Ladendiebstahl - 139 Euro Fangprämie rechtens?

22. Juni 2013 Thema abonnieren
 Von 
Sanaria
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 1x hilfreich)
Ladendiebstahl - 139 Euro Fangprämie rechtens?

Hallo,

mir ist vorletzte Woche etwas total Blödes passiert. Ich war in meinem Stammsupermarkt einkaufen, in dem ich während meines Abiturs sogar gearbeitet habe, und habe unbewusst einen Nagellack für knapp zwei Euro versehentlich in meine Handtasche anstatt meines Einkaufsbeutels gesteckt. Ich habe dann nichtsahnend meinen Einkauf bezahlt und wurde hinter den Kassen vom Ladendetektiv gebeten, mitzukommen. Zunächst dachte ich, es handele sich um ein Versehen oder eine Verwechslung, bis dann der (unbezahlte) Nagellack aus meiner Handtasche zum Vorschein kam. Ich habe mich selbstverständlich entschuldigt und erklärt, dass der Diebstahl keine Absicht war und angeboten, den Lack entweder zu bezahlen oder dazulassen. Natürlich hat sich der Detektiv darauf nicht eingelassen, da ich ja nicht beweisen kann, dass ich den Lack nicht mutwillig eingesteckt habe.

Mir wurde gesagt, dass ich eine Fangprämie von 100 Euro bezahlen müsste und Anzeige gegen mich erstattet wird. Die 100 Euro hatte ich leider nicht in bar dabei. Der Laden besitzt zwar einen Geldautomaten, allerdings habe ich daran in der Situation nicht gedacht und mir war die ganze Sache ehrlich gesagt so peinlich, dass ich da nur so schnell wie möglich raus wollte.

Am letzten Mittwoch erreichte mich dann die Anzeige von der Polizei. Ich habe den Äußerungsbogen ausgefüllt und gestern zurückgesendet. Da ich Ersttäterin bin und keine weiteren Vorstrafen habe, wird das Verfahren entweder gegen Bezahlung einer Geldbuße eingestellt oder ich werde zu einer Geldstrafe verurteilt, soweit ich weiß.

Heute kam dann ein Brief von einem Anwalt aus München, was mich sehr stutzig machte, da ich in NRW wohne. Der Anwalt vertritt offenbar den Supermarkt und hat mich nun zu einer Zahlung von 139 Euro innerhalb der nächsten zwei Wochen aufgefordert.

Ich wurde im Laden nicht darauf hingewiesen, dass ich fast die Hälfte mehr bezahlen muss oder dass generell ein Anwalt eingeschaltet wird, wenn ich nicht vor Ort bezahle. Hätte ich das gewusst, hätte ich mit Sicherheit Geld vom dortigen Automaten abgehoben. Ich ging davon aus, dass ich einen Brief vom Geschäft bekomme und erst dann ein Anwalt eingeschaltet wird, falls ich die Prämie von 100 Euro nicht bezahle. Ist das überhaupt rechtens mir die Anwaltskosten plötzlich auch aufzudrücken? Ich habe den Anwalt ja gar nicht eingeschaltet, noch mich geweigert, die Prämie zu bezahlen. Ich habe im Laden nur nicht bezahlt, weil ich das Geld nicht dabei hatte, was ich auch gesagt habe.

Hinzu kommt noch, dass ich derzeit Studentin bin und letzten Monat meinen Nebenjob verloren habe, sodass mir momentan abzüglich aller laufenden Kosten nur etwas mehr als 140 Euro im Monat zum Leben habe. Ließe sich mit dem Anwalt notfalls eine Ratenzahluung vereinbaren? Kommen da noch weitere Kosten seitens des Anwalts/der Filiale auf mich zu?

