Kulturgutschutzgesetz - Verstoß gegen das Grundgesetz?

29. Dezember 2015 Thema abonnieren
 Von 
thormarcon
Status:
Beginner
(60 Beiträge, 9x hilfreich)
Kulturgutschutzgesetz - Verstoß gegen das Grundgesetz?

Guten Tag,

es soll ein Kulturgutschutzgesetz auf den Weg gebracht werden, durch das der Handel mit Kunstgütern (Antiquitäten, Bilder, Münzen) besser kontrolliert werden soll.
Alle Kunstgüter, die eine bestimmte Grenze von Alter und Wert überschreiten, dürfen nicht mehr ohne Weiteres von den Eigentümern ins Ausland verkauft werden. Vorher Bedarf es der Prüfung des Objektes durch die BRD.
Der nationale Handel ist davon nicht betroffen, dennoch bringt es den Auktionshäusern und Händlern von Kunstgütern erhebliche Schwierigkeiten, weil sie vor allem internationale Geschäftsbeziehungen haben und diese dann oftmals auf Eis gelegt werden.

Darf nicht jeder Eigentümer einer Sache selbst entscheiden, wie/wo/wann/... er sein Eigentum verkauft?

Verstößt dieses Gesetz somit gegen Art. 14 GG ?

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.


Was bedeutet "Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen"?
Oder auch "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig"?

Wer bestimmt das "Wohl der Allgemeinheit"?

VG,
thormarcon

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8 Antworten
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#1
 Von 
galabaer
Status:
Praktikant
(691 Beiträge, 457x hilfreich)

Zitat:
Verstößt dieses Gesetz somit gegen Art. 14 GG ?

in deinem Zitat ist doch schon die Antwort enthalten
Zitat:
Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.


2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1045x hilfreich)

Zitat:
Verstößt dieses Gesetz somit gegen Art. 14 GG ?


Nicht, wenn es eine entsprechende Klausel (à la "Durch dieses Gesetz wird Art. 14 GG in soweit eingeschränkt") enthält.

Ob der Gesetzgeber im Einzelfall seine Regelungskompetenz überschritten und das Grundrecht im Wesensgehalt angetastet hat, entscheidet im Streitfall das BVerfG.

Zitat:
Wer bestimmt das "Wohl der Allgemeinheit"?


Der Gesetzgeber (mit dem BVerfG als faktische Kontrollinstanz).

Zitat:
Darf nicht jeder Eigentümer einer Sache selbst entscheiden, wie/wo/wann/... er sein Eigentum verkauft?


Nach dem neuen Gesetz nicht mehr. Die Ratio ist wohl, daß man verhindern will, daß in Privatbesitz befindliche deutsche Kulturgüter (mal als dummes Beispiel "die Presse, mit der Gutenberg das erste Buch druckte" - k.A. ob das Teil noch existiert oder in Privatbesitz ist, es geht nur um das Argument) irgendwann nur noch in den Safes von Milliardären in Moskau oder Dubai liegen.

Das ist auch gar nicht so ungewöhnlich. Das Recht, Eigentum zu verkaufen, ist auch an anderen Stellen eingeschränkt, etwa bei Waffen, gefährlichen Stoffen, NS-Regalia etc.

-- Editiert von TheSilence am 29.12.2015 11:12

2x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
thormarcon
Status:
Beginner
(60 Beiträge, 9x hilfreich)

Vielen Dank, "TheSilence"))

Das ist sehr plausibel, was sie erzählen. Die Frage ist nur, ob sich das Gesetz auf deutsche Kulturgüter beschränkt oder auch auf andere Güter gleicher Art ausgeweitet wird.

Unabhängig von dem Kulturgutschutzgesetz hätte ich noch gerne gewusst, was es mit der Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit in Art. 14 GG auf sich hat.

Ich denke ein Beispiel im Kopf zu haben:

Der Bau eines Flughafens.
Auf der erforderlichen Fläche für das Bauvorhaben steht ein Haus. Dem Eigentümer des Hauses und des Grundstückes wird zunächst eine Entschädigung angeboten. Wenn der Eigentümer ablehnt, kann er dann zwangsenteignet werden?

Gibt es noch weitere Beispiele dazu?

VG,
thormarcon

2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1045x hilfreich)

Zitat:
Wenn der Eigentümer ablehnt, kann er dann zwangsenteignet werden?


Durchaus möglich.

Zitat:
Gibt es noch weitere Beispiele dazu?


