Können alle Leiharbeitnehmer die Gleichstellung mit den Festangestellten verlangen?

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Es kommt auf die Wirksamkeit der Tarifverträge der jeweiligen Gewerkschaft an

Leiharbeitnehmer, in deren Arbeitsverträgen ein Verweis auf die Tarifverträge enthalten ist, die die christliche Gewerkschaft CGZP geschlossen hatte, können den gleichen Lohn wie vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers verlangen. Dies wissen wir bereits seit dem Urteil des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10). Aber trifft dasselbe auch auf Zeitarbeitnehmer zu, in deren Verträgen auf den BZA-Tarifvertrag, also den Tarifvertrag der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit, oder auf den iGZ-Tarifvertrag des Interessenverbandes deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. verwiesen wird? Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat dies in seiner Entscheidung vom 20.03.2012, 22 Sa 71/11, für möglich gehalten. Der dortige Kläger war Leiharbeitnehmer, der nach dem BZA-Tarifvertrag bezahlt wurde. Er war von 2007 bis 2009 bei demselben Entleiher eingesetzt und verlangte für diese Zeit die Differenz zur Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers, insgesamt fast 35.000,00 Euro brutto.

Die beteiligten Gewerkschaften seien nicht tariffähig gewesen

Er begründete dies damit, dass die Tarifverträge Zeitarbeit zwischen BZA und DGB unwirksam seien. Die am Abschluss beteiligten Gewerkschaften wären weder tariffähig noch tarifzuständig. Sie seien satzungsgemäß bei Abschluss der Tarifverträge für die Arbeitnehmerüberlassung nicht zuständig gewesen und hätten in diesem Bereich auch keine Mitglieder gehabt. Das spiegele sich insbesondere an der Unterzeichnung durch die Gewerkschaft der Polizei wider, in deren Bereich eine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung nicht möglich sei.

Elke Scheibeler
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Das LAG Baden-Württemberg nahm an, dass der Arbeitnehmer die Tariffähigkeit der beteiligten Gewerkschaften „mit Substanz bestritten" habe. Es setzte das Verfahren gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG aus, bis im Beschlussverfahren durch das Bundesarbeitsgericht über die Tariffähigkeit entschieden worden ist. Es komme streitentscheidend auf diese an, da nur so dem Kläger die Equal-Pay-Ansprüche zustünden.

Den weiteren Argumenten des Klägers bezüglich der im Sinne der §§ 305 c Abs. 2, 307 Abs. 1 S. 2 BGB unklaren oder mehrdeutigen Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag folgte das LAG hingegen nicht. Ebenso wenig seinen Ausführungen bezüglich der Sittenwidrigkeit und dem Argument, es handele sich um Scheintarifverträge, welche nur dazu geschlossen worden waren, um den Einfluss der CGZP-Tarifverträge einzudämmen, deren Ungültigkeit sich ja erst später herausgestellt hat.

Bundesarbeitsgericht weist Fall aus formellen Gründen ab

Der erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat diese Entscheidung des LAG Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 19.12.2012, 1 AZB 72/12, aufgehoben, und den Fall zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Allerdings aus rein formellen Gründen. Es sei, so das BAG, nicht erkennbar, zu welchem Zeitpunkt die Tariffähigkeit festgestellt werden sollte. Das Abschlussdatum des für entscheidungserheblich gehaltenen Tarifvertrags müsse genau genannt werden. Zudem sei die Entscheidungserheblichkeit und die Klärungsbedürftigkeit der Tariffähigkeit und der Tarifzuständigkeit der DGB-Tarifgemeinschaft nicht ausreichend begründet worden. Der Ausgang des Rechtsstreits müsse allein von der Frage der Tarifzuständigkeit abhängen.

Eine inhaltliche Klärung dieser wichtigen Frage ist also nicht erfolgt und somit noch abzuwarten. Die gleichen Bedenken wie in dem Fall des LAG Baden-Württemberg können wohl auch dem iGZ-Tarifvertrag entgegen gehalten werden, da auch dort die Gewerkschaft der Polizei Vertragspartner ist. Die Unwirksamkeit der Tarifverträge würde wohl einer starken Einschränkung der Arbeitnehmerüberlassung führen, da die Entleiher wegen der Marge des Verleihers für die Zeitarbeitnehmer im Ergebnis sogar mehr zahlen müssten als für eigene Mitarbeiter.

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Dr. Elke Scheibeler
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