Kündigungsgrund: Verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit

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Die wiederholte Verletzung der Meldepflicht bei Arbeitsverhinderung nach fruchtlosen Abmahnungen kann eine für eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung geeignete Pflichtverletzung sein.

Für den Fall der Arbeitsunfähigkeit ist diese Nebenpflicht - allerdings nur für den Fall der Ersterkrankung, nicht hingegen bei Fortdauer der Erkrankung - im Gesetz ( § 5 Abs.1 S. 1 EFZG ) ausdrücklich geregelt. Als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ist die Verletzung der Meldepflicht grundsätzlich nur dann geeignet, wenn sie als beharrliche Arbeitspflichtverletzung zu werten ist bzw. ein erheblicher Schaden entstanden ist.

Die Mitteilung habe nach der Rechtsprechung bereits dann zu erfolgen, wenn der Arbeitnehmer die Symptome und ihre Auswirkungen verspürt und nicht erst, wenn ein Arzt nach einer Untersuchung die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit mitteilen kann (LAG Hessen, Urteil vom 18.01.2011, Az: 12 Sa 522/10) .

Das Landesarbeitsgericht führt in seiner bemerkenswerten Entscheidung zunächst aus, dass nur solche im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Umstände genügen, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Als verhaltensbedingter Grund sei insbesondere eine rechts- oder vertragswidrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis geeignet, wobei regelmäßig Verschulden erforderlich sei. Bei jeder Kündigung sei zudem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Übermaßverbot zu berücksichtigen. Daraus folge unter anderem, dass eine wegen vertragswidrigen Verhaltens ausgesprochene Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt sei, wenn der Arbeitnehmer vorher vergeblich abgemahnt wurde.

Sodann betont das Landesarbeitsgericht Hessen in den Entscheidungsgründen des Urteils, dass nach weitaus überwiegender Ansicht die Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG  auch auf Fälle der Verletzung der Anzeigepflicht bei Folgeerkrankungen anzuwenden sei, was zur Folge habe, dass auch bei Folgeerkrankungen nach vorheriger Abmahnung eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein könne.

Im konkreten Fall befanden die Richter aufgrund der Anzahl der Pflichtverstöße und der auch - nach vier ausgesprochenen Abmahnungen - fehlenden Bereitschaft des Arbeitnehmers, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten durchgehend nachzukommen, dass  das Interesse der Arbeitgeberin an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des gekündigten Arbeitnehmers überwiegt.

Tipp vom Anwalt

Ist eine Rechtsschutzversicherung vorhanden, so ist die Kündigungsschutzklage meist ratsam.  Schließlich lässt sich im Klageverfahren meist die Abfindungshöhe aufstocken und diverse andere Ansprüche, wie Arbeitszeugnis oder Urlaubsabgeltung können mit geregelt werden.

Vorsicht:

Bei Einreichung einer Kündigungsschutzklage nach dem KSchG ist eine 3 - Wochenfrist zu beachten. Nach Ablauf der Frist kann sich auch ein zu unrecht gekündigter Arbeitnehmer grundsätzlich nicht mehr auf den Kündigungsschutz berufen; vgl. : BAG, 09.02.2006 - 6 AZR 283/05.

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