Kaufverträge bei Ebay: Gewährleistungsansprüche des Käufers trotz Vorliegens eines Gewährleistungsausschlusses

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Auf der Internetauktionsplattform Ebay werden täglich unzählige Kaufverträge geschlossen, dieeinen unwirksamen Gewährleistungsausschluss bzw. eine unwirksame -verkürzung enthalten.

Viele private Verkäufer verwenden Klauseln, um die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche auszuschließen, wie beispielsweise „Privatverkauf – laut EU-Recht keine Gewährleistung", „Es handelt sich um eine Privatauktion, d.h. es besteht kein Recht auf Gewährleistung oderRückgabe ." Gewerbliche Verkäufer verwenden in der Regel eine Klausel, durch die eineVerkürzung der Gewährleistungsansprüche auf ein Jahr stattfindet.

Lars Liedtke
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Ist es nach Auktionsende zu einem Leistungsaustausch zwischen Verkäufer und Meistbietendem gekommen und weicht die Kaufsache dann von der Artikelbeschreibung ab, ist die Rechtslage vermeintlich eindeutig: Der Käufer meint, keine Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer durchsetzen zu können. Der Verkäufer ist dessen völlig überzeugt, erst Recht, wenn erPrivatverkäufer ist. Oft sind die Parteien hier im Irrtum: Viele Klauseln zumGewährleistungsausschluss sind mit der Folge unwirksam, dass der Käufer sehr wohl gesetzlicheGewährleistungsansprüche gegen den Käufer durchsetzen kann.

Im Folgenden wird daher untersucht, inwieweit überhaupt vom kaufrechtlichenGewährleistungsrecht abgewichen werden darf. In einem zweiten Schritt wird dargelegt, welcheAnforderungen an einen wirksamen Gewährleistungsausschluss zu stellen sind. Sodann wird erläutert, welche Rechte einem Käufer im Falle eines unwirksamen Gewährleistungsausschlusses zustehen. Letztlich soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass ein Käufer auch im Falle eines grundsätzlich wirksamen Gewährleistungsausschlusses nicht immer rechtlos da steht.

1. rechtliche Möglichkeiten eines Gewährleistungsausschlusses

Gesetzliche Gewährleistungsregelungen können nur eingeschränkt werden, wenn die jeweiligeVorschrift dispositiv ist, wenn diesbezüglich also überhaupt vom Gesetz abgewichen werden darf.

Hinsichtlich der Frage der Gewährleistungsfrist, also des Zeitraums, während dessen der Käufer gewährleistungsrechtliche Ansprüche gegen den Verkäufer durchsetzen kann, gilt es zunächst nach den Personen des Kaufvertrags zu unterscheiden.

Verkauft ein Unternehmer i.S.d. § 14 BGB an einen Verbraucher gem. § 13 BGB liegt ein sog. Verbrauchsgüterkauf vor, auf den die §§ 474 ff. BGB Anwendung finden. Die Eigenschaft desUnternehmers setzt eine Gewinnerzielungsabsicht voraus, nicht jedoch eine hauptberuflicheTätigkeit, so dass diese Eigenschaft auch bei solchen natürlichen Personen zu bejahen ist, die beispielsweise sehr viele Ebay-Auktionen innerhalb kurzer Zeit angeboten haben. Im Rahmeneines solchen Verbrauchsgüterkaufs ist dann weiter nach Art der Kaufsache zu differenzieren.

Bei einer neuen Sache kann ein Unternehmer die Gewährleistungszeit von 2 Jahren nicht wirksam verkürzen. In dem bei Ebay-Kaufverträgen sehr viel häufigeren Fällen des Verkaufs einer gebrauchten Sache kann die Gewährleistungszeit auf 1 Jahr begrenzt werden.

Ist der Verkäufer jedoch kein Unternehmer, ist ein Gewährleistungsausschluss grundsätzlich möglich. Hier ergibt sich jedoch das Problem, dass eine solche vom Verkäufer benutzteFormulierung des Gewährleistungsausschlusses in der Regel für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist, so dass die jeweilige Klausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) darstellt und damit einer Prüfung der §§ 305 ff. BGB unterliegt.