Die ganze Sache schlägt mir momentan wirklich aufs Gemüt, zumal ich ja nicht einmal mit Absicht geklaut habe. :(

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9 Antworten
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#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119348 Beiträge, 39713x hilfreich)

Als erstes: es geht um 100 EUR Fangprämie und 39 EUR für den Rechtsanwalt und nicht um 139 Euro Fangprämie.



quote:<hr size=1 noshade>Ich wurde im Laden nicht darauf hingewiesen, dass ich fast die Hälfte mehr bezahlen muss oder dass generell ein Anwalt eingeschaltet wird, wenn ich nicht vor Ort bezahle. <hr size=1 noshade>

Nein, Du zahlst jetzt den Anwalt nicht weil Du nicht vor Ort bezahlt hast, sondern weil du offenbar rein gar nichts gemacht hast um Deine Schulden zu begleichen.



quote:<hr size=1 noshade>Hätte ich das gewusst, hätte ich mit Sicherheit Geld vom dortigen Automaten abgehoben. <hr size=1 noshade>

Ach echt???
quote:<hr size=1 noshade>Der Laden besitzt zwar einen Geldautomaten, allerdings habe ich daran in der Situation nicht gedacht ... <hr size=1 noshade>




quote:<hr size=1 noshade>Ist das überhaupt rechtens mir die Anwaltskosten plötzlich auch aufzudrücken? <hr size=1 noshade>

Ja, das nennt sich Verzugsschaden.
Eine Fangprämie ist sofort fällig, vermutlich steht das auch auf einem der Dokumente die Du dort unterzeichnet hast.



quote:<hr size=1 noshade>Ich habe den Anwalt ja gar nicht eingeschaltet, <hr size=1 noshade>

Das ist auch nicht notwendig, Verzugsschaden ist Schadensersatz und die Pflicht hierzu zu leisten ergibt sich aus dem Gesetz, siehe § 249 BGB .



quote:<hr size=1 noshade>noch mich geweigert, die Prämie zu bezahlen. <hr size=1 noshade>

Einfach nichts zu tun ist gleichbedeutend mit weigern.



quote:<hr size=1 noshade>Ich habe im Laden nur nicht bezahlt, weil ich das Geld nicht dabei hatte, was ich auch gesagt habe. <hr size=1 noshade>

Und welche Begründungen hat man für die vielen Tage danach an denen man nicht bezahlt hat?



Man könnte noch darüber diskutieren ob die 100 EUR Fangprämie durchsetzbar wären, dabei kommt es auch entscheidend darauf an, ob und was genau man dort unterschrieben hat.



quote:<hr size=1 noshade>Ließe sich mit dem Anwalt notfalls eine Ratenzahluung vereinbaren? <hr size=1 noshade>

Das könnte man versuchen.



quote:<hr size=1 noshade>Kommen da noch weitere Kosten seitens des Anwalts/der Filiale auf mich zu? <hr size=1 noshade>

Zinsen und eventuell weitere Kosten der Rechtsverfolgung





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"Die Beiträge stellen ausschließlich meine persönliche Meinung/Interpretation dar !

"

3x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

100 Euro dürften definitiv nicht durchsetzbar sein, schon gar nicht bei einer so kleinen Schadenssumme. Die Kürzung auf 50 Euro plus 39 Euro für den Anwalt dürfte juristisch wasserdicht sein. Bei Interesse sollten Sie noch mal im UF Inkassorecht posten - evtl. sind auch die Anwaltskosten anfechtbar.

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" Lebenslänglich sind NICHT 25 Jahre!"

3x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Sanaria
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 1x hilfreich)

@ Harry van Sell:

Wow, von Freundlichkeit hast du wohl noch nie was gehört, oder? Ich habe einen vernünftigen Beitrag mit allen Information gepostet, die ich hatte, warum gleich so schnippisch?

Meine Überschrift ist deswegen "falsch", da nur eine begrenzte Anzahl von Zeichen möglich ist.

Wenn du meinen Beitrag ordentlich gelesen hättest, wäre dir aufgefallen, dass ich nirgends geschrieben habe, dass ich dort irgendetwas unterschrieben hätte. Das habe ich deshalb nicht, weil mir nichts zum Unterschreiben vorgelegt wurde.