Ein weiteres klassisches Beispiel ist der Braunkohletagebau, wofür teilweise ganze Dörfer abgerissen wurden, im Einzelfall auch gegen den Willen der Eigentümer der betroffenen Häuser.
Oder die Eisenbahntrasse, die nun mal irgendwo gelegt werden muß - kleine Umwege sind möglich, aber wenn alle Eigentümer den Bau verweigern, wird es irgendwann zu Enteignungen kommen.
(Es versteht sich von selbst, daß eine Entschädigung gezahlt werden muß; es geht ja nur um die Frage, ob man sich in solchen Fällen dem Zwangshandel an sich verweigern kann.)

Man könnte dann noch Extrembeispiele konstruieren, etwa "Aus der Pflanze XY kann man ein Krebsheilmittel extrahieren, aber alle Vorräte wurden von X aufgekauft und der weigert sich, die zu einem angemessenen Preis zu verkaufen" (gegen Wucher hilft ja schon das BGB, aber nur über Art. 14 GG könnte man gegen jemanden vorgehen, der in so einem Fall den Verkauf an sich verweigert).

2x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
thormarcon
Status:
Beginner
(60 Beiträge, 9x hilfreich)

Zitat (von TheSilence):
Das ist auch gar nicht so ungewöhnlich. Das Recht, Eigentum zu verkaufen, ist auch an anderen Stellen eingeschränkt, etwa bei Waffen, gefährlichen Stoffen, NS-Regalia etc.


Inhaltlich stimme ich zu, aber bezogen auf das Kulturgutschutzgesetz fehlt die Argumentationsgrundlage. Bei den hier erwähnten Sachen sind natürlich strengere Maßnahmen zu ergreifen, weil sie eine körperliche wie auch "geistige" Gefahr darstellen. Das ist bei Münzen nicht der Fall. Das Problem ist auch eher, dass dieses Gesetz für alle Münzen gilt. Wenn eine Münze ein bestimmtes Alter übersteigt (ca. 100 Jahre), dann muss der Verkäufer einen Nachweis haben, dass er die Münze aus legalen Quellen erworben hat. Da das oftmals gar nicht möglich ist (z.B. kommen 70% der antiken Münzen vom Balkan), wird der Handel damit einbrechen, aber auch für die Wissenschaft wird dies Nachteile bringen.
Interessant wäre es zu erfahren, ob auch die Kulturgüter davon betroffen sind, die sich bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes im Handel bzw. in privater Hand befinden.
Kann denn ein Gesetz überhaupt rückwirkend geltend gemacht werden?

Zitat (von TheSilence):
(Es versteht sich von selbst, daß eine Entschädigung gezahlt werden muß; es geht ja nur um die Frage, ob man sich in solchen Fällen dem Zwangshandel an sich verweigern kann.)


Würde die Entschädigung im Falle, dass sich der Eigentümer weigert, letztlich geringer ausfallen?

VG,
thormarcon

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32895 Beiträge, 17273x hilfreich)

Gibt es noch weitere Beispiele dazu? Klar - das Bundesfernstraßengesetz. Das greift ziemlich massiv in Eigentumsrechte ein, wenn jemand sein Land nicht verkaufen will, auf dem man eine Autobahn zu errichten gedenkt.

Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16549 Beiträge, 9315x hilfreich)

Zitat:
Würde die Entschädigung im Falle, dass sich der Eigentümer weigert, letztlich geringer ausfallen?

In der Praxis wohl: Ja

Bei den Häusern, die wegen Braunkohletagebau abgerissen wurden, hat der Bergbaubetreiber den Hauseigentümern erstmal Angebote zum freiwilligen Verkauf gemacht. Da wurde dann auch gehandelt und gefeilscht, so dass die meisten Hauseigentümer dann doch freiwillig verkauft haben. Wer sich geweigert hat wurde am Ende zwangsenteignet - und die Entschädigung für die Zwangsenteignung ist meistens dann geringer ausgefallen, als das was die freiwilligen Verkäufer erhalten haben.


Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1045x hilfreich)

Zitat:
Kann denn ein Gesetz überhaupt rückwirkend geltend gemacht werden?


Rückwirkend ist daran ja gar nichts. Es werden *zukünftige* Verkäufe unter Auflagen gestellt.
Diesbezüglich nimmt dann auch der Vertrauensschutz einen geringeren Stellenwert ein.

Analogie:
Würde der Gesetzgeber heute allen Autos, die den modernen Crashtests nicht genügen, das Fahren auf der Straße verbieten, wäre das hinsichtlich Vertrauensschutz ein Problem für die Eigentümer alter Autos.
Würde der Gesetzgeber hingegen nur den zukünftigen *Verkauf* solcher Autos verbieten, beträfe das (von Händlern, die sowieso nur geringen Vertrauensschutz genießen, abgesehen) nur den Fall privater Verkäufe, dafür ist der Vertrauensschutz aber geringer, da man ein Auto privat nun mal zum Fahren kauft und nicht zum Verkaufen.

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