Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Terrorverdachts, der nicht auf einer Terrorliste geführt wird?

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Terrorverdacht und Arbeitsrecht: Serie – Teil 1

In der Praxis stellt sich derzeit die Frage, wie mit terrorverdächtigen Arbeitnehmern umgegangen werden muss. Bei der arbeitsrechtlichen Behandlung des Problems ist entscheidend, ob es sich um einen Arbeitnehmer handelt, der auf einer Namensliste der per EU-Verordnung erfassten terrorverdächtigen Personen geführt wird oder ob sich der Terrorverdacht aus anderen Anhaltspunkten ergibt. Im nachfolgenden Artikel geht es zunächst um die Arbeitnehmer, die terrorverdächtig sind, aber nicht auf den Namenslisten geführt werden.

Kein automatisches Kündigungsrecht:

In den Medien wird derzeit häufig von Kündigungen wegen rassistischer Äußerungen berichtet. Demnächst werden wohl auch Kündigungen wegen des Terrorverdachts folgen. Allerdings sind solche Kündigungen nicht so einfach, wie teilweise dargestellt. Wenn in einem Unternehmen regelmäßig mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt werden, hat der betreffende Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Hier bedarf es einer Kündigung, die einer gerichtlichen Überprüfung standhält. Das Kündigungsschutzgesetz kennt betriebsbedingte, verhaltensbedingte und personenbedingten Kündigungen. Weder der Umstand, dass ein Arbeitnehmer auf einer Liste mit Terrorverdächtigen geführt wird, noch die Tatsache, dass sich der Terrorverdacht aus sonstigen Anhaltspunkten ergibt, führt zwangsläufig dazu, dass einer der aufgeführten Kündigungsgründe gegeben ist.

Keine verhaltensbedingte Kündigung:

Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine Vertragspflichtverletzung des Arbeitnehmers. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer in Terrorverdacht geraten ist, begründet keinen Verstoß gegen den Arbeitsvertrag. Soweit dies nicht mit einem (nachweisbaren) konkreten Handeln des Arbeitnehmers in Verbindung steht, fehlt es bereits an einem steuerbaren Verhalten. Die Grundvoraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung wäre nicht gegeben.

Personenbedingte Kündigung schwierig zu begründen:

Der Ausspruch einer personenbedingten Kündigung kommt dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner mangelnden persönlichen Eignung nicht mehr in der Lage ist die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Das könnte dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise in einem Sicherheitsunternehmen mit der Bewachung terrorgefährdeter Objekte beschäftigt wäre.

Auch bei einer Tätigkeit im Bereich besonderer terrorgefährdeter Objekte (Atomkraftwerk, Wasserwerk, Flughafen) könnte die Führung eines Arbeitnehmers auf einer Terrorliste zu einer mangelnden persönlichen Eignung führen. Selbst in diesen Fällen ist aber noch nicht ohne weiteres eine personenbedingte Kündigung zulässig. Der Arbeitgeber muss zunächst prüfen, ob der Arbeitnehmer anderweitig in einem weniger sicherheitsrelevanten Bereich eingesetzt werden kann. Nur wenn eine entsprechende Versetzung nicht möglich ist, kann der Arbeitgeber kündigen.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber:

Auch wenn derzeit viele Fragen im Zusammenhang mit Kündigungen wegen Terrorverdachts ungeklärt sind und wenn eine Kündigung arbeitsrechtlichen Bedenken begegnet, empfiehlt sich für Arbeitgeber in den Fällen von Terrorverdacht offensiv vorzugehen. Im Zweifel sollten eine Kündigung und mögliche Niederlagen vor dem Arbeitsgericht in Kauf genommen werden. Andernfalls droht eine erhebliche Gefährdung der Unternehmensinteressen, zum Beispiel durch negative öffentliche Berichterstattung. Arbeitgeber mach sich möglicherweise strafbar, wenn sie Arbeitnehmern, die sich auf den Terrorlisten befinden, Arbeitsentgelt zahlen.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:

Arbeitnehmern, die eine Kündigung im Zusammenhang mit einem Terrorverdacht erhalten, empfiehlt sich eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen vor dem zuständigen Arbeitsgericht. Wenn vom Arbeitgeber keine von den Arbeitsgerichten anerkannten Kündigungsgründe ins Feld geführt werden können, reicht der abstrakte Terrorverdacht nicht aus, die Kündigung zu begründen. Auch wenn das Arbeitsverhältnis oft nicht zu retten ist, eine Abfindung ist realistisch.

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