ecstasy, Kokain und Speed, was sind weiche und harte Drogen, was bedeutet geringe Menge oder Eigenbedarf und ab wann macht man sich strafbar?

Beim Thema Drogen ist jede Menge Halbwissen im Umlauf. Jeder hat schon mal gehört, der Konsum sei nicht strafbar, Handel hingegen schon, doch was sagt der Gesetzgeber wirklich dazu?

Rechtsanwalt Marc von Harten ist so nett, unsere Fragen zu Betäubungsmitteln zu beantworten:

Zu den weichen Drogen zählt nur Cannabis

123recht.de: Herr von Harten, was sind weiche Drogen und wie unterscheiden die sich rechtlich von harten Drogen?

Rechtsanwalt von Harten: Zu den weichen Drogen zählt man heutzutage nur Cannabis. Alles andere bezeichnet man als harte Drogen. Der Unterschied besteht grundsätzlich darin, dass Cannabis bei der Strafzumessung milder bestraft wird aufgrund der Tatsache, dass es sich eben um eine weiche Droge handelt. Teils schwingt auch der Gedanke mit, dass Cannabis nicht so "gefährlich" sei und nicht so stark abhängig mache, wie harte Drogen.

Auch die Führerscheinstellen unterscheiden bei ihren Beurteilungen zwischen harten und weichen Drogen.

123recht.de: Ist das Rauchen eines Joints - also mit Cannabis - strafbar?

Rechtsanwalt von Harten: Das Rauchen eines Joints ist grundsätzlich nicht strafbar. Der Brocken Haschisch in der Hosentasche ist jedoch strafbarer Besitz. Aber - und das ist das paradoxe - der Besitz des Joints während des Konsums nicht.

Das bedeutet, dass jemand, der Joint rauchend von der Polizei erwischt wird und keine Drogen außerhalb des Joints besitzt, sich in der Tat nicht strafbar macht.

123recht.de: Und der Joint in der Hosentasche ist demnach dann auch strafbarer Besitz?

Rechtsanwalt von Harten: Ja, klingt komisch, so ist es aber!

123recht.de: Kürzlich hatten wir in den Medien den Fall des Grünen-Abgeordneten, der sich mit einer Hanf Pflanze hat ablichten lassen. Gegen ihn wurde ermittelt, das Verfahren ist mittlerweile eingestellt. Wo beginnt denn bei Cannabis die Strafbarkeit?

Rechtsanwalt von Harten: Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) beschreibt z.B. in § 29 Abs. 1 unterschiedliche Handlungsformen der Strafbarkeit, wie den Erwerb, den Besitz oder auch den Anbau. Man kann sagen, dass jeglicher Umgang mit Betäubungsmitteln strafbar ist. Auch und gerade der Besitz von Betäubungsmitteln, ob als Pflanze oder fertiges Produkt ist stets strafbar, egal wie groß die Menge ist. Es wird immer wieder, auch in den Medien, behauptet, dass der Besitz von kleinen Mengen nicht strafbar sei, das ist so nicht richtig. Der Besitz ist immer strafbar. Dass solche Verfahren mit Klein- und Kleinstmengen dann unter bestimmten Voraussetzungen eingestellt werden, steht auf einem anderen Blatt und ist eine Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft.

Besitz von Cannabissamen grundsätzlich strafbar

123recht.de: Was ist mit Hanfsamen?

Rechtsanwalt von Harten: Da ein Samen einer Cannabispflanze in der Regel wohl zum unerlaubten Anbau bestimmt ist, kann man sagen, dass auch der Besitz/Erwerb etc. von Cannabissamen grundsätzlich strafbar ist. Bei der Strafzumessung ist dann natürlich zu berücksichtigen, dass diese Samen noch keinen THC-Gehalt haben. Das wirkt sich strafmildernd aus.

Sind die Pflanzen aber einmal gewachsen und tragen Blüten, dann sieht das natürlich anders aus.

123recht.de: Wo beginnt die Strafbarkeit bei den harten Drogen?

Rechtsanwalt von Harten: Da gibt es nur bei der Strafzumessung, also der Höhe der Strafe einen Unterschied zu den weichen Drogen. Es macht bei der Strafe eben einen Unterschied, ob jemand mit 20 Gramm Cannabis oder mit der gleichen Menge Kokain erwischt wird.

"Bei 15 Gramm Kokain ist eine Einstellung eher unwahrscheinlich"

123recht.de: Welche Strafen hat ein Konsument zu erwarten, der keinen Handel mit den Substanzen treibt?

Rechtsanwalt von Harten: Das kommt zum einen auf die Menge an, die er besessen hat. Die "geringe Menge" ist ein Begriff, der sich im Gesetz so nicht wiederfindet, das Gesetz kenn allerdings die "nicht geringe Menge". Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen der Rechtsprechung dann für die unterschiedlichen Betäubungsmittel unterschiedliche Grenzen festgelegt. Bei Cannabis beginnt die nicht geringe Menge bei 7,5 Gramm THC, also dem reinen Wirkstoffgehalt der Droge. Ist diese Menge überschritten, liegt ein Verbrechenstatbestand vor, mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr.

So heißt es in § 29a Abs. 1 Nr. 2BtMG:

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer...mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt...

Die Staatsanwaltschaft wird in der Regel bei Ersttätern von der Verfolgung absehen, wenn offensichtlich ist, dass die aufgefundene Menge zum Eigenbedarf bestimmt war. Eine konkrete Zahl kann ich hier nicht nennen, da dies von den Staatsanwaltschaften und den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird. Es gibt, soweit ich es überblicke, bundesweit unterschiedliche Grenzen zwischen 6 und 15 Gramm bei Cannabis, bei denen dann eine Einstellung in Betracht kommen kann.