Ich habe die 100 Euro an den Tagen danach nicht bezahlt, da ich keinerlei Kontodaten habe und mir für die Filiale Hausverbot erteilt wurde, sodass ich auch nicht später wiederkommen und bezahlen konnte.
Des Weiteren habe ich dort nie gesagt, dass ich die 100 Euro nicht bezahlen will, ich habe lediglich gesagt, dass ich sie gerade nicht in bar bezahlen kann. Er sagte mir dann, dass das nicht schlimm sei. Daher ging ich davon aus, dass mir per Post eine Rechnung von der Filile zugestellt wird und erst dann ein Anwalt eingeschaltet wird, wenn ich innerhalb der Frist nicht bezahle.

Tut mir echt leid, dass ich in eine Rechtsforum eine Frage stelle, weil ich mich mit Strafverfahren nicht auskenne... -.-


@von muemmel:

Wie genau würde das ablaufen? Müsste ich da selber klagen bzw. erstmal einen Anwalt einschalten? Dafür habe ich momentan leider nicht das Geld. Vermutlich wäre es dann günstiger, die 139 Euro zu bezahlen und keinen weiteren Stress mehr mit deren Anwalt zu haben.

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1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

Nö, Sie müßten nicht klagen. Der Anwalt will Geld von Ihnen - also müßte er klagen. Der Ablauf: Sie teilen ihm mit, daß 100 Euro laut Rechtsprechung völlig unangemessen sind (einfach mal googeln - dazu gibt es diverse Urteile) und zahlen nur 50 plus 39 Euro. Und dann müßte er klagen, aber das wird er nicht tun, weil er verlieren würde.

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" Lebenslänglich sind NICHT 25 Jahre!"

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
xxsirodxx
Status:
Student
(2281 Beiträge, 1339x hilfreich)

Ich stimme von muemmel zu.

Und eine Anzeige wirds geben. Sie werden von der Polizei eine Anhörungsbogen bekommen. Den füllen Sie aus und schicken ihn zurück. Zu 90 % stellt der Staatsanwalt das Verfahren ein. Und-wenn Sie gute Nerven haben, stellen Sie Gegenanzeige wegen Nötigung und Wucher gegen den Inhaber des Ladens. Aber da sollten Sie zunächst Rechtsrat einholen.

-- Editiert Moderator am 23.06.2013 16:33

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)
4x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119348 Beiträge, 39713x hilfreich)

quote:
Wenn du meinen Beitrag ordentlich gelesen hättest, wäre dir aufgefallen, dass ich nirgends geschrieben habe, dass ich dort irgendetwas unterschrieben hätte.

Und genau deshalb habe ich es erwähnt. Denn erfahrungsgemäß vergessen die Meisten immer die eine oder andere Sache weil sie Laien nicht bedeutungsvoll vorkommt oder weil sie es schlicht tatsächlich vergessen haben.
Und es ist durchaus üblich das die Firmen sich etwas unterzeichnen lassen.


Das führt dann zur Frage ob denn die Fangprämie von 100 EUR tatsächlich irgendwo irgendwie verkündet wurde.
Da Du aber auch das nicht erwähnt hast, wurde diese wohl auch nicht verkündet?
Dann wäre die Fangprämie durchaus angreifbar.

Die Höhe ist auch noch angreifbar, je nach dem wie teuer der Artikel war.


ABER: Es kommt darauf an, was genau man dort zugesagt hat, denn möglicherweise hat man bereits die Zahlungspflicht bezüglich der Fangprämie vollumfänglich anerkannt.
Dann könnte es mit dem bestreiten der Höhe bzw. der Berechtigung insgesamt problematisch werden.



quote:
Das habe ich deshalb nicht, weil mir nichts zum Unterschreiben vorgelegt wurde.