2. Voraussetzungen eines unwirksamen Gewährleistungsausschlusses durch eine AGB-Klausel

Stellt sich die Formulierung eines Gewährleistungsausschlusses als AGB dar, muss sie insbesondere den Anforderungen des § 309 Nr. 7 BGB genügen. Gem. § 309 Nr. 7 a) kann eineHaftung für die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit nicht ausgeschlossen werden. Inden übrigen Fällen kann gem. § 309 Nr. 7 b) BGB für sonstige Schäden nur eineHaftungsbegrenzung für Fälle leichter Fahrlässigkeit, nicht also für grobe Fahrlässigkeit oderVorsatz, erfolgen.

Die üblicherweise verwendeten Formulierungen zum Gewährleistungsausschluss berücksichtigen dies nicht. Kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche umfassen gem. § 437 BGB neben demRecht auf Nacherfüllung auch das Recht auf Rücktritt vom Vertrag, Minderung und Aufwendungs- und Schadensersatz. Schließt daher ein Gewährleistungsausschluss sämtlicheGewährleistungsrechte aus oder verkürzt diese auf 1 Jahr, erfasst dies also auch Fälle, in denenein Käufer durch die mangelhafte Kaufsache in den Rechtsgütern Leben, Körper oder Gesundheit oder durch grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz in anderen Rechtsgütern verletzt wird.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH vom 15.11.2006 (Az. : VIII ZR 3/06) ist eine solche Klausel insgesamt unwirksam.

Daher ist der bei Ebay übliche formularmäßige Gewährleistungsausschluss in der Regelunwirksam. In der Folge stehen dem Käufer sämtliche Gewährleistungsansprüche innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Jahren zur Verfügung.

Sowohl gewerbliche als auch private Verkäufer von neuen und gebrauchten Sachen sollten daher den Ausnahmetatbestand des § 309 Nr. 7 BGB ausdrücklich vom Gewährleistungsausschluss ausnehmen, um nicht Gefahr zu laufen, sich sämtlichen Gewährleistungsansprüchen des Käufers auszusetzen. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit einer rechtlich einwandfreienFormulierung erscheint in solchen Fällen zweckmäßig.

3. Rechtslage bei einem unwirksamen Gewährleistungsausschluss

Hat nun ein Ebay-Käufer eine mit einem Sach- oder Rechtsmangel behaftete Kaufsache übereignet bekommen und stellt fest, dass dem Vertrag ein Gewährleistungsausschluss oder eineGewährleistungsverkürzung zu Grunde liegt und grobe Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz und Schäden an Leben, Körper und Gesundheit hier nicht ausgenommen sind, kann er grundsätzlich von derUnwirksamkeit der Klausel ausgehen, sofern es sich um eine AGB handelt.

Wegen des Sachmangels kann er dann vom Verkäufer unter angemessener FristsetzungNacherfüllung, also Nachbesserung (Mangelbeseitigung durch Reparatur) oder Nachlieferung(Leistung einer mangelfreien Sache) nach seiner Wahl verlangen. Sollte die Frist fruchtlos verstreichen, die Nacherfüllung unmöglich sein oder fehlschlagen oder der Verkäufer dieNacherfüllung verweigern, hat der Käufer ein Recht auf Minderung des Kaufpreises oder Rücktritt vom Kaufvertrag und auf Aufwendungs- oder Schadensersatz.

Problematisch ist in solchen Fällen in der Regel, dass der betreffende Verkäufer von einerWirksamkeit der Klausel ausgegangen ist, und die Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen desKäufers ablehnen wird. In solchen Fällen sollte der Käufer einen Rechtsanwalt zunächst mit der außergerichtlichen und später unter Umständen mit der gerichtlichen Geltendmachung seinerAnsprüche beauftragen.