Weiter kommt es bei der Strafe auch darauf an, welche Art von Betäubungsmittel besessen wurde. Hier sind wir wieder bei dem Thema harte und weiche Droge. Ich habe es schon häufiger erlebt, dass Staatsanwaltschaften Verfahren nicht eingestellt haben, wenn eine Menge von harten Drogen aufgefunden wurde, die auch noch unter den Eigenbedarf fallen könnte. Bei einem Fund von 15 Gramm Kokain dürfte eine Einstellung eher unwahrscheinlich sein.

123recht.de: Was müssen Autofahrer und ihre Beifahrer beachten, wird der Drogenkonsum genauso wie Alkoholkonsum behandelt?

Rechtsanwalt von Harten: Der Drogenkonsum im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr wird mittlerweile stärker geahndet. Hier kommt es auch wieder darauf an, welche Droge im Blut des Fahrers gefunden wurde. Bei harten Drogen kommt es in der Regel zu einer MPU (medizinisch-psychologische Untersuchung). Aber auch bei Cannabis kann in bestimmten Fällen eine MPU angeordnet werden.

"Legal highs" sind nicht per se legal

123recht.de: Was hat es mit den so genannten Legal Highs wie "Spice" oder "Badesalz" auf sich, was ist das und warum ist das nicht verboten?

Rechtsanwalt von Harten: "Legal highs" sind nicht per se legal, auch wenn dies der Name suggerieren will. Es sind künstlich hergestellte Cannabinoide, die auch einen Rauschzustand erzeugen sollen. Wenn neue Stoffe auf den Markt kommen, unterfallen sie häufig nicht dem BtMG und der Umgang damit ist daher straffrei, bis sie in das BtMG aufgenommen werden. Hier gibt es ein "Wettrennen" zwischen den Labors und dem Gesetzgeber. Viele schon länger auf dem Markt befindliche Stoffe unterfallen mittlerweile dem BtMG. Der Bundesgerichtshof hat kürzlich den Grenzwert der nicht geringen Menge für die synthetischen Cannabinoide JWH-018 und CP 47,497-C8-Homologes auf eine Wirkstoffmenge von 2 g festgesetzt.

Wo kein Kläger, da kein Richter

123recht.de: Zu guter Letzt ein Beispiel aus dem Leben: Eltern finden bei ihrem Kind Ecstasy-Pillen o.ä. Was macht man denn am besten mit dem konfiszierten Zeug? Ins Klo? Zur Polizei?

Rechtsanwalt von Harten: Das dürfte primär eine Frage des Erziehungsstils sein, denn wenn die Betäubungsmittel vernichtet werden und die Polizei nicht informiert wird, dürfte dem Nachwuchs kein Strafverfahren drohen, sondern nur die Missbilligung der Eltern. Allerdings machen die Eltern sich selbst strafbar, wenn sie die Drogen entsorgen, sie haben sie ja besessen.

Wie heißt es aber so schön: Wo kein Kläger, da kein Richter. Diese Entscheidung müssen die Eltern für sich treffen. Ein entsprechendes Aufarbeiten des Themas mit Hilfe einer oder mehreren Beratungen bei einer Kinder und Jugendeinrichtung zum Thema Drogen wäre aber auf jeden Fall zu empfehlen.

123recht.de: Vielen Dank, Herr von Harten.

Leserkommentare
von guest-12304.06.2018 10:31:36 am 19.02.2015 16:30:28# 1
( ... ) Das dürfte primär eine Frage des Erziehungsstils sein, denn wenn die Betäubungsmittel vernichtet werden und die Polizei nicht informiert wird, ( ... )

Ich kann aus meiner persönlichen Erfahrung nur intensivst davon abraten, die Polizei zu informieren. Die Störung des wohlverdienten Büroschlafes des Drogenfahnders durch aufgeregte Elternteile wird bei nächster Gelegenheit bitter an dem unwillkommenen Störenfried gerächt.

Selbstverständlich unter Beachtung aller rechtlichen Vorschriften ...
    
von Opfer45 am 20.02.2015 10:35:45# 2
Was ist der Zweck des Drogenverbotes?
- Der Staat sorgt sich um die Volksgesundheit? Die Konsumenten verbotener Drogen sind eine verschwindet kleine Minderheit.
- Der Staat ist gegen den Rausch? Im Strassenverkehr richtig, aber zu Hause ist er eine Sache der Selbstbestimmung und nicht verboten. Nur Stoffe sind verboten, nicht das, was die Stoffe mit dem Menschen machen.
- Der Staat will vor Sucht schützen? Was Sucht ist wird noch erforscht. Viele Stoffe im BTMG sind bzgl. der Suchterzeugung unerforscht. Zucker macht auch süchtig.

Diese Liste könnte man noch weiter führen. Ich würde gerne wissen, welche objektiven Vorteile das Verbot der Stoffe auf der Liste des BTMG hat. Wenn der Staat ein positives Ziel verfolgt, kann er das nur erreichen, wenn die Drogen völlig verschwinden. Das ist nie erreicht worden. Alle verbotenen Drogen kann man auf der Strasse kaufen.
Aus meiner beschränkten Sicht ist das Drogenverbot das einzige Gesetz, das Menschen die Selbstschädigung verbieten will (gilt auch für verschreibungspflichtige Medikamente). Was ist der tatsächliche Grund für das Verbot?