Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarf – Neues Urteil des BGH stärkt Rechte des Vermieters, Urteil des BGH vom 27. Januar 2010 (Az.: BGH VIII ZR 159/09)

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Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarf – Neues Urteil des BGH stärkt Rechte des Vermieters, Urteil des BGH vom 27. Januar 2010 (Az. : BGH VIII ZR 159/09)

Die Kündigung wegen Eigenbedarf ist der in der Praxis wichtigste und von den Entscheidungen der Gerichte am häufigsten betroffene ordentliche Kündigungsgrund bei Wohnraummietverhältnissen. Geregelt ist er in § 573 Absatz 2 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach liegt ein „berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses vor, wenn er die Wohnung für sich selbst, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“. Oft wird der Grund des Eigenbedarfs nur vorgeschoben, um „lästige“ Mieter loszuwerden.

Nutzung als Wohnung

Christian von der Heyden
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Wichtige Voraussetzung ist zunächst, dass der Vermieter weiterhin die Nutzung als „Wohnung“ beabsichtigt. Damit scheidet eine gewerbliche Nutzung aus. Es reicht allerdings aus, wenn die Wohnung als Ferien- oder Zweitwohnung genutzt werden soll ( LG Hamburg NJW-RR 1992, 1365; WM 1994, 431; LG Regensburg WM 1992, 192; AG Miesbach WM 1989, 241; dagegen: AG München ZMR 2004, 44; AG Gelnhausen MDR 1980, 849). Unerheblich soll ferner sein, dass vorherige Umbaumaßnahmen durchgeführt werden sollen (BVerfG WM 1994, 129; BGH NZM 2005, 580).

Begünstigte Personen – Neue Rechtsprechung!

Die Wohnung muss für eine der in § 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB genannten begünstigten Personen benötigt werden. Genannt ist als erstes die Person des Vermieters selbst. Ist diese vom Eigentümer verschieden, genügt die beabsichtigte Nutzung für diesen nicht. In diesem Fall kommt allenfalls eine Kündigung nach der Generalklausel des § 573 Absatz 1 BGB in Betracht. Auch juristische Personen können lediglich im Rahmen eines sog. „Betriebsbedarfs“ nach der Generalklausel kündigen ( BGH WM 2007, 459). Bei einer Mehrheit von Vermietern, muss nur bei einer dieser Personen Eigenbedarf vorliegen (LG Berlin GE 2001, 57; Palandt/Weidenkaff Rn. 26).

Die Vorschrift nennt ferner „Angehörige des Haushalts“. Dies sind Personen, die dauerhaft im Haushalt des Vermieters leben bzw. gelebt haben (z. B. Pflegekinder des Vermieters, der Lebensgefährte oder dessen Kind, sowie ein Hausgehilfe/in oder Pfleger/in – letzteres ist umstritten).

Begünstigt sind außerdem und insbesondere Familienangehörige des Vermieters. Diese müssen nicht im Haushalt des Vermieters leben. Bisher haben Amts- und Landgerichte – über den Wortlaut des § 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB hinaus – als zusätzliche Voraussetzung eine besondere Nähe des Verwandten zum Vermieter im Sinne einer persönlichen Verbundenheit für erforderlich gehalten. Bei bestimmten nahen Verwandten (z. B. Eltern, Kindern, Stiefkindern, Geschwistern, Ehepartner im Falle beabsichtigter Trennung) wurde diese Nähe als gegeben unterstellt. Bei entfernteren Verwandten hingegen musste der Vermieter die besonderen Verhältnisse substantiiert darlegen.

Neu: In seiner Entscheidung vom 27. Januar 2010 (Az. : BGH VIII ZR 159/09) hat der Bundesgerichtshof über 20 Jahre ständige Rechtsprechung für hinfällig erklärt. Er hält nun auch bei entfernteren Verwandten die substantiierte Darlegung einer besonderen Nähe für nicht mehr erforderlich. Im Klartext bedeutet dies, dass künftig jeder x-beliebige Verwandte benannt werden kann, ohne dass es der vorgenannten Darlegung bedarf. Dies dürfte zu einer deutlichen Zunahme von Eigenbedarfskündigungen führen.

Benötigen

Der Vermieter muss die Wohnung für diese Personen „benötigen“. Das ist der Fall, wenn es „nachvollziehbare, vernünftige Gründe“ gibt, weshalb der Mieter die Wohnung für sich oder seine Angehörigen nutzen will ( BGHZ 103,91). Genügen soll damit jedes höchstpersönliche Interesse des Vermieters von nicht ganz geringem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht (BGHZ 103, 91). Wann dies der Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Diesbezüglich gibt es eine Unmenge an Gerichtsentscheidungen. Z. B. kann der Vermieter eines Hauses mit 10 Wohneinheiten nicht allen Parteien kündigen mit dem Hinweis, er benötige die Wohnungen für sich selbst.

Der Vermieter hat seine Gründe jedenfalls darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

Zeitpunkt des Eigenbedarfs

Der Eigenbedarf muss grundsätzlich nach Vertragsschluss entstanden sein und über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus Bestand haben (Palandt/Weidenkaff, § 573, Rn. 29). War der Eigenbedarf schon vor Vertragsschluss vorhanden, muss der Vermieter darauf hingewiesen haben (Palandt/Weidenkaff, § 573, Rn. 30). Der Eigenbedarf muss zudem für eine längere Dauer bestehen, d. h. nicht vorübergehend oder als Übergangslösung gedacht sein ( LG Landau NJW-RR 1993, 81) .

Kein Ausschluss der Eigenbedarfskündigung

Die Eigenbedarfskündigung kann in Einzelfällen ausgeschlossen sein. Von Bedeutung sind hierbei Fälle des Rechtsmissbrauchs. Zu nennen ist hierbei insbesondere der sog. „überhöhte Bedarf“, bei dem der angegebene Wohnbedarf viel zu groß ist und völlig außer Verhältnis steht. Existiert eine weitere Wohnung des Vermieters, ist zu prüfen, ob diese für den Bedarf des Vermieters ausreichend ist oder als Alternativwohnung dem Mieter überlassen werden kann. Bei Zeitmietverträgen und Mietverträgen auf Lebenszeit ist eine Eigenbedarfskündigung völlig ausgeschlossen.

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Leserkommentare
von guest-12301.05.2010 20:09:01 am 15.04.2010 14:13:38# 1
Wie so vieles hat auch dieses seine Vor und Nachteile, sicher möchte ich mein Eigentum auch nutzen können, wenn es nötig wird, aber sollte man sich nicht auch in die Sit. des Mieter, der eventuell schon fiktiv 15? jahre dort wohnt, hineinversetzen?