Gut verkauft ist halb verloren

Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Autounfall, Aufrechnung, Verwertung, Restschrott
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Ausgerechnet aufgerechnet

Von Rechtsanwalt Christoph Strieder

Wer einen Autounfall erleiden muss, ist grundsätzlich ausreichend geschädigt. Er wird davon ausgehen können, dass der Unfallgegner seinen Schaden auch ersetzt. Ist der Geschädigte aber nicht nur Opfer sondern auch guter Kaufmann und verwertet sein Restschrott-KFZ gewinnbringend, wird der Unfallgegner sehr schnell darauf kommen, dass dem angeblich Geschädigten ja eigentlich gar kein Schaden entstanden ist, weil er doch tatsächlich noch einen achtbaren Preis für sein Rest-Auto erzielte. Es wundert auch auf den ersten Blick wenig, dass eigentlich die einstandspflichtigen KFZ-Versicherer eine solche Argumentation gerne pflegen.

Die zweite, praktisch interessantere Frage, wie es so manchem Mandanten gelingt, aus einem Haufen erfolgreich verunfallten Blechhaufen einen Verkaufspreis zu erhandeln, der weit über dem gutachterlich festgestellten Restwert des Fahrzeuges liegt, kann aus anwaltlicher Sicht nicht behandelt, sonder allenfalls bewundert werden. Dass dies rechtlich zu diffizilen Probleme führen kann, hatte der BGH (v. 7.12.2004 Az: VI ZR 119/04) im Jahre 2004 erneut zu entscheiden und dabei die dementsprechende bisherige Rechtsprechung unterstrichen. Problematisch ist, ob dem Geschädigten in Höhe des Mehrerlöses ein Schaden entstanden ist, zumal der "Restwerterlös" über dem veranschlagten Restwert liegt. Dass der Verkäufer des KFZ nicht auf so genannte Restwertbörsen zurückgreifen muss, also entsprechende Hinweise der Versicherung nicht beachten muss, hielt der BGH höchstrichterlich fest. Der dort möglicherweise zu erzielende Restwert hat also grundsätzlich außer Acht zu bleiben. Denn nach § 249 S. 2 BGB kann der Geschädigte den Geldbetrag verlangen, der zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlich ist. Die Frage der Anrechung beantwortet sich demnach auf einer anderen Ebene.

Entscheidend ist demnach, ob der tatsächliche Zustand des KFZ ohne Weiteres zu einem überdurchschnittlichen Erlös erbrachte oder hierfür Umstände entscheidend waren, welche mit dem Zustand des KFZ nichts zu tun hatten. Konnte der Mehrerlös ohne Weiteres erzielt werden, so hat in der Regel eine Anrechnung stattzufinden. Ist aber das besondere und aufwendige kaufmännische Geschick ausschlaggebend gewesen, so kann dies dem Schädiger nicht zugute kommen. Denn dieses hat nichts mit dem Zustand des Fahrzeuges zu tun und ist daher "dem Schädiger auch nicht gutzubringen".

Im zu entscheidenden Falle war es allerdings anders. Dort erzielte der Geschädigte ohne "überobligationsmäßige Anstrengung" für den Unfallwagen einen Erlös, welcher den gutachterlich festgestellten Restwert überstieg. Die Versicherung konnte den Mehrbetrag anrechnen, denn in Höhe des Mehrerlöses hatte der Geschädigte seinen Schaden selbst ausgeglichen. Der Geschädigte soll an dem Schadensereignis nämlich nach dem oben zitierten Urteil "nicht verdienen". Man muss wohl hinzufügen, dass der Geschädigte scheinbar nicht "ohne Weiteres" verdienen soll, ganz im Sinne des althergebrachten Sinnspruches "wer nicht arbeitet soll nicht essen". Tatsächlich muss der Anwalt seinem Mandanten wohl raten, sich beim Verkauf seines Schrottes gehörig zu bemühen. Unterlässt er solches Bemühen, ist es allerdings letztlich richtig, dass er insoweit ggf. keinen Schaden hat.

Die vom BGH zu entscheidende Frage bewegt sich im Problemkreis "Verwertung von verunfallten KFZ" und "Nutzung von Restwertebörsen", welche von Versicherungen immer wieder verlangt wird bzw. deren Unterlassen die Versicherungen gerne ersatzmindernd geltend machen. Dieses häufig anzutreffende Vorgehen der Versicherer kann daher im Einzelfall für diese kostenerhöhend wirken, scheint sich insgesamt für diese aber zu rechnen, weil nicht jeder Geschädigte bereit ist, sich rechtlich zu streiten und gegen zu halten.

Aus der Vorschrift des § 823 BGB heraus muss der Versicherer aber die anwaltlichen Kosten, die in solchem Fall ungerechtfertigter Abzüge von der Schadenssumme durch die Versicherung entstehen zu lassen angeraten ist, übrigens tragen, ohne dass es eines Zahlungsverzuges der Versicherung mit der geltend gemachten Schadenssumme bedarf.

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