Inkasso an minderjährige rechtens?

17. Februar 2014 Thema abonnieren
 Von 
Tayloua
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
Inkasso an minderjährige rechtens?

Hallo,
meine 17 jährige Tochter ist im Januar mit dem Zug zu meiner Schwägerin gefahren. Wie das bei Teenagern so ist konnte ich sie davon nicht abbringen. Irgendwann rief sie mich an und sagte mir sie hat ihren Geldbeutel wohl auf der Arbeit liegen lassen und keine Fahrkarte dabei.
Sie hätte sich allerdings noch ein Anschlussticket kaufen müssen. Sie ist in den Zug eingestiegen und hat sich beim Schaffner gemeldet der dies aufgenommen hat. Leider hat sie das erhöhte Beförderungsentgelt nicht bezahlt, auch die schriftliche Mahnung der DB ca. 60 € inkl. Mahngebühr nicht. Sie hat mir das nicht geglaubt und dachte sie kann das bei der Bahn noch regeln. Ich hoffe sie lernt daraus. Dann kam direkt ein Schreiben von infoscore Forderungsmanagement GmbH inkl. Inkassogebühr sind es nun 120,05 €? Müssen wir dies bezahlen?
Danke euch für Antworten

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5 Antworten
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#1
 Von 
thehellion
Status:
Philosoph
(13873 Beiträge, 6410x hilfreich)

Quelle :WIKIIPEDIA

.....Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren können, da sie nicht oder nur beschränkt geschäftsfähig sind, im Fall des Schwarzfahrens nicht vom Verkehrsunternehmen zu Zahlung des erhöhten Beförderungsgeldes gezwungen werden, soweit das Beförderungsverhältnis zivilrechtlicher Natur ist. Die Eltern selbst sind zum Schadensersatz jedenfalls dann nicht verpflichtet, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht entsprochen haben, §§ 832 , 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 265a StGB . Vertraglich haften sie ebenso wenig wie die Kinder und Jugendlichen. .......Da die Verkehrsunternehmen nicht auf diesen Umstand hinweisen und auch bei Kindern und Jugendlichen mit den üblichen Methoden das erhöhte Beförderungsentgelt erheben (1. Mahnung, 2. Mahnung, Inkassobüro, Rechtsanwalt, gerichtliches Mahnverfahren mit der Möglichkeit zum Widerspruch), zahlen die Kinder und Jugendlichen oder Eltern oft bereitwillig.
Beförderungserschleichung..........


Das AG Jena hat entschieden, dass Bus- und Bahnbetreiber von Kindern kein erhöhtes Beförderungsentgelt fordern könnten. Begründung: Wer unter 18 Jahre alt sei, der könne Verträge, die ihn finanziell verpflichten, in der Regel nur mit Einverständnis der Eltern schließen. Auch wenn Vater oder Mutter generell darin eingewilligt hätten, dass ihr Kind mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahre und dazu Beförderungsverträge schließe, erstrecke sich dieses Einverständnis im Zweifel nicht auf Schwarzfahrten. Aus diesem Grund komme bei der Schwarzfahrt eines Minderjährigen gar kein wirksamer Beförderungsvertrag zu Stande, und es könne deshalb auch kein erhöhtes Beförderungsentgelt von ihm gefordert werden (Urt. v. 5. 7. 2001; 22 C 21/01 ).

AG Hamburg: Urt. v. 24.04.1986 - 22b C 708/85 (NJW 1987, 448 )
Ein Minderjähriger, der vergessen hat, den Fahrschein für die Hamburger Hochbahn zu lösen, ist zur Zahlung eines erhöhten Entgelts nicht verpflichtet, da ihm der Abschluss eines Beförderungsvertrages von seinem gesetzlichen Vertreter nur unter der Voraussetzung des Erwerbs einer Fahrkarte genehmigt wurde (Leitsatz der Red.).
Prof. Dr. Harder, Manfred: Minderjährige Schwarzfahrer. In: NJW 1990, 857-864
Der Beitrag kommt zu dem Ergebnis, dass weder vertragliche noch deliktische noch bereicherungsrechtliche Ansprüche begründet sind, wenn minderjährige „Schwarzfahrer" in einem Bahnbus, einer Eisenbahn oder einer Straßenbahn „erwischt" werden.

AG Bergheim: Urt. v. 15.10.1998 - 23 C 166/98 (NJW-RR 2000, 202 -204)
Der Anspruch auf ein erhöhtes Beförderungsentgelt gegen einen minderjährigen Schwarzfahrer lässt sich wegen der vorrangigen Minderjährigenschutzvorschriften des BGB weder aus Vertrag noch Gesetz ableiten (Leitsatz der Red.).
AG Jena: Urt. v. 05.07.2001 - 22 C 21/01 (NJW-RR 2001, 1469 )
Mangels wirksamen Vertragsabschlusses kann von dem minderjährigen Schwarzfahrer ein erhöhtes Beförderungsentgelt nicht gefordert werden (Leitsatz der Red.).

