Kontrahierungszwang nach AGG ?

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Nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) hat sich im Rahmen rechtswissenschaftlicher Diskussionen ein interessanter Streitpunkt ergeben: Ergibt sich aus den Rechtsfolgen des AGG ein Kontrahierungszwang gegenüber dem benachteiligten Vertragspartner ?

Die gesetzliche Rechtsfolge des AGG ist nach § 21 der Anspruch auf Beseitigung der Benachteiligung sowie das Unterlassen zukünftiger Benachteiligungen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sogar ein Anspruch auf Schadenersatz entstehen.

Im Arbeitsrecht, dem relevantesten Gebiet für das AGG, ergibt sich damit folgende Frage: Wenn beispielsweise ein Bewerber wegen vermeintlicher Diskriminierung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens klagt und Recht bekommt, ergibt sich dann ein Anspruch auf eine Anstellung beim beklagten Arbeitgeber ?

Der Gesetzgeber hat diese Frage offen gelassen und in der rechtswissenschaftlichen Diskussion gehen die Meinungen zu diesem Punkt weit auseinander.

Bezogen auf das genannte Beispiel vertritt eine Seite die Ansicht, dass der zwingend logische Schritt bei der Vertragsverweigerung aufgrund der Benachteiligung demgegenüber nur der Vertragsschluss sein kann. Das hieße, dass der benachteiligte Bewerber die entsprechende Stelle dann bekommen müsste.

Die entgegengesetzte Ansicht beruft sich auf den Grundsatz der Privatautonomie, nach der jeder sich seinen Vertragspartner frei aussuchen darf. Zudem solle das AGG zwar vor Benachteiligungen und Herabwürdigungen schützen, allerdings solle es nicht dazu führen, jemanden eine Leistung bzw. Arbeitsstelle zu verschaffen. Eine Verpflichtung, nach festgestellter Diskriminierung mit dem Benachteiligten doch noch ein Vertragsverhältnis eingehen zu müssen, wird daher abgelehnt.

Es bleibt daher mit Interesse abzuwarten, ob, wann und mit welchem Ergebnis diese Thematik auch einmal Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein wird.

Rechtsanwältin Martina Viehe