Krankenkassen unterliegen als "öffentliche Auftraggeber" dem Vergaberecht

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 11.06.2009  in dem Streit zwischen der AOK  Rheinland/Hamburg und einem Orthopädie-Schumacherbetrieb entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen als öffentliche Auftraggeber anzusehen sind und von daher dem Vergaberecht unterliegen (Rechtssache C-300/07), da die Krankenkassen - analog zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - im Wesentlichen durch Beiträge finanziert werden, die nach öffentlich-rechtlichen Regeln berechnet und erhoben werden.

Im Juni 2006 hatte die AOK Rheinland/Hamburg Orthopädie-Schuhtechniker zur Abgabe von Angeboten zur integrierten Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk aufgefordert, mittels einer Anzeige in einer Zeitschrift. Patienten mit diabetischen Fußsyndrom sollten auf ärztliche Verordnung unmittelbar den Orthopädie-Schuhtechniker aufsuchen, der sie nach Beratung und nachgehender Kontrolle mit einem individuell angepassten orthopädischen Schuh versorgen sollte.  Seine Vergütung sollte der Orthopädie-Schuhmacher von der AOK Rheinland/Hamburg erhalten.

Der an dem Verfahren vor dem EuGH beteiligte Orthopädie-Schuhmacher gab zwar ein Angebot ab, rügte jedoch später eine Verletzung von deutschem und europäischem Vergaberecht. nach Ansicht der AOK Rheinland/Hamburg sei das Vergaberecht jedoch nicht anwendbar,  da sowohl der personelle als auch sachliche Anwendungsbereich des GWB nicht betroffen sei. Der Vergabesenat des OLG Düsseldorf setzte das sich anschließende Beschwerdeverfahren aus  und legte die Frage, ob Krankenkassen als „öffentliche Auftragsgeber" im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG anzusehen sind, dem EuGH vor.

Die nun erfolgte Klassifizierung der Krankenkassen als "öffentliche Auftraggeber"  im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB durch den EuGH hat weitreichende Konsequenzen. So müssen die Kassen Verträge europaweit ausschreiben, und zwar nicht nur Aufträge abseits ihrer Gesundheitsleistungen.