AmtsgerichtGüstrow (Az.: 60 C 766/06 vom 16.11.06) besteht gegenüber dem Minderjährigen kein Anspruch auf ein erhöhtes Beförderungsentgelt in Höhe von 40,00

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"EX Inkasso MA - keine juristischen Fachkenntnisse "

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#2
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16464 Beiträge, 9282x hilfreich)


Ja, das sind die Urteil die fallen, wenn das befördernde Verkehrsunternehmen zu blöd ist, das erhöhte Beförderungsentgelt (EBE, = die 40€) ordentlich einzutreiben.
Die meisten Verkehrsunternehmen argumentieren nämlich nur über ihre Beförderungsbedingungen. Und damit erleiden sie dann Schiffbruch, weil minderjährige keinen wirksamen Beförderungsvertrag schließen können.
Wobei allein schon dies nicht unumstritten ist.
http://www.matthias-losert.de/mussen-minderjahrige-beim-schwarzfahren-auch-das-erhohte-beforderungsentgelt-bezahlen/
(und das aus der Feder eines Anwalts)

Würden die Verkehrsunternehmen das EBE dagegen auf §12 EVO (bei Eisenbahnen) bzw. auf §9 BefBedV (bei Straßenbahnen und Bussen) in Verbindung mit §823 BGB und den Bereicherungsanspruch nach §812/818 BGB stützen, geht das EBE auch gegen Minderjährige durch (weil es dann nicht mehr auf einen wirksamen Vertrag ankommt).

Insofern dürfte es zu riskant sein, sich gegen die Grundforderung (die 40€) zu wehren. Bei einer 17-jährigen wird es auch mit dem Argument der mangelndens Einsichtsfähigkeit (§828 BGB ) schwierig.

Ob die zusätzlichen Inkassokosten durchsetzbar sind, ist dagegen fraglich.
Ich würde die Tochter an die DB die 40€ plus pauschal 5€ für Mahnkosten und Zinsen überweisen lassen. Dann ist die Grundforderung erledigt.
Ich würde darauf setzen, dass die darüberhinaus gehenden Kosten (Mahn-/Inkassokosten) nicht eingeklagt werden.




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Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB ."

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
thehellion
Status:
Philosoph
(13873 Beiträge, 6410x hilfreich)

Bei uns in Frankfurt sind diese gebühren m.w. noch nie eingeklagt worden (viele Schwarzfahrer)


@drkabo
Danke für den Link

Ich bezweifele allerdings das sich ein schnödes Masseninkassounternehmen/Kanzlei so detailiert mit dem Sachverhalt wie von RA Losert ausgeführt auseinandersetzt bzw auseinanderrsetzen will

Meistens kommt dann ein Standartantwortschreiben
(es ist mmer daselbe)

quote:<hr size=1 noshade>"....."Unsere Auftraggeberin vertritt die Auffassung, dass die in Rede stehende Schwarzfahrt des Kindes durch eine Generaleinwilligung gedeckt ist. Insoweit weist sie auf die diesbezüglichen Urteile hin, wonach eine generelle Einwilligung der Eltern in Fahrten ohne gültigen Ausweis zumindest in den Fällen angenommen wird, in denen die angetretene Fahrt innerhalb der Grenzen war, die man einem Jugendlichen in diesem Alter setzt ( AG Köln, Urteil vom 9.07.86-119 C 68/86 ).Dass Sie sich auf das Fehlen der Zustimmung zum Abschluss des Beförderungsvertrages berufen, ist nach Auffassung unserer Auftraggeberin ohne Belang. Minderjährige sind berechtigt, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, da die Unternehmer öffentlicher Verkehrsbetriebe gemäß den einschlägigen Bestimmungen auch diesen Personen gegenüber einer Beförderungspflicht unterliegen. Naturgemäß ist es dem Unternehmer derartiger Betriebe nicht möglich, die im Einzelfall vorliegende Zustimmung der gesetzlichen Vertreter zu überprüfen. Aus dem gesichtspunkt der rechtssicherheit muss diese daher als gegeben angenommen werden. Diese Zustimmung kamm im übrigen gemäß § 107 BGB durch die Überlassung der erforderlichen Mittel zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung auch als gegeben vorausgesetzt werden.daraus ergibt sich, dass es den gesetzlichen Vertretern grundsätzlich nicht gestattet sein kann, sich auf die fehlende Zustimmung zu berufen.Wir fordern Sie hiermit auf, die derzeit offene Gesamtforderung....."



<hr size=1 noshade>




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"EX Inkasso MA - keine juristischen Fachkenntnisse "

-- Editiert thehellion am 18.02.2014 23:26

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#4
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16464 Beiträge, 9282x hilfreich)


quote:<hr size=1 noshade>Ich bezweifele allerdings das sich ein schnödes Masseninkassounternehmen/Kanzlei so detailiert mit dem Sachverhalt wie von RA Losert ausgeführt auseinandersetzt bzw auseinanderrsetzen will <hr size=1 noshade>

Das denke ich auch.
Darum ist es ja MASSENinkasso. Und in der Masse der Fälle gehen dann auch die unter, bei denen die Forderung ausnahmsweise mal berechtigt wäre. Oder anders: Weil ja gefühlte 50% der Leute, die eigentlich nicht zahlen müssen, trotzdem zahlen, hat man es nicht nötig die 1% der Leute vor Gericht zu zerren, die nicht zahlen, obwohl sie eigentlich zahlen müssten.

Letztendlich geht die Argumentation im dem von dir zitierten Standardschreiben und der von mir verlinkten Anwaltsmeinung in die gleiche Richtung: Eltern, die ihr Kind mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren lassen erteilen konkludent die Zustimmung zu einem Beförderungsvertrag, unabhängig davon ob das Kind nun tatsächlich ein Ticket kauft oder nicht.



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#5
 Von 
Tayloua
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)

Danke für die Antworten. Ich habe gestern 60,25 € also die Hauptforderung an das Inkasso Institut überwiesen und heute ein Einschreiben an das Unternehmen geschickt. Ich hoffe es werden nicht noch mehr Gebühren. Sobald eine Antwort kommt melde ich mich.

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