Schön das Du so perfekt gearbeitet hast, aber das konnte ja keiner ahnen. Die Regel sind lückenhafte Anfangsschilderungen.



quote:
Ich habe die 100 Euro an den Tagen danach nicht bezahlt, da ich keinerlei Kontodaten habe und mir für die Filiale Hausverbot erteilt wurde, sodass ich auch nicht später wiederkommen und bezahlen konnte.

Da es sich um ein Bringschuld handelt muss der Schuldner sich darum kümmern das das Geld den Gläubiger erreicht.

Leider lese ich immer nur was du alles nicht konntest, aber nicht was Du insgesamt getan hat um die Schulden zu begleichen.

Eine Anfrage per Brief, Telefon oder E-Mail (dieses Internet ist ja nicht für jeden Neuland) wäre sicherlich möglich und zumutbar gewesen, ist aber offenbar nicht erfolgt?


Damit lassen sich die Anwaltsgebühren halt nicht abwehren.

Denn diese Aussage
quote:
ich habe lediglich gesagt, dass ich sie gerade nicht in bar bezahlen kann.

implizert ja, das man seiner bestehenden Zahlungspflicht unbar nachkommen will.
Fraglich wäre halt wie genau man das formuliert hat.

Kommt dann in der Folge schlicht gar nichts vom Schuldner, also nicht mal eine Anfrage nach z.B. Zahlungsweise/Bankverbindung muss der Gläubiger halt von einer Verweigerung ausgehen und darf die Rechtsverfolgung einleiten.



Ein möglicher Angriffspunkt bezüglich der Anwaltkosten wäre zu prüfen, ob die Firma eine eigene Rechtsabteilung hat bzw. eine Abteilung hat welche sich zentral mit den Nichtzahlern beschäftigt.





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"Die Beiträge stellen ausschließlich meine persönliche Meinung/Interpretation dar !

"

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
123r123
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 1x hilfreich)

Da eine gute Freundin von mir damit neulich auch Kontakt hatte, möchte ich ein paar Informationen weitergeben, sie ist nämlich sogar von rechtsanwältlicher Seite falsch beraten worden.
Vielleicht sind die Informationen hier auch bisschen veraltet, da sinch in 6 Jahren schon was tut (Inflation etc.).

Es ging bei ihr um einen Warenwert von ca. 70-80 €, die Vertragsstrafe wurde mit 100 € angesetzt. Letzten Endes musste sie die plus die Kosten von 48 € der gegnerischen Kanzlei tragen (die hätte man evtl. noch anfechten können).

Den Unterschied macht das Sortiment des Ladens. Etwa Baumärkte, Technikgeschäfte, etc. können in der Tat aktuell bis zu 100 € verlangen (wie auch Harry schreibt).
Bei Discountern oder auch dem Supermarkt der Fragestellerin ist das ganze Sortiment nicht soo teuer, deshalb sind dort vermutlich eher 50-75 € anzusetzen - wenn man es darauf ankommen lassen will.

Generell: Wenn aber bereits gezahlt wurde, sieht es wohl ziemlich schlecht aus.
Mit einer vorhandenen, unterschriebenen Erklärung ist es auch schwieriger, die liegt hier aber ja nicht vor.
Dass Ladendetektive mit solchen Drohungen und Angst Druck aufbauen ist leider üblich, aber nicht zu halten, auch da gibt es Fristen.

Gegen den Detektiv wegen Nötigung zu Klagen könnte man mit einem RA versuchen.


Insgesamt bringt Harry vA in seinem letzten Post sehr viel Gutes ein!

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Moderator1
Status:
Schüler
(242 Beiträge, 112x hilfreich)

Zitat (von 123r123):
Den Unterschied macht das Sortiment des Ladens. Etwa Baumärkte, Technikgeschäfte, etc. können in der Tat aktuell bis zu 100 € verlangen (wie auch Harry schreibt).
Bei Discountern z.B. ist das ganze Sortiment nicht soo teuer, deshalb sind dort 50 € anzusetzen.


Solch eine pauschale Regelung gibt es nicht. Allenfalls Entscheidungen von einzelnen Gerichten.

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