4. Rechtslage bei einem grundsätzlich wirksamen Gewährleistungsausschluss

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass Käufer selbst bei einem grundsätzlich wirksamenGewährleistungsausschluss Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer haben können.

Hatte der Verkäufer beispielsweise Kenntnis vom Sachmangel und liegt eine arglistige Täuschung vor, kann der Käufer Gewährleistungsansprüche geltend machen oder den Vertrag anfechten.

Weniger offensichtlich sind Fälle einer fehlenden Beschaffenheit der Kaufsache, die jedoch vereinbart worden war. Gem. § 434 I 1 BGB ist eine Kaufsache mangelhaft, wenn sie eine vereinbarte Beschaffenheit nicht aufweist. Bei Ebay-Kaufverträgen erfolgt eine solcheBeschaffenheitsvereinbarung häufig durch die Artikelbeschreibung des Verkäufers.

Bietet dieser zum Beispiel einen Ring in der Rubrik Echtschmuck an und beschreibt die Kaufsache als goldenenRing mit 14 kt, stellt sich hinterher jedoch heraus, dass es sich bloß um einen vergoldeten Ring handelt, liegt ein solcher Fall der fehlenden Beschaffenheitsvereinbarung vor. Dann stehen demKäufer ebenfalls Gewährleistungsansprüche zu. Dabei kommt es nicht einmal darauf an, ob derVerkäufer vom Fehlen der Beschaffenheit Kenntnis hatte. Auch ein gutgläubiger Verkäufer, der davon ausgegangen ist, dass die Kaufsache die von ihm beschriebene Beschaffenheit aufweise, kann sich nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen, sofern er vom Fehlen derBeschaffenheit hätte Kenntnis haben können.

Die Entscheidung des BGH vom 29.11.2006 (Az. : VIII ZR 92/06) führt diesbezüglich aus, dass, wenn Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss nebeneinander stehen, derGewährleistungsausschluss nicht für die vereinbarte Beschaffenheit gelte, da eineBeschaffenheitsvereinbarung ansonsten mit Ausnahme eines arglistigen Verkäufers ohne Sinn und Wert sei. Eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung einer solchen Kombination kann deshalb nur dahin vorgenommen werden, dass der Gewährleistungsausschluss nicht für dasFehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelte. Im Falle von Kaufverträgen, die bei Ebay geschlossen worden sind, komme der Umstand hinzu, dass der Käufer aufgrund der häufig großen örtlichen Entfernung zum Verkäufer in besonders hohem Maße auf die Angebotsbeschreibung desVerkäufers angewiesen sei.

Auch solchen Fällen ist das Risiko immanent, dass Verkäufer, die einenGewährleistungsausschluss verwenden und in Bezug auf die vereinbarte Beschaffenheit in gutemGlauben sind, eine Haftung von sich weisen, so dass dem Käufer ein Gang zum Rechtsanwalt oft nicht erspart bleibt.

5. Fazit

Vermeintlich eindeutig formulierte Gewährleistungsausschlüsse und -verkürzungen führen immer wieder zu Irrtümern bei beiden Vertragsparteien. Viele tagtäglich bei Ebay zum Tragen kommendeKlauseln sind unwirksam. Gewerbliche aber auch private Verkäufer sind gut beraten, einenRechtsanwalt aufzusuchen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist und sie erst mitunter nach einem verlorenen Prozess einsehen müssen, dass die gewählte Formulierung unwirksam war.

Käufer hingegen, die sich über den Erwerb einer mangelhaften Sache oder eine Sache, die eine andere Beschaffenheit als die beschriebene aufweist, ärgern, sollten sich dahingehend beraten lassen, ob sie nicht dennoch Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend machen können, obwohl dies auf den ersten Blick vermeintlich ausgeschlossen ist.

Die hier erörterten Grundsätze sind nicht auf Ebay-Kaufverträge beschränkt, sondern gelten grundsätzlich beim Abschluss eines Kaufvertrags.

Rechtsanwalt Lars Liedtke
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